Lot Nr. 17


Monogrammist δ.ϑ (D. Th), Doménikos Theotokópoulos, gen. El Greco, zugeschrieben


Monogrammist δ.ϑ (D. Th), Doménikos Theotokópoulos, gen. El Greco, zugeschrieben - Alte Meister

(Heraklion 1541–1614 Toledo)
Die Hochzeit zu Kana,
monogrammiert oben: δ.ϑ,
Öl auf Holz, 39 x 30 cm, gerahmt

Provenienz:
Auktion, Finarte, 14. Juni 1988, Lot 23 (als Scuola Veneto-Cretese del XVI secolo);
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Wir danken Maria Paphiti für ihre Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Gemäldes.

Dargestellt ist hier das erste Wunder Christi, die Verwandlung von Wasser in Wein bei der Hochzeit zu Kana in Galiläa (Joh. 2:1–11). Die Komposition nimmt Bezug auf zwei Gemälde desselben Bildthemas. Das eine befindet sich mit einer Zuschreibung an Michael Damaskenos im Museo Correr (siehe Abb. 1), bei dem anderen handelt es sich um ein monumentales Werk von Jacopo Robusti, gen. Tintoretto, in der Sakristei der Basilika Santa Maria della Salute in Venedig (siehe Abb. 2).

Obgleich das Correr-Bild Tintorettos Werk größtenteils folgt, hat der Künstler subtil zahlreiche ikonografische Details verändert. So hat er den einfachen Steinboden Tintorettos durch einen Fliesenboden ersetzt. Die Figuren auf der linken Seite des Tisches unterscheiden sich. Der Künstler des Correr-Bildes scheint ganz bestimmte Männer porträtiert und ihren unterschiedlichen Gesichtszügen besondere Aufmerksamkeit geschenkt zu haben, im Gegensatz zu anderen Figuren des Bildes. Darüber hinaus hat der Maler des Correr-Bildes Tintorettos umstehende Figuren links des Tisches gegen drei Musikanten ausgetauscht. Zudem hat er unter das bestickte weiße Tischtuch einen Orientteppich gelegt und die zur Schau gestellten Silbergefäße an der rechten Wand hervorgehoben, indem er ein höheres, dreistöckiges Möbelstück gewählt hat.

Die hier besprochene Hochzeit zu Kana weist gegenüber den oben erwähnten Gemälden größere Unterschiede auf als jene, welche diese beiden Bilder voneinander trennen. Die dargestellte Menschenversammlung ist deutlich reduziert, und das Ereignis findet in einem abgeschlosseneren Raum dar, nicht in einer Loggia. Der Künstler hat sich dafür entschieden, nur zwei Seiten des Zimmers zu zeigen. Die linke Wand wird von drei Fensteröffnungen unterteilt, und es wurden Elemente hinzugefügt, die auf den anderen Bildern an der rechten Wand erscheinen, etwa die Tür und das Regal mit dem Silberzeug. Die zweite Tür und den Wandbrunnen hat er weggelassen, dafür ist ein an einer Seite zurückgebundener Vorhang dargestellt. Auf der rückseitigen Wand gibt es eine bogenförmige Öffnung mit zwei neu eingeführten Motiven: einem herabhängenden Feston und flankierenden Kerzenhaltern. Die hervortretenden kreisförmigen und konischen Schmuckelemente der Kassettendecke des vorliegenden Bildes sind kleiner und weniger prominent, wobei die davon abgehängten festlichen Fähnchen zur Gänze fehlen. Es ist auf dem vorliegenden Gemälde nur eine einzelne Fahne dieser Art zu sehen, die an der Girlande in der bogenförmigen Öffnung befestigt ist. Eine weitere Abweichung ist der gewählte Blickwinkel, der sich deutlich von den Gemälden Tintorettos und des Museo Correr unterscheidet. Der Standpunkt des Betrachters wurde einen Schritt nach rechts verlegt, was es ihm erlaubt, diagonal über den Tisch zu blicken, sodass auch die Rücken der rechts sitzenden Personen sichtbar werden. Eine weitere, in ihrer Symbolik und künstlerischen Motivation bedeutsam anmutende Veränderung besteht darin, dass Christus und seine Mutter vom Tischende, wo sie auf dem Bild Tintorettos und jenem des Museo Correr erscheinen, versetzt wurden: hier sind sie auf dem ersten Stuhl rechts beziehungsweise auf dem zweiten Stuhl auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches platziert. Am Tischende sind hier ein Jüngling mit Hut und daneben ein älterer kahlköpfiger Mann zu sehen.

