Lot Nr. 30


David Vinckboons


David Vinckboons - Alte Meister

(Mecheln 1576-1631/33 Amsterdam)
Der Kampf zwischen Karneval und Fastenzeit,
Öl auf Holz, 69,5 x 115 cm, gerahmt 

Provenienz:
Auktion, Sotheby’s, London, 9. Juli 1998, Lot 24;
Auktion, Sotheby’s, London, 17. Dezember 1998, Lot 111;
Auktion, Christie’s, London, 11. Juli 2001, Lot 9;
Privatsammlung, Großbritannien

Literatur:
K. Ertz, C. Nitze-Ertz, David Vinckboons, Lingen 2016, S. 397, Nr. 164

Bei dem vorliegenden Gemälde handelt es sich um ein Spätwerk David Vinckboons. Es wurde bereits als solches erkannt, als es 1998 erstmals auftauchte. Es war Korneel Goossens nicht bekannt und wurde erst 2016 von K. Ertz und C. Nitze-Ertz veröffentlicht. Im RKD in den Haag ist es unter Nr. 47761 verzeichnet.

David Vinckboons gemaltes Oeuvre, das zum ersten Mal 1954 von Korneel Goossens katalogisiert wurde und für welches K. Ertz und C. Nitze-Ertz 2016 ein neues Werkverzeichnis erstellten, besteht in erster Linie aus vorwiegend in Landschaften angesiedelten Historien- und Genreszenen, die stilistisch, kompositorisch und hinsichtlich ihrer Unbeschwertheit an die flämische Malerei des 16. Jahrhunderts erinnern, obschon ihnen jeder moralische Unterton fehlt.

Vom Darstellungsinhalt her und stilistisch ist das vorliegende Werk innerhalb des Schaffens des Künstlers eher ungewöhnlich, lässt aber hinsichtlich des relativ großen Formats, der Verwendung größerer Figuren und der lockeren Malweise an die Beschneidung in der University Art Gallery, Notre Dame, Indiana, denken (Öl auf Holz, 133 x 193 cm; siehe K. Goossens, Nog meer over David Vickboons, in: Jaarboek van het Koninklijk Museum voor Schone Kunsten te Antwerpen, 1966, S. 91, 103, Abb. 10). Die Kinder erinnern an jene eines Bildes mit einem dörflichen Kirchweihfest im Mauritshuis, Den Haag.

Das Gemälde zeigt den Kampf zwischen Karneval und Fastenzeit. Die kurvenreiche Personifikation der Fastnacht trägt einen Gürtel und eine Kette aus Würsten und hält ein aufgespießtes Brathuhn in Händen; der Aschermittwoch, ihr magerer Gegenspieler, trägt aufgefädelte Fische auf dem Rücken und einen leeren Korb auf dem Kopf. Sie treten einander in einer Art Posse gegenüber, die bei Nacht auf einem Dorfplatz zur Aufführung kommt. Der theatralische Charakter wird durch das Licht der Fackeln und der beleuchteten Häuserfronten verstärkt. Eine ähnliche Szene in einer Stadt ist auf dem Stich des Winters zu sehen, die bei Matham in Haarlem erschien (siehe F. Lammertse, David Vinckeboons (1576-1632). Schilder en Tekenaar in Antwerpen, in: Het Kunstbedrijf van de familie Vinckboons, Ausstellungskatalog, 1989, S. 25, Abb. 16).

Das Thema ist in der holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts selten. Die frühesten bildlichen Darstellungen datieren aus der Zeit um 1500 und stammen insbesondere von Hieronymus Bosch und seinen Nachfolgern, wie zum Beispiel die Werke im Museum Mayer van den Bergh in Antwerpen und im Noordbrabants Museum in s‘Hertogenbosch. Die berühmteste Fassung ist jene Pieter Brueghels I. aus dem Jahr 1559 (Öl auf Holz, 118 x 164,5 cm, Kunsthistorisches Museum, Wien, Inv. 1016), die von seinem Sohn Pieter Brueghel II. kopiert wurde.

