Lot Nr. 35


Anthonis van Dyck


Anthonis van Dyck - Alte Meister

(Antwerpen 1599 - London 1641)
Bildnis einer Adeligen mit einem Papagei,
Öl auf Holz, 121 x 88 cm, gerahmt

Rückseitig der Brandstempel der Lukasgilde der Stadt Antwerpen, zwei Hände und Burg sowie die Marke des Panelmakers Peeter de Noble (tätig ab 1605).

Video: Anthony van Dyck
Blog: Anthonis van Dycks Dame mit Geheimnis

Provenienz:
vermutlich Philippe-Charles d’Arenberg, 3. Fürst von Arenberg und 6. Herzog von Aarschot (1587-1640);
im Erbgang an Lydia, Prinzessin von Arenberg (1905-1977);
im Erbgang an den jetzigen Besitzer

Wir danken Susan Barnes, die das vorliegende Bildnis als Frühwerk Anthonis van Dycks identifiziert hat.

Das vorliegende Porträt, das sich auf seiner originalen unparkettierten Holztafel in hervorragendem Zustand erhalten hat, war bisher unveröffentlicht und stellt eine wichtige Hinzufügung zum Werkkorpus Anthonis van Dycks dar.

Das Bildnis einer Adeligen mit Papagei datiert aus der ersten Antwerpener Periode des Künstlers. Es war eine entscheidende Phase in der Entwicklung van Dycks, der im Begriff war, sich als unabhängiger Künstler mit seiner eigenen Werkstatt zu etablieren und sich auf die Porträtmalerei zu spezialisieren. Gleichzeitig arbeitete er in der Werkstatt Peter Paul Rubens’, Europas berühmtestem Maler für großformatige Historiengemälde.

Es steht zu vermuten, dass der junge Anthonis van Dyck bereits nach Abschluss seiner Ausbildung bei Hendrick van Balen im Jahr 1615 plante, eine Laufbahn als unabhängiger Künstler einzuschlagen, noch bevor er der Lukasgilde beitrat. Erst 15 oder 16 Jahre alt, gründete er seine erste Werkstatt mit einem Gehilfen nahe der Antwerpener Kathedrale, in einem Haus, genannt „Den Dom van Ceulen“. Bald darauf nahm er die Stellung eines Mitarbeiters in der Werkstatt Peter Paul Rubens’ an.

Man geht davon aus, dass van Dyck wie Rubens anstrebte, ein Maler religiöser und weltlicher Historienthemen zu werden. Mehrere biblische Werke sowie gemalte Kopfstudien - sogenannte Tronies - datieren aus dieser frühen Zeit und lassen diesbezügliche Ambitionen erkennen. Es mag sein Meister Peter Paul Rubens selbst gewesen sein, der van Dyck in Richtung der Porträtkunst lenkte, zumal er in seinem jungen Gehilfen ein großes Talent dafür erkannte. Man glaubt, dass Rubens den jungen Künstler auch von seinem eigenen großen Netzwerk einflussreicher und wohlhabender Auftraggeber profitieren ließ, wodurch van Dyck sich auf einem Gebiet profilieren konnte, das ihm selbst Einfluss und Anerkennung verschaffen würde. Diese wertvolle Unterstützung ermöglichte es dem noch jungen van Dyck, sich als selbstständiger Künstler einen Namen zu machen. Er sollte zum gefragtesten Porträtisten Europas werden, zum Maler der Könige, Adeligen und des reichen Bürgertums in Kontinentaleuropa und England.

Anthonis van Dyck trat am 11. Februar 1618 der Lukasgilde bei, was ihm offiziell gestattete, als unabhängiger Künstler zu arbeiten. Seine Laufbahn als Bildnismaler startete fulminant. Seine ersten signierten Porträts entstanden noch im selben Jahr (siehe S. J. Barnes et al., Van Dyck: A Complete Catalogue of His Paintings, New Haven-London 2004, Nr. I.118-I.119 und I.130-I.131). Obschon zweifellos sehr gelungen, sind diese Bilder noch in einem traditionellen Stil gemalt und sehr genau und detailliert mit kleinen Pinselstrichen ausgeführt. Van Dyck entwickelte jedoch schnell eine neue Maltechnik, die in einer viel freieren und flüssigeren Pinselführung bestand. Dieser innovativere Malstil zeigt sich etwa im 1619 datierten Männerbildnis in ovalem Rahmen aus den Musées Royaux des Beaux-Arts in Brüssel (Barnes, op. cit., Nr. I.150). Möglicherweise war diese schnellere Maltechnik auch der Vielzahl von Aufträgen geschuldet, die er erhielt.