Zwar unterscheidet sich das besprochene Gemälde sowohl vom Bild Tintorettos als auch von jenem des Museo Correr, doch weist es mit dem Correr-Bild auch ein paar Gemeinsamkeiten auf. Der Maler unseres Bildes hat die dreigeschossige Anrichte für die Zurschaustellung des Silbergeschirrs übernommen, dabei jedoch nur Teller und eine einzelne Vase dargestellt. Was die Figuren angeht, hat der Künstler nur zwei der allerlei kleine Arbeiten verrichtenden Dienstboten im Vordergrund dargestellt, nämlich jene mit den ausladendsten Haltungen. Der von hinten gesehene Mann im Kontrapost mit dem Urnengefäß links ist ein Spiegelbild des Mannes in der rechten unteren Ecke des Correr-Bildes. Auch der zweite, kniend dargestellte Diener, der ebenfalls in gedrehter Körperhaltung wiedergegeben ist und Wasser in eine Schale gießt, hat keine Entsprechung auf den beiden andere Gemälden, was nahelegt, dass es sich um eine Erfindung des Künstlers handelt.

Obschon es beim vorliegenden Gemälde und vor allem beim Correr-Bild Bezugnahmen auf Tintorettos Gemälde gibt, sind nichtsdestotrotz beide stilistisch von ihm weit entfernt. Aber tatsächlich gibt es zahlreiche gemeinsame technische Merkmale, etwa den mit Gesso grundierten Bildträger Holz, eine ähnliche Unterzeichnung und die Aufbringung von Blattgold, mit dem viele Details der Maloberfläche gehöht wurden. Die vorliegende Tafel scheint jedoch freier ausgeführt als das Correr-Bild. Die Pinselführung ist malerischer, die Faltenwürfe scheinen flüssiger, und die gesamte Komposition macht einen helleren und leichteren Eindruck. Es steht zu vermuten, dass die Künstler dieser beiden Gemälde denselben kulturellen Hintergrund hatten, jedoch unterschiedliche Malstile ausbildeten. Der Maler des vorliegenden Bildes ist stärker von der „Vorbildkomposition“ Tintorettos abgewichen, vor allem, indem er Christus vom Kopf der Tafel nach rechts vorne versetzt hat. Diese Veränderung diente einem doppelten Zweck. Indem er Christus in den Vordergrund gebracht hat, konnte er zum einen jenen bedeutsamen Augenblick einfangen, in dem sich das Wunder vollzog, während das Mahl im Gange war. Die beiden anderen Gemälde zeigen die Hochzeitsfeier, die erst begonnen hat, wovon die leeren Gläser und die von den Gästen noch unangetasteten Teller zeugen. Zweitens wurden dadurch die Plätze am oberen Ende der Tafel frei, was dem Künstler die Möglichkeit gab, sie jenen zuzuweisen, die er womöglich als besonders wichtig erachtete. Man fragt sich mit Recht, wer der Jüngling und der alte Mann neben ihm sind.

Technisch sind sich die Fassung des Museo Correr und das vorliegende Gemälde ziemlich ähnlich und lassen an die Grundlagen der Ikonenmalerei denken. Der Verbindung byzantinischer Merkmale mit zeitgenössischen Entwicklungen der italienischen Renaissance begegnet man üblicherweise bei Kunstwerken aus orthodoxen Ländern, die unter der Kolonialherrschaft Venedigs standen. Dort wurden die regionalen Künstler in der traditionellen Ikonenmalerei ausgebildet, doch viele von ihnen gaben ihr Handwerk später unter dem Einfluss künstlerischer Tendenzen der Renaissance zum Teil auf oder passten es an. Auch ihre Auftraggeber, die nun einem kulturellen Umfeld ausgesetzt waren, das stark vom Westen beeinflusst war, orientierten sich um.