Während Brueghels Interesse in erster Linie der Folklore galt, wobei die Komposition einen zurückhaltenden enzyklopädischen Überblick über die verschiedenen Bräuche gab, welche die Ablöse des Winters durch den Frühling markierten, präsentiert Vinckboons den Kampf zwischen Fasching und Fastenzeit als pure Unterhaltung und theatralische Aufführung. Im Mittelalter waren derartige Spottaufführungen tatsächlich in vielen flämischen Städten und Dörfern Brauch. Zur Zeit von Vinckboons wurde er in den Rederijkerskamers (Dichtergilden) fortgeführt. Vinckboons selbst war wie andere zugewanderte Künstler Mitglied von Het Wit Lavendel und dadurch mit der Welt der Literatur und des Theaters verbunden.

David Vinckboons I. wurde 1576 in Mecheln in eine Künstlerfamilie hineingeboren. Sein Großvater Gillis hatte sich dort 1489 angesiedelt und eine Werkstatt eröffnet, die Malereien in Wasserfarbe auf Leinwand anfertigte - eine regionale Spezialität, die sein Sohn Philip (1545-1601) weiterführte. Aufgrund der aktuellen politischen und religiösen Lage verlegte Philip seinen Betrieb 1579 nach Antwerpen, wo er von 1580 bis 1586 fassbar ist. Da sich die Situation für die Reformierten, zu denen auch die Vinckboons zählten, verschlechterte, zog Philip Ende 1586 mit 185 weiteren Antwerpener Familien unter dem sicheren Geleit des Herzogs von Leicester nach Norden. Er ließ sich zunächst in Middelburg und 1591 in Amsterdam nieder. Die Familie Vinckboons bildete dort mit anderen aus Glaubensgründen ausgewanderten Malern wie Gillis van Coninxloo und Hans Bol eine enge künstlerische Gemeinschaft und führte ihr Metier wie gehabt fort. David wurde also von seinem Vater ausgebildet und spezialisierte sich vorerst nach dem Vorbild seiner Vorfahren auf Malereien in Wasserfarbe auf Leinwand. Später wandte er sich einer zumeist kleinformatigen Ölmalerei zu, die von Karel van Mander als besonders verdienstvoll gepriesen wurde. Seine Bildfindungen müssen sich großer Beliebtheit erfreut haben, zumal sie häufig gestochen wurden.

Experte: Damian Brenninkmeyer Damian Brenninkmeyer
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

23.10.2018 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 186.000,-
Schätzwert:
EUR 80.000,- bis EUR 120.000,-

David Vinckboons


(Mecheln 1576-1631/33 Amsterdam)
Der Kampf zwischen Karneval und Fastenzeit,
Öl auf Holz, 69,5 x 115 cm, gerahmt 

Provenienz:
Auktion, Sotheby’s, London, 9. Juli 1998, Lot 24;
Auktion, Sotheby’s, London, 17. Dezember 1998, Lot 111;
Auktion, Christie’s, London, 11. Juli 2001, Lot 9;
Privatsammlung, Großbritannien

Literatur:
K. Ertz, C. Nitze-Ertz, David Vinckboons, Lingen 2016, S. 397, Nr. 164

Bei dem vorliegenden Gemälde handelt es sich um ein Spätwerk David Vinckboons. Es wurde bereits als solches erkannt, als es 1998 erstmals auftauchte. Es war Korneel Goossens nicht bekannt und wurde erst 2016 von K. Ertz und C. Nitze-Ertz veröffentlicht. Im RKD in den Haag ist es unter Nr. 47761 verzeichnet.

David Vinckboons gemaltes Oeuvre, das zum ersten Mal 1954 von Korneel Goossens katalogisiert wurde und für welches K. Ertz und C. Nitze-Ertz 2016 ein neues Werkverzeichnis erstellten, besteht in erster Linie aus vorwiegend in Landschaften angesiedelten Historien- und Genreszenen, die stilistisch, kompositorisch und hinsichtlich ihrer Unbeschwertheit an die flämische Malerei des 16. Jahrhunderts erinnern, obschon ihnen jeder moralische Unterton fehlt.

Vom Darstellungsinhalt her und stilistisch ist das vorliegende Werk innerhalb des Schaffens des Künstlers eher ungewöhnlich, lässt aber hinsichtlich des relativ großen Formats, der Verwendung größerer Figuren und der lockeren Malweise an die Beschneidung in der University Art Gallery, Notre Dame, Indiana, denken (Öl auf Holz, 133 x 193 cm; siehe K. Goossens, Nog meer over David Vickboons, in: Jaarboek van het Koninklijk Museum voor Schone Kunsten te Antwerpen, 1966, S. 91, 103, Abb. 10). Die Kinder erinnern an jene eines Bildes mit einem dörflichen Kirchweihfest im Mauritshuis, Den Haag.