Van Dycks herausragende Entwicklung als Porträtist blieb auch im Ausland nicht unbemerkt. Bereits 1620 wurde er nach London gerufen, wo er am Hof von König Jakob I. sowie für den einflussreichen Thomas Howard, Earl of Arundel (Barnes, op. cit., Nr. I.161), tätig war. Er hielt sich von Oktober 1620 bis Februar 1621 in England auf und begab sich gegen Ende des Jahres nach Italien, wo er sechs Jahre lang reiste und - zumeist als Bildnismaler - arbeitete. Als er im Juli 1627 nach Antwerpen zurückkehrte, war er sowohl daheim als auch im Ausland ein angesehener und beliebter Porträtist und ein Liebling der Höfe in Brüssel und Den Haag. 1631 ging van Dyck erneut nach England, diesmal auf Einladung von König Karl I. Er arbeitete in London als vielbeschäftigter Künstler bis zu seinem Tod im Jahr 1641 und starb als angesehenster und bedeutendster Porträtist seiner Zeit.

Das vorliegende Werk datiert aus van Dycks früher Antwerpener Zeit, genauer aus den Jahren um 1619/1620 und entstand damit vor seiner ersten Englandreise. Darauf lassen der Malstil, die Kleidung der Dargestellten und die Tatsache, dass das Porträt auf einer Holztafel des Antwerpener Panelmakers Peeter de Noble gemalt ist (persönliche Mitteilung von Justin Davies vom „Jordaens Van Dyck Panel Paintings Project“) schließen. Die Datierung des vorliegenden Gemäldes wurde von Susan Barnes, der Co-Autorin des maßgeblichen Werkverzeichnisses Anthonis van Dycks vorgeschlagen (persönliche Mitteilung).

Stilistisch steht das vorliegende Bildnis einer Adeligen mit Papagei den Porträts von Isabella Brant und von Susanna Fourment mit ihrer Tochter nahe, die sich beide in der National Gallery of Art in Washington befinden (Barnes, op. cit., Nr. I.100 und I.103) und die beide allgemein in das Jahr 1621 datiert werden (siehe A. Vergara, F. Lammertse [Hg.], The Young van Dyck, Ausstellungskatalog, Madrid-New York 2012, Nr. 89/90). Insbesondere vergleichbar ist die Art und Weise, wie die Hände scheinbar mühelos mit breitem Pinsel gemalt sind, wie es auch im Bildnis der Susanna Fourment mit Tochter zu beobachten ist und was außerdem auf Haar, Kopfbedeckung und Spitzenmanschetten der Dargestellten zutrifft. Barnes weist zudem darauf hin, dass der Kragen „das gesamte Spektrum des Farbauftrags von dünnen Lasuren im unteren Bereich bis hin zu einem dicken, weißen Impasto als Einrahmung des Gesichts zeigt“, was „zusammen mit der Kopfbedeckung eine Art es umgebende Aura bildet“ (persönliche Mitteilung), ähnlich wie bei dem etwas späteren Porträt der Margriet de Vos in der Frick Collection, New York, (Barnes, op. cit., Nr. I.107). Ebenfalls typisch für van Dyck um 1620 sind die Glanzlichter im Bereich des Mieders und der Goldkette, wie sie auch bei der Figur der Frau im Porträt eines Ehepaars in der Art Gallery of South Australia, Adelaide (Barnes, op. cit., Nr. I.115) zu erkennen sind. Gleichzeitig weist der Landschaftshintergrund des Bildes in Adelaide große Ähnlichkeit mit der fernen Landschaft auf der rechten Seite des vorliegenden Gemäldes auf.

