Lot Nr. 305


Meister von St. Ivo


Meister von St. Ivo - Alte Meister

(Florenz, tätig um 1390–1415)
Madonna mit Kind, Johannes dem Täufer und Julianus Hospitator,
Tempera auf Goldgrundtafel, oberer Abschluss spitzbogig, Gesamtmaße 62 x 36,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Sammlung Ina Therese Campbell (1855–1952), Santa Barbara (als unbekannter Nachfolger von Agnolo Gaddi);

deren Schenkung an das Santa Barbara Museum of Art, Kalifornien, 1953 (als Meister von St. Ivo);
deren Auktion, Christie’s, New York, 11. Januar 1991, Lot 3 (als Meister von St. Ivo);
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Literatur:
B. B. Fredericksen, F. Zeri, Census of Pre-Nineteenth-Jahrhundert Italian Paintings in North American Public Collections, Cambridge 1972, S. 220 (als Florentinisch, 14. Jahrhundert);

C. Baldini, Il Maestro di Sant’Ivo. Ritratto di un pittore fiorentino a cavallo tra XIV e XV secolo, Rom 2004, S. 42, 101, Nr. 44;
C. Baldini, Il Maestro di Sant’Ivo: profilo di un pittore fiorentino a cavallo tra XIV e XV secolo, in: Arte Cristiana, Mailand 2005, XCIII, 829, S. 267f. sowie Anhang S. 276, Nr. 44

Das vorliegende Gemälde ist in der Fototeca Zeri als Werk des „Maestro di Sant’Ivo“ verzeichnet (Nr. 3352).

Der Thron der Madonna des vorliegenden Gemäldes verfügt über keine Rückenlehne, sodass nur sein mittig platziertes Podest sichtbar wird, was dem Bild räumliche Tiefe verleiht. Mit der rechten Hand gibt die Madonna dem bemerkenswert bewegt dargestellten Kind die Brust. Die Kompositionsformel der Maria lactans nahm in den 1360er- und 1370er-Jahren von der Werkstatt Orcagnas ihren Ausgang und fand vor allem im 14. und 15. Jahrhundert weitere Verbreitung.

Das vorliegende Gemälde, das zeitlich um 1410 einzuordnen ist, steht der Madonna mit Kind auf einem Thron, flankiert von der hl. Katharina und dem hl. Franziskus im Museo Stibbert, Florenz (Inv.-Nr. 12917) sowie der Madonna mit Kind auf einem Thron, umgeben von Johannes dem Täufer, einem heiligen Bischof und den Heiligen Katharina und Dorothea, vormals in der Sammlung Enrico Frascione und heute in einer Privatsammlung, nahe. Der Meister legt in diesen Werken einen spätgotischen Stil an den Tag, der sich durch einen sanften, liebevollen Ausdruck in Verbindung mit verfeinert-eleganten Körperhaltungen auszeichnet. Der Künstler setzt bewegte Gestalten in weiten Gewändern mit tiefen Faltenwürfen ins Bild und vermittelt in einem Spiel der Blicke die Empfindungen seiner Figuren durch aussagekräftige Mimik. Mögliche Vorbilder waren das mit 1408 datierte Gemälde Madonna mit Kind, Heiligen und Engeln von Lorenzo Monaco in der Galleria dell’ Accademia, Florenz (Inv.-Nr. 470) oder der mittlerweile in alle Winde verstreute Flügelaltar Mariottos aus demselben Jahr, entstanden für Santo Stefano in Pane in Florenz (Baldini 2005, S. 268).

Der Maler war insbesondere in Florenz im ausgehenden Trecento und in den ersten beiden Dekaden des Quattrocento tätig. Der erste Kunsthistoriker, der sich des Meisters von St. Ivo annahm, war Federico Zeri, der 1967 dem „Maestro della Madonna della Christ Church Gallery“ eine Reihe von Werken zuordnete. 1975 fasste Miklos Boskovits fünfunddreißig zwischen 1380 und 1420 datierte Gemälde zusammen; in jüngerer Zeit hat Costanza Baldini diesbezügliche Forschungen unternommen.