Die oben beschriebene Praxis findet sich bei vielen Künstlern der venezianischen Kolonien in Griechenland, von denen einige auch in Italien, vor allem in Venedig, wirkten. Erwähnt seien hier Georgios Klontzas, Michael Damaskenos und El Greco, deren Tätigkeit in jenen Zeitraum fiel, in dem das vorliegende Kunstwerk entstanden ist.

Eine Zuschreibung an El Greco:

Die hier angebotene Hochzeit zu Kana wurde von einem versierten Künstler ausgeführt, der es vermochte, Details wiederzugeben, und der in seinem Denken erfinderisch war, was die Einführung von Neuerungen belegt, die konzeptuell als herausfordernd gegolten haben mochten, etwa das Auswechseln Christi gegen den jungen Mann am Kopf der Tafel.

Die von der Girlande im Torbogen abgehängte Fahne ist mit den Buchstaben δ.ϑ bezeichnet. Es handelt sich um die Initialen in Form griechischer Minuskeln des Künstlernamens Δομήνικος Θεοτοκόπουλος, Doménikos Theotokópoulos. Vergleichbare Initialen erscheinen auf der Stirn des Löwen auf dem Gemälde Madonna mit den Heiligen Martina und Agnes in der National Gallery, Washington (siehe Abb. 4). Die technische Untersuchung des Monogramms des vorliegenden Gemäldes hat die Übereinstimmung und Vereinbarkeit mit der umgebenden Maloberfläche bestätigt (siehe den nachstehenden technischen Bericht).

Trotz des positiven technischen Befunds könnte man an der Zuschreibung des vorliegenden Bildes an El Greco immer noch Zweifel hegen – u. a. wegen des Gesamteindrucks einer größeren Zurückhaltung in der Ausführung gegenüber anderen Werken aus der Frühzeit des Künstlers. Bei näherer Betrachtung offenbaren sich jedoch Details, die Arbeiten aus El Grecos früher Schaffenszeit in Venedig unmittelbar vergleichbar sind.

Die Häupter der Muttergottes und der Frau neben ihr, beide im Dreiviertelprofil und etwas gelängt wiedergegeben, Letztere mit geöffneten Lippen, gleichen anderen Figuren des Künstlers, etwa der Muttergottes der Anbetung der Hirten des Agnes Etherington Arts Centre sowie der Anbetung der Könige im Museo de Lázaro Galdiano; ebenso der Frau in der Heilung des Blinden in Parma, die auch in späteren Schaffensphasen des Künstlers in Erscheinung tritt, etwa in der Grablegung in der Nationalgalerie in Athen und in der Pieta im Philadephia Museum of Art. El Greco hat auch stets das purpurne byzantinische Maphorion der Gottesmutter gegen einen blauen Mantel getauscht, mit Ausnahme seiner beiden Ikonen in Griechenland mit der Entschlafung der Gottesmutter und dem Heiligen Lukas, wo die Jungfrau Maria ihr traditionelles byzantinisches Gewand trägt.

Kragen und vorderer Verschluss des sattgrünen Gewandes des älteren Mannes am oberen Tischende sind golden eingefasst – vergleichbar der Goldborte entlang des Saums des Mantels von gleicher Farbe auf einer erst kürzlich aufgefundenen signierten Ikone El Grecos mit einer Darstellung des heiligen Demetrios (man beachte die passagenweise doppelt laufenden goldenen Linien, etwa auf der Brust des alten Mannes und größtenteils entlang des Saumes des Umhangs des heiligen Demetrios). Das satte Zypressengrün war offenbar eine Lieblingsfarbe des Künstlers. Man begegnet ihm auch anderswo, etwas hier beim Türvorhang links oder bei dem von der Decke abgehängten Tuch des Letzten Abendmahls in der Pinacoteca Nazionale di Bologna. Mit Letzterem teilt die vorliegende Hochzeit zu Kana zwei weitere Merkmale: den geraden Türsturz und den pastellfarbenen Fliesenboden, der sehr oft im Spätwerk El Grecos wiederkehrt, etwa bei der Fußwaschung des Ferrara-Triptychons und der Verkündigung im Prado. Die Musikanten im Hintergrund und insbesondere ihre Kopfbedeckungen erinnern an das Figurenpaar in der Anbetung der Hirten im J. F. Willumsen Museum.