Das Ensemble des Mühlsteinkragens, der Spitzenmanschetten, der mit Perlen geschmückten Kopfbedeckung und des goldbestickten Mieders tritt auch bei weiteren Frauenporträts van Dycks auf, etwa auf dem Bild im El Paso Museum of Art (Barnes, op. cit., Nr. I.152), wobei man davon ausgeht, dass es der Mode der frühen 1620er-Jahre entsprach. Cornelis de Vos, der andere damalige Antwerpener Spezialist für Bildnismalerei, nahm dieselben Bildelemente in Porträts dieser Zeit auf, zum Beispiel in seinem Damenporträt des Jahres 1622 im Philadelphia Museum of Art (siehe K. van der Stighelen, De portretten van Cornelis de Vos: een kritische catalogus, Brüssel 1990, Nr. 13).

Derzeit bleiben die Identität der Dargestellten, die deutlich sichtbar unterschiedlich gefärbte Augen aufweist, sowie die frühe Provenienz dieses bedeutenden Gemäldes ungeklärt. Da die Frau verheiratet gewesen zu sein scheint - sie trägt an beiden Händen Ringe -, gab es vermutlich ursprünglich ein Pendant mit der Darstellung des Ehemanns. Maße und Bildträger des vorliegenden Gemäldes legen dafür einen möglichen Kandidaten unter den bekannten und publizierten Werken Anthonis van Dycks nahe, nämlich das Porträt eines Mannes in der Royal Collection, London (Barnes, op. cit., Nr. I.137), doch scheinen die Proportionen der beiden Figuren zueinander nicht ganz stimmig, wobei der Mann etwas größer dargestellt ist als die Dame. Natürlich ist es gut möglich, dass das Gegenstück mit dem Ehemann zerstört oder noch nicht aufgefunden wurde.

Die frühe Provenienz des vorliegenden Bildnisses einer Adeligen mit Papagei, das einst der bedeutenden Sammlung Arenberg angehörte, liegt im Dunkeln. Kein vollständiger Sammlungskatalog eines Mitglieds der Familie Arenberg des 17. Jahrhunderts ist erhalten geblieben. Es ist daher vorerst nicht möglich, die ursprüngliche Herkunft des Gemäldes genauer zurückzuverfolgen (siehe A. Verbrugge, La collection d’art, in: Jean-Marie Duvosquel, Denis Morsa (Hg.), La Maison d’Arenberg en Wallonie, à Bruxelles et au G.-D. de Luxembourg depuis le XIVe siècle. Contribution à l'histoire d'une famille princière, Enghien 2011, S. 377-404).

Dennoch ist es durchaus glaubhaft, dass es sich bei dem vorliegenden Porträt um ein Mitglied der Familie Arenberg handelt. Man weiß, dass Anthonis van Dyck ebenso wie sein Meister Peter Paul Rubens für die Familie gearbeitet hatte, insbesondere für Albert de Ligne, den Grafen von Arenberg und Prinzen von Barbançon (Barnes, op. cit., Nr. III.66). Als Knabe war Rubens der Page von Gräfin Margaretha de Ligne-Arenberg gewesen, und er stand 1616, also zu jener Zeit, als der junge van Dyck sein Gehilfe war, in engem Kontakt mit Philip-Charles von Arenberg, dem Herzog von Aarschot. Philip-Charles von Arenberg erwarb von Rubens eine Wolf- und Fuchsjagd, bei der es sich vermutlich um das heute im Metropolitan Museum of Art, New York, befindliche Gemälde handelte (siehe Arnout Balis, Corpus Rubenianum Ludwig Burchard, Teil XVII-II: Hunting Scenes, Oxford-London 1986, Nr. 2).

Wir danken Jaco Rutgers für seine Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Lots.

Technische Untersuchung:
 Das Werk ist auf einer aus vier 5 bis 6 Millimeter dicken vertikalen Brettern bestehenden Eichentafel gemalt, die auf der Rückseite das originale Brandzeichen der Antwerpener Lukasgilde und das Zeichen des Tafelmachers („4+BPR“) trägt, welche auf Infrarotaufnahmen besser lesbar sind. Die Malerei über weißem oder weißlichem Grund ist sehr gut erhalten und zeigt ein paar Ergänzungen entlang der Verbindungsnähte der Tafel und im Bereich der Landschaft. Das Krakelee ist fein bis sehr fein und weist auf eine perfekte Ausgewogenheit von Pigment und Öl.