Der Name des anonymen Meisters rührt von einer Tafel mit dem Bildthema Der hl. Ivo lässt Gerechtigkeit walten im Palazzo di Parte Guelfa, Florenz, her. Der Meister von St. Ivo wurde vermutlich in der Werkstatt von Agnolo Gaddi ausgebildet und stand unter dem Einfluss von Mariotto di Nardo und Lorenzo di Niccolò (siehe M. Boskovits, Pittura fiorentina alla vigilia del Rinascimento: 1370–1400, Florenz 1975, S. 376). In den 1380er-Jahren schuf er die Fresken in der Cappella Maggiore in Santa Croce in Florenz. Er spezialisierte sich in der Folge auf auf Holz gemalte Andachtsbilder, wofür das vorliegende Gemälde ein Beispiel ist.

Technische Untersuchung:
Eine zarte, akkurate Unterzeichnung umreißt präzise die Umrisse der Figuren. Darüber wurden mit weichem Pinsel die Farben aufgetragen.

Wertvolles Ultramarin aus vermahlenem Lapislazuli kam in den Blaubereichen zum Einsatz: im Mantel der Madonna, im Kleid des hl. Julianus und im Hellblau des Gewandes des Kindes. Grüntöne wurden vor allem durch die Mischung von bleibasiertem Gelb und Azurit gewonnen. Ein Rotlack auf Cochenillenbasis von guter Qualität fand im Kleid der Madonna und im Umhang des Täufers Verwendung. Gold wurde sorgfältig im Bereich der Verzierungen der Gewänder und auf der Stufe des Throns aufgetragen.

Wir danken Gianluca Poldi für die Durchführung der technischen Untersuchung des vorliegenden Gemäldes.

30.04.2019 - 17:00

Erzielter Preis: **
EUR 50.300,-
Schätzwert:
EUR 30.000,- bis EUR 40.000,-

Meister von St. Ivo


(Florenz, tätig um 1390–1415)
Madonna mit Kind, Johannes dem Täufer und Julianus Hospitator,
Tempera auf Goldgrundtafel, oberer Abschluss spitzbogig, Gesamtmaße 62 x 36,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Sammlung Ina Therese Campbell (1855–1952), Santa Barbara (als unbekannter Nachfolger von Agnolo Gaddi);

deren Schenkung an das Santa Barbara Museum of Art, Kalifornien, 1953 (als Meister von St. Ivo);
deren Auktion, Christie’s, New York, 11. Januar 1991, Lot 3 (als Meister von St. Ivo);
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Literatur:
B. B. Fredericksen, F. Zeri, Census of Pre-Nineteenth-Jahrhundert Italian Paintings in North American Public Collections, Cambridge 1972, S. 220 (als Florentinisch, 14. Jahrhundert);

C. Baldini, Il Maestro di Sant’Ivo. Ritratto di un pittore fiorentino a cavallo tra XIV e XV secolo, Rom 2004, S. 42, 101, Nr. 44;
C. Baldini, Il Maestro di Sant’Ivo: profilo di un pittore fiorentino a cavallo tra XIV e XV secolo, in: Arte Cristiana, Mailand 2005, XCIII, 829, S. 267f. sowie Anhang S. 276, Nr. 44

Das vorliegende Gemälde ist in der Fototeca Zeri als Werk des „Maestro di Sant’Ivo“ verzeichnet (Nr. 3352).

Der Thron der Madonna des vorliegenden Gemäldes verfügt über keine Rückenlehne, sodass nur sein mittig platziertes Podest sichtbar wird, was dem Bild räumliche Tiefe verleiht. Mit der rechten Hand gibt die Madonna dem bemerkenswert bewegt dargestellten Kind die Brust. Die Kompositionsformel der Maria lactans nahm in den 1360er- und 1370er-Jahren von der Werkstatt Orcagnas ihren Ausgang und fand vor allem im 14. und 15. Jahrhundert weitere Verbreitung.