Die drei Musikanten und der stehende Mann mit erhobenem Arm, der Jüngling und der bärtige Alte am Tischende, die Muttergottes, die Glasgefäße und der kniende Mann im Vordergrund offenbaren allesamt die große künstlerische Befähigung des ausführenden Malers. Zu beachten ist, dass Gesichtszüge, Hemd und Hut des jungen Mannes am Kopf der Tafel im Grunde mit jenen der knienden Figur im Vordergrund identisch sind, was den Schluss zulässt, dass der Gastgeber und der Diener ein und derselbe sind und es sich scheinbar um eine reale Person handelt, möglicherweise um den Künstler selbst. Dass eine bestimmte Person gemeint ist, wird durch die Aufmachung des jungen Mannes unterstrichen. Anders als die anderen Männer ist er nicht dem Anlass entsprechend formell gekleidet. Stattdessen ist er der einzige am Tisch, der einfache Kleidung und einen Alltagshut trägt, wodurch er sich von den anderen Gästen abhebt und wie ein Außenseiter anmutet. Zu seiner Rechten sitzt die von allen am elegantesten gekleidete Frau in einem Gewand der damaligen Mode; um ihren Hals trägt sie eine Kette mit einem goldenen Anhänger und erinnert damit an Tizians Porträt eines Mädchens im Capodimonte in Neapel. Bei ihr handelt es sich höchstwahrscheinlich um die Braut. Einen offensichtlichen Bräutigam gibt es nicht – es sei denn, dass auch diese Rolle von dem jungen Mann eingenommen wird.

Conclusio:

Es kann mit Sicherheit gesagt werden, dass das vorliegende Gemälde aus Venedig stammt, zumal die Quellen seiner Bildfindung dort vorzufinden waren. Es ist zweifellos nach 1561 entstanden, als Tintoretto die Urfassung dieser Komposition schuf. Unser Bild wurde vermutlich nach der Fassung des Museo Correr gemalt, die sich in einem Zwischenstadium zwischen Tintorettos Bild und dem hier besprochenen Gemälde befindet. Die technischen Eigenschaften offenbaren einen mit der Ikonenmalerei vertrauten Künstler, was sich jedoch im Fall der vorliegende Tafel auf den ersten Blick hinter einer aus der Renaissance schöpfenden Ausführung versteckt. Während der Entstehungszeit des Bildes waren, wie bereits eingangs erwähnt, griechische Ikonenmaler in Venedig tätig. Die vorliegende Hochzeit zu Kana unterscheidet sich von den figurenreichen und miniaturhaft dargestellten Kompositionen Klontzas’; sie ist nicht vereinbar mit der distanzierten und eingeschränkteren Darstellungsweise Damaskenos’. Stilistisch lässt sich das vorliegende Gemälde jedoch mit Werken des jungen El Greco vergleichen.

Die fließende Ausführung der Faltenwürfe des Vorhangs, des Tischtuchs und des von Christus getragenen Chitons sowie das lebendig dargestellte Gewand der Muttergottes erinnern an den frühen Stil El Grecos. Etwaige Schwächen und die zurückgenommene Agilität im Vergleich zu anderen frühen Arbeiten des Künstlers lassen sich im Zusammenhang damit verstehen, dass es sich bei diesem Gemälde offenbar um ein Übungsstück handelte. Auf Basis eines weiteren Bildes – des größeren, komplexeren und anspruchsvolleren Gemäldes des Museo Correr – unternahm er den Versuch, seine eigene, halbautonome Fassung zu schaffen. Zweifellos offenbaren sich hier seine Verweigerung des bloßen Kopierens, sein Drang zum Experiment und damit zum Einbringen eigener Vorstellungen, sein Anspruch der Vorführung seines Könnens. Zutage tritt ein selbstbewusster, jedoch ungeduldiger Künstler, der sich noch auf der Suche befand. Das Monogramm δ.ϑ fügt sich überzeugend und homogen in die Komposition, sodass dieses Werk zu Recht Doménikos Theotokópoulos, gen. El Greco, zugeschrieben werden kann. Bei dieser Hochzeit zu Kana, die ebenso gut als Einzelbild wie, aufgrund ihres kleinen Formats, als Teil eines Ensembles fungiert haben könnte, scheint es sich um eines der frühesten Werke zu handeln, an denen der Künstler 1567/1568 in Venedig arbeitete.

