Lot Nr. 711


Peter Paul Rubens, Werkstatt


Peter Paul Rubens, Werkstatt - Alte Meister

(Siegen 1577–1640 Antwerpen)
Porträts der Infantin Isabella Clara Eugenia von Spanien (1566–1633) und ihres Ehemannes Erzherzog Albrecht von Österreich (1559–1621),
Öl auf Leinwand, je 121,9 x 97,8 cm, gerahmt (2)

Provenienz:
möglicherweise die beiden im Nachlassinventar von Rubens erwähnten Porträts des Paares
Sammlung Lord Baltimore
Sammlung Sir Timothy Calvert Eden, Maryland (nach G. Glück)
Privatsammlung, Schweden
Parke Bernet, New York (s. rückseitigen Aufkleber)

Ein Gutachten von Prof. J. Müller-Hofstede (als eigenhändiges Werk von Peter Paul Rubens) liegt vor. Eine materialtechnische Untersuchung der Gemälde durch Prof. Manfred Schreiner von der Akademie der Bildenden Künste in Wien liegt ebenfalls vor. Sie bestätigt die Entstehung des Gemäldepaares im 17. Jahrhundert.

Am 9. Dezember 1616 schrieb Jan Brueghel d. Ä. an Ercole Bianchi: “Mio secretario Rubens (dieser hatte Brueghel bei dessen italienischer Korrespondenz geholfen) e partita per Brussello, per finire i ritratti di sua altezza serma.” Bis heute konnte nicht geklärt werden, auf welche Porträts er sich hier bezog. Klaus Ertz vertrat 1979 die Auffassung, Brueghel habe von der Fertigstellung der heute im Prado befindlichen Gemälde berichtet, die das erzherzogliche Paar vor dem Hintergrund der Schlösser Mariemont bzw. Tervuren zeigen. Ertz beschrieb die Arbeitspraxis von Brueghel und Rubens, die beide über große Werkstätten verfügten: “In der Rubenswerkstatt schufen der Meister und einige Schüler das Porträtpaar, wobei es wahrscheinlich ist, dass bereits früh einige Varianten geschaffen wurden. Die Porträts mit Aussparungen zu beiden Seiten wurden dann an die Brueghelwerkstatt übergeben, wo der landschaftliche Hintergrund eingefügt wurde...”. Als Beweis für diese Zusammenarbeit führt Ertz den Madrider Sinneszyklus an. Auf einem der Gemälde, der Allegorie des Gesichtssinnes, ist ein Doppelporträt des Herrscherpaares zu sehen. Ertz geht davon aus, dass es sich hier nicht um die Kopie nach einem tatsächlich vorhandenen Doppelbildnis handle. Es liegt hier laut Ertz wohl eher eine Bildinvention Brueghels vor, der die beiden auf den Madrider Querformaten ausgeführten Erzherzogsbildnisse in künstlerischer Freiheit zu einem imaginären Porträt vereinte. Er wies allerdings darauf hin, dass die Statthalter auf der Allegorie stehen, während sie auf den Pradoporträts sitzen. Dies spricht dafür, dass es ein weiteres, im selben Auftragskontext entstandenes Porträtpaar von Rubens und seiner Werkstatt gegeben hat, das Brueghel als Inspiration gedient haben könnte. Das hier vorliegende Paar entspricht exakt diesem Typus und entspricht dem Doppelporträt Brueghels viel eher als die Fassungen des Prado. Auch sie werden heute von der Forschung als Arbeiten von Peter Paul Rubens und seiner Werkstatt in Zusammenarbeit mit Jan Brueghel bewertet. Der zitierte Brief, die Brueghel-Invention wie auch die Prado-Fassungen belegen, dass sich in der Rubenswerkstatt schon um 1616/17 mehrere Varianten der Staatsporträts befunden haben. Es entsprach ja auch der Werkstattpraxis von Rubens, Prototypen solcher Porträts für im Bedarfsfall schnell anzufertigende Repliken in der Werkstatt zu verwahren. Darauf deutet auch hin, dass in Rubens’ Nachlassinventar zwei Porträts des Erzherzogspaares erwähnt werden, die bisher nicht eindeutig zugeordnet werden konnten. Traditionell wird angenommen, dass sie mit zwei im Kunsthistorischen Museum in Wien verwahrten Fassungen identisch sind. Peter Paul Rubens erhielt seine Berufung zum Hofmaler des Regentenpaares am 23.9.1609. Ihm kam damit die Aufgabe zu, das Bild der Regenten im wörtlichen Sinne zu verbreiten und so der Staatsikonographie