Das vorliegende Gemälde, das zeitlich um 1410 einzuordnen ist, steht der Madonna mit Kind auf einem Thron, flankiert von der hl. Katharina und dem hl. Franziskus im Museo Stibbert, Florenz (Inv.-Nr. 12917) sowie der Madonna mit Kind auf einem Thron, umgeben von Johannes dem Täufer, einem heiligen Bischof und den Heiligen Katharina und Dorothea, vormals in der Sammlung Enrico Frascione und heute in einer Privatsammlung, nahe. Der Meister legt in diesen Werken einen spätgotischen Stil an den Tag, der sich durch einen sanften, liebevollen Ausdruck in Verbindung mit verfeinert-eleganten Körperhaltungen auszeichnet. Der Künstler setzt bewegte Gestalten in weiten Gewändern mit tiefen Faltenwürfen ins Bild und vermittelt in einem Spiel der Blicke die Empfindungen seiner Figuren durch aussagekräftige Mimik. Mögliche Vorbilder waren das mit 1408 datierte Gemälde Madonna mit Kind, Heiligen und Engeln von Lorenzo Monaco in der Galleria dell’ Accademia, Florenz (Inv.-Nr. 470) oder der mittlerweile in alle Winde verstreute Flügelaltar Mariottos aus demselben Jahr, entstanden für Santo Stefano in Pane in Florenz (Baldini 2005, S. 268).

Der Maler war insbesondere in Florenz im ausgehenden Trecento und in den ersten beiden Dekaden des Quattrocento tätig. Der erste Kunsthistoriker, der sich des Meisters von St. Ivo annahm, war Federico Zeri, der 1967 dem „Maestro della Madonna della Christ Church Gallery“ eine Reihe von Werken zuordnete. 1975 fasste Miklos Boskovits fünfunddreißig zwischen 1380 und 1420 datierte Gemälde zusammen; in jüngerer Zeit hat Costanza Baldini diesbezügliche Forschungen unternommen.

Der Name des anonymen Meisters rührt von einer Tafel mit dem Bildthema Der hl. Ivo lässt Gerechtigkeit walten im Palazzo di Parte Guelfa, Florenz, her. Der Meister von St. Ivo wurde vermutlich in der Werkstatt von Agnolo Gaddi ausgebildet und stand unter dem Einfluss von Mariotto di Nardo und Lorenzo di Niccolò (siehe M. Boskovits, Pittura fiorentina alla vigilia del Rinascimento: 1370–1400, Florenz 1975, S. 376). In den 1380er-Jahren schuf er die Fresken in der Cappella Maggiore in Santa Croce in Florenz. Er spezialisierte sich in der Folge auf auf Holz gemalte Andachtsbilder, wofür das vorliegende Gemälde ein Beispiel ist.

Technische Untersuchung:
Eine zarte, akkurate Unterzeichnung umreißt präzise die Umrisse der Figuren. Darüber wurden mit weichem Pinsel die Farben aufgetragen.

Wertvolles Ultramarin aus vermahlenem Lapislazuli kam in den Blaubereichen zum Einsatz: im Mantel der Madonna, im Kleid des hl. Julianus und im Hellblau des Gewandes des Kindes. Grüntöne wurden vor allem durch die Mischung von bleibasiertem Gelb und Azurit gewonnen. Ein Rotlack auf Cochenillenbasis von guter Qualität fand im Kleid der Madonna und im Umhang des Täufers Verwendung. Gold wurde sorgfältig im Bereich der Verzierungen der Gewänder und auf der Stufe des Throns aufgetragen.

Wir danken Gianluca Poldi für die Durchführung der technischen Untersuchung des vorliegenden Gemäldes.


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 30.04.2019 - 17:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 20.04. - 30.04.2019


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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