Dieses Werk kann als eines der fehlenden Glieder jener Kette gelten, welche El Grecos künstlerischen Wandlungsprozess zwischen seiner Abreise aus Kreta und seiner Assimilation an die Kunstproduktion Italiens beschreibt. Letztendlich schenkt uns der Künstler mit diesem Bild auch ein wunderbares Porträt – jenes der zentralen Figur der Komposition, die gleich mehrere Rollen spielt: die des Gastgebers und Dieners, aber auch die des Bräutigams. Das Bild mag daher ohne Weiteres als Selbstporträt gelten.

Technische Analyse:

Das Gemälde wurde mehreren nichtinvasiven Untersuchungen unterzogen, ausgeführt von Gianluca Poldi und Manfred Schreiner unter Anwendung von IRR, UV-Licht, Röntgenstrahlen, optischer Mikroskopie, Reflexionsspektroskopie mit sichtbarem Licht (vis-RS) und Röntgenfluoreszenz (XRF). Bitte wenden Sie sich an die Abteilung.

Das Werk ist auf einer aus einem Stück bestehenden, subtangential geschnittenen Holztafel (möglicherweise Zypresse) gemalt, in deren unterem Teil sich ein Astloch befindet. Die Tafel wurde dünner gearbeitet.

Unterzeichnung:

Mittels Infrarotreflektografie (IRR) wird eine dünne Umrisszeichnung unter Figuren und zahlreichen Details sichtbar – sowohl im Kurzwellenbandbereich (ab 0,8–1 Mikron; mit modifizierter Kamera) als auch im langwelligeren Bereich (bis zu 1,7 Mikron; mit InGaAs-Detektor). Die Unterzeichnung erscheint präzise, aber auch ziemlich frei, was den Schluss zulässt, dass kein Karton oder keine ähnliche Übertragungsmethode Anwendung fand. Einige Details der Unterzeichnung sind zum Teil mit bloßem Auge sichtbar – dort, wo die Pigmente verblasst sind oder sich verfärbt haben und der Brechungsindex des Sikkativs sich verändert hat. Sie wurde mit schwarzer Tinte und vermutlich einer Feder oder einem sehr dünnen Pinsel ausgeführt. Die Tinte enthält ein Pigment auf Kohlenstoffbasis, könnte aber auch eine Mischung aus kohlenstoffbasierter Tinte und Eisengallustinte sein, was erklären könnte, warum sie in manchen Bereichen lesbarer ist. Wie auf Detailaufnahmen gut zu sehen ist, sind die Merkmale der Unterzeichnung ungewöhnlich: kurze, häufig unterbrochene Linien, zuweilen kleinteilige Punkte, die im Bereich der kleineren Figuren und Gesichter sichtbar sind. Die Unterzeichnung definiert die Umrisse der Figuren und der Architektur sowie die Faltenwürfe, die zuweilen nur angedeutet werden.

Monogramm:

Das mit Gold gemalte, aus den griechischen Kleinbuchstaben „δ“ (Delta-Omikron) und „ϑ“ (Theta) zusammengesetzte Monogramm auf der von der Girlande abgehängten Fahne scheint, wie Aufnahmen unter UV- und IR-Licht sowie unter dem Mikroskop zeigen, original und mit der Malschicht kohärent zu sein: Die Buchstaben wurden über einer dünnen gelbraunen, ein strahlendes helles Gelb enthaltenden Lasur ausgeführt, wofür innerhalb des mit Azurit gemalten blauen Himmels Platz ausgespart wurde. Über den Schriftzeichen sind ein Paar Linien, von denen die obere breiter als die untere ist, angelegt, die nahelegen, dass es sich bei den Buchstaben um Abkürzungen handelt.