Die technische Qualität ist bemerkenswert, wobei sich die außergewöhnliche Fähigkeit des Künstlers zeigt, mit schnellen Pinselstrichen zu arbeiten, ohne bei Wirkung und Form Abstriche machen zu müssen. Technik und Materialien befinden sich im Einklang mit der flämischen Malpraxis des 17. Jahrhunderts, insbesondere mit um 1620 entstandenen Werken van Dycks, der sich hölzerner Bildträger nur sehr eingeschränkt bediente.

In der IR-Reflektografie werden nur ein paar wenige mit einem Pinsel aufgebrachte Linien einer Unterzeichnung sichtbar, von denen einige sehr dünn und andere etwas breiter sind: im Bereich der linken Hand der Dame und der Säulenbasis sowie um den Papagei und den Stuhl. Ein paar dünne Markierungen (Überreste des Arbeitsprozesses) befinden sich im Bereich des Kopfes der Frau. IR-Aufnahmen lassen nur sehr unbedeutende Veränderungen erkennen.

Die Farbstoffe umfassen Smalteblau im Himmel (ohne Verfärbungen, wie ansonsten bei diesem Farbstoff in Verbindung mit Öl üblich), Azurit (auch gemischt mit Gelb zur Erzielung grüner Farbtöne) im Bereich der Landschaft und des Papageis, Bleiweiß gemischt mit Zinnober und Eisenoxiden im Bereich des Inkarnats, ein Rotlack auf Karminbasis und Zinnober im Bereich des roten Vorhangs; für die Verzierungen des Gewandes hat der Künstler Bleizinngelb in Verbindung mit Ocker gewählt, um die rötlichbraunen Farbtöne zu erzielen. Statt herkömmlicher Ocker wurde in den dunkleren Bereichen der Säule links ein organisches Braun oder eine braune Erde verwendet, die reich an organischen Pigmenten ist (Van-Dyck-Braun oder Kasslerbraun). Die unterschiedliche Farbigkeit der Augen wurde mittels Infrarotreflektografie bestätigt.

Wir danken Gianluca Poldi für die Durchführung der technischen Untersuchung des vorliegenden Gemäldes.

23.10.2018 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 1.425.000,-
Schätzwert:
EUR 300.000,- bis EUR 500.000,-

Anthonis van Dyck


(Antwerpen 1599 - London 1641)
Bildnis einer Adeligen mit einem Papagei,
Öl auf Holz, 121 x 88 cm, gerahmt

Rückseitig der Brandstempel der Lukasgilde der Stadt Antwerpen, zwei Hände und Burg sowie die Marke des Panelmakers Peeter de Noble (tätig ab 1605).

Video: Anthony van Dyck
Blog: Anthonis van Dycks Dame mit Geheimnis

Provenienz:
vermutlich Philippe-Charles d’Arenberg, 3. Fürst von Arenberg und 6. Herzog von Aarschot (1587-1640);
im Erbgang an Lydia, Prinzessin von Arenberg (1905-1977);
im Erbgang an den jetzigen Besitzer

Wir danken Susan Barnes, die das vorliegende Bildnis als Frühwerk Anthonis van Dycks identifiziert hat.

Das vorliegende Porträt, das sich auf seiner originalen unparkettierten Holztafel in hervorragendem Zustand erhalten hat, war bisher unveröffentlicht und stellt eine wichtige Hinzufügung zum Werkkorpus Anthonis van Dycks dar.

Das Bildnis einer Adeligen mit Papagei datiert aus der ersten Antwerpener Periode des Künstlers. Es war eine entscheidende Phase in der Entwicklung van Dycks, der im Begriff war, sich als unabhängiger Künstler mit seiner eigenen Werkstatt zu etablieren und sich auf die Porträtmalerei zu spezialisieren. Gleichzeitig arbeitete er in der Werkstatt Peter Paul Rubens’, Europas berühmtestem Maler für großformatige Historiengemälde.

Es steht zu vermuten, dass der junge Anthonis van Dyck bereits nach Abschluss seiner Ausbildung bei Hendrick van Balen im Jahr 1615 plante, eine Laufbahn als unabhängiger Künstler einzuschlagen, noch bevor er der Lukasgilde beitrat. Erst 15 oder 16 Jahre alt, gründete er seine erste Werkstatt mit einem Gehilfen nahe der Antwerpener Kathedrale, in einem Haus, genannt „Den Dom van Ceulen“. Bald darauf nahm er die Stellung eines Mitarbeiters in der Werkstatt Peter Paul Rubens’ an.