Das Gemälde zeigt den Kampf zwischen Karneval und Fastenzeit. Die kurvenreiche Personifikation der Fastnacht trägt einen Gürtel und eine Kette aus Würsten und hält ein aufgespießtes Brathuhn in Händen; der Aschermittwoch, ihr magerer Gegenspieler, trägt aufgefädelte Fische auf dem Rücken und einen leeren Korb auf dem Kopf. Sie treten einander in einer Art Posse gegenüber, die bei Nacht auf einem Dorfplatz zur Aufführung kommt. Der theatralische Charakter wird durch das Licht der Fackeln und der beleuchteten Häuserfronten verstärkt. Eine ähnliche Szene in einer Stadt ist auf dem Stich des Winters zu sehen, die bei Matham in Haarlem erschien (siehe F. Lammertse, David Vinckeboons (1576-1632). Schilder en Tekenaar in Antwerpen, in: Het Kunstbedrijf van de familie Vinckboons, Ausstellungskatalog, 1989, S. 25, Abb. 16).

Das Thema ist in der holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts selten. Die frühesten bildlichen Darstellungen datieren aus der Zeit um 1500 und stammen insbesondere von Hieronymus Bosch und seinen Nachfolgern, wie zum Beispiel die Werke im Museum Mayer van den Bergh in Antwerpen und im Noordbrabants Museum in s‘Hertogenbosch. Die berühmteste Fassung ist jene Pieter Brueghels I. aus dem Jahr 1559 (Öl auf Holz, 118 x 164,5 cm, Kunsthistorisches Museum, Wien, Inv. 1016), die von seinem Sohn Pieter Brueghel II. kopiert wurde.

Während Brueghels Interesse in erster Linie der Folklore galt, wobei die Komposition einen zurückhaltenden enzyklopädischen Überblick über die verschiedenen Bräuche gab, welche die Ablöse des Winters durch den Frühling markierten, präsentiert Vinckboons den Kampf zwischen Fasching und Fastenzeit als pure Unterhaltung und theatralische Aufführung. Im Mittelalter waren derartige Spottaufführungen tatsächlich in vielen flämischen Städten und Dörfern Brauch. Zur Zeit von Vinckboons wurde er in den Rederijkerskamers (Dichtergilden) fortgeführt. Vinckboons selbst war wie andere zugewanderte Künstler Mitglied von Het Wit Lavendel und dadurch mit der Welt der Literatur und des Theaters verbunden.

David Vinckboons I. wurde 1576 in Mecheln in eine Künstlerfamilie hineingeboren. Sein Großvater Gillis hatte sich dort 1489 angesiedelt und eine Werkstatt eröffnet, die Malereien in Wasserfarbe auf Leinwand anfertigte - eine regionale Spezialität, die sein Sohn Philip (1545-1601) weiterführte. Aufgrund der aktuellen politischen und religiösen Lage verlegte Philip seinen Betrieb 1579 nach Antwerpen, wo er von 1580 bis 1586 fassbar ist. Da sich die Situation für die Reformierten, zu denen auch die Vinckboons zählten, verschlechterte, zog Philip Ende 1586 mit 185 weiteren Antwerpener Familien unter dem sicheren Geleit des Herzogs von Leicester nach Norden. Er ließ sich zunächst in Middelburg und 1591 in Amsterdam nieder. Die Familie Vinckboons bildete dort mit anderen aus Glaubensgründen ausgewanderten Malern wie Gillis van Coninxloo und Hans Bol eine enge künstlerische Gemeinschaft und führte ihr Metier wie gehabt fort. David wurde also von seinem Vater ausgebildet und spezialisierte sich vorerst nach dem Vorbild seiner Vorfahren auf Malereien in Wasserfarbe auf Leinwand. Später wandte er sich einer zumeist kleinformatigen Ölmalerei zu, die von Karel van Mander als besonders verdienstvoll gepriesen wurde. Seine Bildfindungen müssen sich großer Beliebtheit erfreut haben, zumal sie häufig gestochen wurden.

Experte: Damian Brenninkmeyer Damian Brenninkmeyer
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Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 23.10.2018 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 13.10. - 23.10.2018


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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