zur Seite zu stehen. Albrecht und Isabella setzten nach der langen Zeit der Verwüstungen der spanischen Herrschaft auf eine Konsolidierung der Gesellschaft und ihrer Regierung durch eine demonstrative Volksnähe. Auch die Wiederverwendung der alten habsburgisch-burgundischen Residenzen auf dem Lande gehörte zu dieser Kampagne wie die propagandistisch zu deutenden Werke Jan Brueghels, die das Paar inmitten eines Volksfestes zeigen. Dem Herrscherporträt kam besondere Bedeutung zu und es ist interessant, dass sich alle von Rubens entwickelten Typen auf die traditionellen, dem spanischen Hofporträt eines Anthonis Mor entlehnten Kompositionsschemata und die schlichte Ikonographie der Bildnisse von Otto van Veen oder Frans Pourbus d. Ä. beziehen. Peter Paul Rubens schuf zwei Typen der Porträts des Herrscherpaares, von denen er gemeinsam mit seiner Werkstatt eine Vielzahl von Varianten anfertigte. Der erste ist in zwei Kupferstichen von Jan Muller überliefert und entstand zwischen 1609 und 1615. Für diese Porträts wurde er von Albrecht und Isabella mit Ehren und Geschenken überhäuft. Diese früheren Bildnisse, denen auch die Wiener Fassungen entsprechen, waren wesentlich prächtiger als das einige Jahre später entstandene vorliegende Porträtpaar. Es konnte bisher nicht geklärt werden, ob es ursprünglich einen heute verschollenen Prototypen gegeben hat, auf den sich alle anderen Werke bezogen haben. Anzunehmen ist, dass das Modell des späteren Porträts sich für einen längeren Zeitraum in der Werkstatt befunden hat und von Rubens als offiziellem Hofmaler immer wieder variiert wurde. Der Typus von 1616/20 unterscheidet sich vor allem in der strengen Schlichtheit der Gewänder vom Prunk der früheren Bilder. Der Erzherzog, der fast 60 Jahre alt war, als das Porträt entstand, trägt ein schlichtes schwarzes Gewand und den Orden vom Goldenen Vlies. Seine Frau ist ebenfalls in ein schlichtes Gewand gekleidet, geschmückt mit einem Perlencollier, einem Kreuz und einem Medaillon. In allen Varianten der Porträts fällt ein signifikanter Unterschied in der qualitativen Behandlung der Gesichter der beiden auf. Die Züge des Erzherzogs sind feiner und detaillierter erfasst als die seiner Gemahlin. Dies lässt sich wohl dadurch erklären, dass Rubens mit dem Erzherzog in intensivem Kontakt stand und sicherlich mehr Porträtskizzen von ihm als von seiner Frau angefertigt hatte. Vom hier vorliegenden Porträttypus von 1620 existieren neben den Prado-Bildnissen und dem Brueghelschen Doppelporträt zwei ähnliche Fassungen mit geringen Varianten, eine in der Sammlung des Earl Spencer, Althorp, die andere im Chrysler Art Museum, Norfolk, Virginia. Das vorliegende Porträt entsprach wohl auch eher dem ernsten Charakter des Erzherzogs als das prunkvollere um 1615 entstandene. Erzherzog Albrecht wurde als fünfter Sohn Kaiser Maximilians II. geboren. Er wurde am spanischen Hof erzogen und trat früh in den geistlichen Stand über. 1577 wurde er Erzbischof von Toledo; 1580 ernannte ihn der Papst zum Kardinal. Von 1583 bis 1595 amtierte er als Vizekönig von Portugal, danach als Gouverneur der Südlichen Niederlande. Nachdem er sich hatte laisieren lassen, heiratete er die Infantin Isabella Clara Eugenia, die Tochter Philipps II. von Spanien. Sie brachte ihm die Niederlande als Brautschatz zu, mit der Bestimmung, dass sie nach ihrem Tod an Spanien zurückfallen sollten. Ab 1599 residierte das Paar als Landesfürsten in Brüssel. Dort starb der Erzherzog 1621. Seine Witwe amtierte bis zu ihrem Tod als Regentin. Die vorliegenden Bildnisse stellen eine interessante Neuentdeckung dar, da sie insbesondere in Verbindung mit dem von Jan Brueghel “erfundenen” Doppelporträt Einblicke in die Arbeitsweise von Peter Paul Rubens und seiner Werkstatt erlauben.