Man geht davon aus, dass van Dyck wie Rubens anstrebte, ein Maler religiöser und weltlicher Historienthemen zu werden. Mehrere biblische Werke sowie gemalte Kopfstudien - sogenannte Tronies - datieren aus dieser frühen Zeit und lassen diesbezügliche Ambitionen erkennen. Es mag sein Meister Peter Paul Rubens selbst gewesen sein, der van Dyck in Richtung der Porträtkunst lenkte, zumal er in seinem jungen Gehilfen ein großes Talent dafür erkannte. Man glaubt, dass Rubens den jungen Künstler auch von seinem eigenen großen Netzwerk einflussreicher und wohlhabender Auftraggeber profitieren ließ, wodurch van Dyck sich auf einem Gebiet profilieren konnte, das ihm selbst Einfluss und Anerkennung verschaffen würde. Diese wertvolle Unterstützung ermöglichte es dem noch jungen van Dyck, sich als selbstständiger Künstler einen Namen zu machen. Er sollte zum gefragtesten Porträtisten Europas werden, zum Maler der Könige, Adeligen und des reichen Bürgertums in Kontinentaleuropa und England.

Anthonis van Dyck trat am 11. Februar 1618 der Lukasgilde bei, was ihm offiziell gestattete, als unabhängiger Künstler zu arbeiten. Seine Laufbahn als Bildnismaler startete fulminant. Seine ersten signierten Porträts entstanden noch im selben Jahr (siehe S. J. Barnes et al., Van Dyck: A Complete Catalogue of His Paintings, New Haven-London 2004, Nr. I.118-I.119 und I.130-I.131). Obschon zweifellos sehr gelungen, sind diese Bilder noch in einem traditionellen Stil gemalt und sehr genau und detailliert mit kleinen Pinselstrichen ausgeführt. Van Dyck entwickelte jedoch schnell eine neue Maltechnik, die in einer viel freieren und flüssigeren Pinselführung bestand. Dieser innovativere Malstil zeigt sich etwa im 1619 datierten Männerbildnis in ovalem Rahmen aus den Musées Royaux des Beaux-Arts in Brüssel (Barnes, op. cit., Nr. I.150). Möglicherweise war diese schnellere Maltechnik auch der Vielzahl von Aufträgen geschuldet, die er erhielt.

Van Dycks herausragende Entwicklung als Porträtist blieb auch im Ausland nicht unbemerkt. Bereits 1620 wurde er nach London gerufen, wo er am Hof von König Jakob I. sowie für den einflussreichen Thomas Howard, Earl of Arundel (Barnes, op. cit., Nr. I.161), tätig war. Er hielt sich von Oktober 1620 bis Februar 1621 in England auf und begab sich gegen Ende des Jahres nach Italien, wo er sechs Jahre lang reiste und - zumeist als Bildnismaler - arbeitete. Als er im Juli 1627 nach Antwerpen zurückkehrte, war er sowohl daheim als auch im Ausland ein angesehener und beliebter Porträtist und ein Liebling der Höfe in Brüssel und Den Haag. 1631 ging van Dyck erneut nach England, diesmal auf Einladung von König Karl I. Er arbeitete in London als vielbeschäftigter Künstler bis zu seinem Tod im Jahr 1641 und starb als angesehenster und bedeutendster Porträtist seiner Zeit.

Das vorliegende Werk datiert aus van Dycks früher Antwerpener Zeit, genauer aus den Jahren um 1619/1620 und entstand damit vor seiner ersten Englandreise. Darauf lassen der Malstil, die Kleidung der Dargestellten und die Tatsache, dass das Porträt auf einer Holztafel des Antwerpener Panelmakers Peeter de Noble gemalt ist (persönliche Mitteilung von Justin Davies vom „Jordaens Van Dyck Panel Paintings Project“) schließen. Die Datierung des vorliegenden Gemäldes wurde von Susan Barnes, der Co-Autorin des maßgeblichen Werkverzeichnisses Anthonis van Dycks vorgeschlagen (persönliche Mitteilung).