Experte: Dr. Alexander Strasoldo Dr. Alexander Strasoldo
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

17.04.2013 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 91.800,-
Schätzwert:
EUR 40.000,- bis EUR 60.000,-

Peter Paul Rubens, Werkstatt


(Siegen 1577–1640 Antwerpen)
Porträts der Infantin Isabella Clara Eugenia von Spanien (1566–1633) und ihres Ehemannes Erzherzog Albrecht von Österreich (1559–1621),
Öl auf Leinwand, je 121,9 x 97,8 cm, gerahmt (2)

Provenienz:
möglicherweise die beiden im Nachlassinventar von Rubens erwähnten Porträts des Paares
Sammlung Lord Baltimore
Sammlung Sir Timothy Calvert Eden, Maryland (nach G. Glück)
Privatsammlung, Schweden
Parke Bernet, New York (s. rückseitigen Aufkleber)

Ein Gutachten von Prof. J. Müller-Hofstede (als eigenhändiges Werk von Peter Paul Rubens) liegt vor. Eine materialtechnische Untersuchung der Gemälde durch Prof. Manfred Schreiner von der Akademie der Bildenden Künste in Wien liegt ebenfalls vor. Sie bestätigt die Entstehung des Gemäldepaares im 17. Jahrhundert.

Am 9. Dezember 1616 schrieb Jan Brueghel d. Ä. an Ercole Bianchi: “Mio secretario Rubens (dieser hatte Brueghel bei dessen italienischer Korrespondenz geholfen) e partita per Brussello, per finire i ritratti di sua altezza serma.” Bis heute konnte nicht geklärt werden, auf welche Porträts er sich hier bezog. Klaus Ertz vertrat 1979 die Auffassung, Brueghel habe von der Fertigstellung der heute im Prado befindlichen Gemälde berichtet, die das erzherzogliche Paar vor dem Hintergrund der Schlösser Mariemont bzw. Tervuren zeigen. Ertz beschrieb die Arbeitspraxis von Brueghel und Rubens, die beide über große Werkstätten verfügten: “In der Rubenswerkstatt schufen der Meister und einige Schüler das Porträtpaar, wobei es wahrscheinlich ist, dass bereits früh einige Varianten geschaffen wurden. Die Porträts mit Aussparungen zu beiden Seiten wurden dann an die Brueghelwerkstatt übergeben, wo der landschaftliche Hintergrund eingefügt wurde...”. Als Beweis für diese Zusammenarbeit führt Ertz den Madrider Sinneszyklus an. Auf einem der Gemälde, der Allegorie des Gesichtssinnes, ist ein Doppelporträt des Herrscherpaares zu sehen. Ertz geht davon aus, dass es sich hier nicht um die Kopie nach einem tatsächlich vorhandenen Doppelbildnis handle. Es liegt hier laut Ertz wohl eher eine Bildinvention Brueghels vor, der die beiden auf den Madrider Querformaten ausgeführten Erzherzogsbildnisse in künstlerischer Freiheit zu einem imaginären Porträt vereinte. Er wies allerdings darauf hin, dass die Statthalter auf der Allegorie stehen, während sie auf den Pradoporträts sitzen. Dies spricht dafür, dass es ein weiteres, im selben Auftragskontext entstandenes Porträtpaar von Rubens und seiner Werkstatt gegeben hat, das Brueghel als Inspiration gedient haben könnte. Das hier vorliegende Paar entspricht exakt diesem Typus und entspricht dem Doppelporträt Brueghels viel eher als die Fassungen des Prado. Auch sie werden heute von der Forschung als Arbeiten von Peter Paul Rubens und seiner Werkstatt in Zusammenarbeit mit Jan Brueghel bewertet. Der zitierte Brief, die Brueghel-Invention wie auch die Prado-Fassungen belegen, dass sich in der Rubenswerkstatt schon um 1616/17 mehrere Varianten der Staatsporträts befunden haben. Es entsprach ja auch der Werkstattpraxis von Rubens, Prototypen solcher Porträts für im Bedarfsfall schnell anzufertigende Repliken in der Werkstatt zu verwahren. Darauf deutet auch hin, dass in Rubens’ Nachlassinventar zwei Porträts des Erzherzogspaares erwähnt werden, die bisher nicht eindeutig zugeordnet werden konnten. Traditionell wird angenommen, dass sie mit zwei im Kunsthistorischen Museum in Wien verwahrten Fassungen identisch sind. Peter Paul Rubens erhielt seine Berufung zum Hofmaler des Regentenpaares am 23.9.1609. Ihm kam damit die Aufgabe zu, das Bild der Regenten im wörtlichen Sinne zu verbreiten und so der Staatsikonographie zur Seite zu stehen. Albrecht und Isabella setzten nach der langen