Stilistisch steht das vorliegende Bildnis einer Adeligen mit Papagei den Porträts von Isabella Brant und von Susanna Fourment mit ihrer Tochter nahe, die sich beide in der National Gallery of Art in Washington befinden (Barnes, op. cit., Nr. I.100 und I.103) und die beide allgemein in das Jahr 1621 datiert werden (siehe A. Vergara, F. Lammertse [Hg.], The Young van Dyck, Ausstellungskatalog, Madrid-New York 2012, Nr. 89/90). Insbesondere vergleichbar ist die Art und Weise, wie die Hände scheinbar mühelos mit breitem Pinsel gemalt sind, wie es auch im Bildnis der Susanna Fourment mit Tochter zu beobachten ist und was außerdem auf Haar, Kopfbedeckung und Spitzenmanschetten der Dargestellten zutrifft. Barnes weist zudem darauf hin, dass der Kragen „das gesamte Spektrum des Farbauftrags von dünnen Lasuren im unteren Bereich bis hin zu einem dicken, weißen Impasto als Einrahmung des Gesichts zeigt“, was „zusammen mit der Kopfbedeckung eine Art es umgebende Aura bildet“ (persönliche Mitteilung), ähnlich wie bei dem etwas späteren Porträt der Margriet de Vos in der Frick Collection, New York, (Barnes, op. cit., Nr. I.107). Ebenfalls typisch für van Dyck um 1620 sind die Glanzlichter im Bereich des Mieders und der Goldkette, wie sie auch bei der Figur der Frau im Porträt eines Ehepaars in der Art Gallery of South Australia, Adelaide (Barnes, op. cit., Nr. I.115) zu erkennen sind. Gleichzeitig weist der Landschaftshintergrund des Bildes in Adelaide große Ähnlichkeit mit der fernen Landschaft auf der rechten Seite des vorliegenden Gemäldes auf.

Das Ensemble des Mühlsteinkragens, der Spitzenmanschetten, der mit Perlen geschmückten Kopfbedeckung und des goldbestickten Mieders tritt auch bei weiteren Frauenporträts van Dycks auf, etwa auf dem Bild im El Paso Museum of Art (Barnes, op. cit., Nr. I.152), wobei man davon ausgeht, dass es der Mode der frühen 1620er-Jahre entsprach. Cornelis de Vos, der andere damalige Antwerpener Spezialist für Bildnismalerei, nahm dieselben Bildelemente in Porträts dieser Zeit auf, zum Beispiel in seinem Damenporträt des Jahres 1622 im Philadelphia Museum of Art (siehe K. van der Stighelen, De portretten van Cornelis de Vos: een kritische catalogus, Brüssel 1990, Nr. 13).

Derzeit bleiben die Identität der Dargestellten, die deutlich sichtbar unterschiedlich gefärbte Augen aufweist, sowie die frühe Provenienz dieses bedeutenden Gemäldes ungeklärt. Da die Frau verheiratet gewesen zu sein scheint - sie trägt an beiden Händen Ringe -, gab es vermutlich ursprünglich ein Pendant mit der Darstellung des Ehemanns. Maße und Bildträger des vorliegenden Gemäldes legen dafür einen möglichen Kandidaten unter den bekannten und publizierten Werken Anthonis van Dycks nahe, nämlich das Porträt eines Mannes in der Royal Collection, London (Barnes, op. cit., Nr. I.137), doch scheinen die Proportionen der beiden Figuren zueinander nicht ganz stimmig, wobei der Mann etwas größer dargestellt ist als die Dame. Natürlich ist es gut möglich, dass das Gegenstück mit dem Ehemann zerstört oder noch nicht aufgefunden wurde.

Die frühe Provenienz des vorliegenden Bildnisses einer Adeligen mit Papagei, das einst der bedeutenden Sammlung Arenberg angehörte, liegt im Dunkeln. Kein vollständiger Sammlungskatalog eines Mitglieds der Familie Arenberg des 17. Jahrhunderts ist erhalten geblieben. Es ist daher vorerst nicht möglich, die ursprüngliche Herkunft des Gemäldes genauer zurückzuverfolgen (siehe A. Verbrugge, La collection d’art, in: Jean-Marie Duvosquel, Denis Morsa (Hg.), La Maison d’Arenberg en Wallonie, à Bruxelles et au G.-D. de Luxembourg depuis le XIVe siècle. Contribution à l'histoire d'une famille princière, Enghien 2011, S. 377-404).