Zeit der Verwüstungen der spanischen Herrschaft auf eine Konsolidierung der Gesellschaft und ihrer Regierung durch eine demonstrative Volksnähe. Auch die Wiederverwendung der alten habsburgisch-burgundischen Residenzen auf dem Lande gehörte zu dieser Kampagne wie die propagandistisch zu deutenden Werke Jan Brueghels, die das Paar inmitten eines Volksfestes zeigen. Dem Herrscherporträt kam besondere Bedeutung zu und es ist interessant, dass sich alle von Rubens entwickelten Typen auf die traditionellen, dem spanischen Hofporträt eines Anthonis Mor entlehnten Kompositionsschemata und die schlichte Ikonographie der Bildnisse von Otto van Veen oder Frans Pourbus d. Ä. beziehen. Peter Paul Rubens schuf zwei Typen der Porträts des Herrscherpaares, von denen er gemeinsam mit seiner Werkstatt eine Vielzahl von Varianten anfertigte. Der erste ist in zwei Kupferstichen von Jan Muller überliefert und entstand zwischen 1609 und 1615. Für diese Porträts wurde er von Albrecht und Isabella mit Ehren und Geschenken überhäuft. Diese früheren Bildnisse, denen auch die Wiener Fassungen entsprechen, waren wesentlich prächtiger als das einige Jahre später entstandene vorliegende Porträtpaar. Es konnte bisher nicht geklärt werden, ob es ursprünglich einen heute verschollenen Prototypen gegeben hat, auf den sich alle anderen Werke bezogen haben. Anzunehmen ist, dass das Modell des späteren Porträts sich für einen längeren Zeitraum in der Werkstatt befunden hat und von Rubens als offiziellem Hofmaler immer wieder variiert wurde. Der Typus von 1616/20 unterscheidet sich vor allem in der strengen Schlichtheit der Gewänder vom Prunk der früheren Bilder. Der Erzherzog, der fast 60 Jahre alt war, als das Porträt entstand, trägt ein schlichtes schwarzes Gewand und den Orden vom Goldenen Vlies. Seine Frau ist ebenfalls in ein schlichtes Gewand gekleidet, geschmückt mit einem Perlencollier, einem Kreuz und einem Medaillon. In allen Varianten der Porträts fällt ein signifikanter Unterschied in der qualitativen Behandlung der Gesichter der beiden auf. Die Züge des Erzherzogs sind feiner und detaillierter erfasst als die seiner Gemahlin. Dies lässt sich wohl dadurch erklären, dass Rubens mit dem Erzherzog in intensivem Kontakt stand und sicherlich mehr Porträtskizzen von ihm als von seiner Frau angefertigt hatte. Vom hier vorliegenden Porträttypus von 1620 existieren neben den Prado-Bildnissen und dem Brueghelschen Doppelporträt zwei ähnliche Fassungen mit geringen Varianten, eine in der Sammlung des Earl Spencer, Althorp, die andere im Chrysler Art Museum, Norfolk, Virginia. Das vorliegende Porträt entsprach wohl auch eher dem ernsten Charakter des Erzherzogs als das prunkvollere um 1615 entstandene. Erzherzog Albrecht wurde als fünfter Sohn Kaiser Maximilians II. geboren. Er wurde am spanischen Hof erzogen und trat früh in den geistlichen Stand über. 1577 wurde er Erzbischof von Toledo; 1580 ernannte ihn der Papst zum Kardinal. Von 1583 bis 1595 amtierte er als Vizekönig von Portugal, danach als Gouverneur der Südlichen Niederlande. Nachdem er sich hatte laisieren lassen, heiratete er die Infantin Isabella Clara Eugenia, die Tochter Philipps II. von Spanien. Sie brachte ihm die Niederlande als Brautschatz zu, mit der Bestimmung, dass sie nach ihrem Tod an Spanien zurückfallen sollten. Ab 1599 residierte das Paar als Landesfürsten in Brüssel. Dort starb der Erzherzog 1621. Seine Witwe amtierte bis zu ihrem Tod als Regentin. Die vorliegenden Bildnisse stellen eine interessante Neuentdeckung dar, da sie insbesondere in Verbindung mit dem von Jan Brueghel “erfundenen” Doppelporträt Einblicke in die Arbeitsweise von Peter Paul Rubens und seiner Werkstatt erlauben.

Experte: Dr. Alexander Strasoldo Dr. Alexander Strasoldo
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 17.04.2013 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 06.04. - 17.04.2013


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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