Dennoch ist es durchaus glaubhaft, dass es sich bei dem vorliegenden Porträt um ein Mitglied der Familie Arenberg handelt. Man weiß, dass Anthonis van Dyck ebenso wie sein Meister Peter Paul Rubens für die Familie gearbeitet hatte, insbesondere für Albert de Ligne, den Grafen von Arenberg und Prinzen von Barbançon (Barnes, op. cit., Nr. III.66). Als Knabe war Rubens der Page von Gräfin Margaretha de Ligne-Arenberg gewesen, und er stand 1616, also zu jener Zeit, als der junge van Dyck sein Gehilfe war, in engem Kontakt mit Philip-Charles von Arenberg, dem Herzog von Aarschot. Philip-Charles von Arenberg erwarb von Rubens eine Wolf- und Fuchsjagd, bei der es sich vermutlich um das heute im Metropolitan Museum of Art, New York, befindliche Gemälde handelte (siehe Arnout Balis, Corpus Rubenianum Ludwig Burchard, Teil XVII-II: Hunting Scenes, Oxford-London 1986, Nr. 2).

Wir danken Jaco Rutgers für seine Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Lots.

Technische Untersuchung:
 Das Werk ist auf einer aus vier 5 bis 6 Millimeter dicken vertikalen Brettern bestehenden Eichentafel gemalt, die auf der Rückseite das originale Brandzeichen der Antwerpener Lukasgilde und das Zeichen des Tafelmachers („4+BPR“) trägt, welche auf Infrarotaufnahmen besser lesbar sind. Die Malerei über weißem oder weißlichem Grund ist sehr gut erhalten und zeigt ein paar Ergänzungen entlang der Verbindungsnähte der Tafel und im Bereich der Landschaft. Das Krakelee ist fein bis sehr fein und weist auf eine perfekte Ausgewogenheit von Pigment und Öl.

Die technische Qualität ist bemerkenswert, wobei sich die außergewöhnliche Fähigkeit des Künstlers zeigt, mit schnellen Pinselstrichen zu arbeiten, ohne bei Wirkung und Form Abstriche machen zu müssen. Technik und Materialien befinden sich im Einklang mit der flämischen Malpraxis des 17. Jahrhunderts, insbesondere mit um 1620 entstandenen Werken van Dycks, der sich hölzerner Bildträger nur sehr eingeschränkt bediente.

In der IR-Reflektografie werden nur ein paar wenige mit einem Pinsel aufgebrachte Linien einer Unterzeichnung sichtbar, von denen einige sehr dünn und andere etwas breiter sind: im Bereich der linken Hand der Dame und der Säulenbasis sowie um den Papagei und den Stuhl. Ein paar dünne Markierungen (Überreste des Arbeitsprozesses) befinden sich im Bereich des Kopfes der Frau. IR-Aufnahmen lassen nur sehr unbedeutende Veränderungen erkennen.

Die Farbstoffe umfassen Smalteblau im Himmel (ohne Verfärbungen, wie ansonsten bei diesem Farbstoff in Verbindung mit Öl üblich), Azurit (auch gemischt mit Gelb zur Erzielung grüner Farbtöne) im Bereich der Landschaft und des Papageis, Bleiweiß gemischt mit Zinnober und Eisenoxiden im Bereich des Inkarnats, ein Rotlack auf Karminbasis und Zinnober im Bereich des roten Vorhangs; für die Verzierungen des Gewandes hat der Künstler Bleizinngelb in Verbindung mit Ocker gewählt, um die rötlichbraunen Farbtöne zu erzielen. Statt herkömmlicher Ocker wurde in den dunkleren Bereichen der Säule links ein organisches Braun oder eine braune Erde verwendet, die reich an organischen Pigmenten ist (Van-Dyck-Braun oder Kasslerbraun). Die unterschiedliche Farbigkeit der Augen wurde mittels Infrarotreflektografie bestätigt.

Wir danken Gianluca Poldi für die Durchführung der technischen Untersuchung des vorliegenden Gemäldes.


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 23.10.2018 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 13.10. - 23.10.2018


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

Es können keine Kaufaufträge über Internet mehr abgegeben werden. Die Auktion befindet sich in Vorbereitung bzw. wurde bereits durchgeführt.