Ähnliche Ligaturen finden sich auf mehreren Gemälden El Grecos, die in griechischen Kleinbuchstaben mit Doménikos Theotokópoulos signiert sind, u. a. beim Heiligen Hieronymus (1590–1600) der Frick Collection in New York sowie beim Heiligen Andreas und beim Heiligen Franziskus im Prado in Madrid.

Technische Analyse mit El Grecos Gemälden:

El Grecos Maltechnik, einschließlich die seiner italienischen Periode, wurde von Carmen Garrido vom Museo del Prado untersucht Museum. Ihre Forschungen haben wichtige Erkenntnisse zutage gebracht, die zum Verständnis der technischen Merkmale seines Werks beitragen.

Hinsichtlich der Unterzeichnung des vorliegenden Gemäldes, die dünn und linear ist sowie durch das häufige Absetzen des schmalen Pinsels oder der Feder vom weißen Grund unterbrochen und daher in manchen Bereichen sehr nervös und flatternd erscheint, weist dieses Gemälde deutliche Gemeinsamkeiten mit dem Modena-Triptychon und der Taufe Christi auf, die sich heute im Historischen Museum von Kreta in Heraklion befindet, ebenso mit der Verkündigung des Prado und der Anbetung der Könige im Benaki-Museum in Athen, bei welcher es sich um eines der ersten in Italien entstandenen Werke El Grecos handeln könnte.

Die Zeichnung gleicht auch der schwarzen Unterzeichnung, die durch das rote Gewand der Gottesmutter in der Beweinung im Philadelphia Museum of Art durchscheint. Vergleicht man die Unterzeichnung des vorliegenden Gemäldes mit jener der erst kürzlich entdeckten kleinen Ikonentafel mit dem heiligen Demetrios in einer Privatsammlung, die mit „XEIΡ ΔΟΜΗΝÏΚΟY“ (Hand des Doménikos) signiert ist und von der man glaubt, dass sie in El Grecos späten Jahren auf Kreta oder am Beginn seiner venezianischen Periode entstanden ist, sind dieselbe Umsetzung der Zeichnung und eine ähnliche Linienführung feststellbar. Weitere Beispiele kann die Abteilung nennen.

Conclusio:

Viele technische Eigenschaften, darunter die eigenwillige Art der Unterzeichnung, stimmen mit El Grecos Technik zu Beginn seiner italienischen Zeit zwischen 1567 und etwa 1570 überein. Das goldene Monogramm auf der von der Girlande herabhängenden Fahne deckt sich mit der Signatur des Doménikos Theotokópoulos.

Der in El Grecos Werkkorpus wahrnehmbare eindrucksvolle und rasche technische und stilistische Wandel von seiner Frühzeit als Ikonenmaler auf Kreta bis zu seiner späten venezianischen Periode ist größer als die Kluft zwischen seiner venezianischen und seiner spanischen Zeit. Aufgrund des Fehlens so mancher zentraler Werke, die beispielhaft für grundlegende stilistische Veränderungen stehen, ist es schwierig, die Entwicklung im Schaffen des Künstlers nachzuvollziehen.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

old.masters@dorotheum.com

09.06.2020 - 16:00

Erzielter Preis: **
EUR 56.550,-
Schätzwert:
EUR 30.000,- bis EUR 50.000,-

Monogrammist δ.ϑ (D. Th), Doménikos Theotokópoulos, gen. El Greco, zugeschrieben


(Heraklion 1541–1614 Toledo)
Die Hochzeit zu Kana,
monogrammiert oben: δ.ϑ,
Öl auf Holz, 39 x 30 cm, gerahmt

Provenienz:
Auktion, Finarte, 14. Juni 1988, Lot 23 (als Scuola Veneto-Cretese del XVI secolo);
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Wir danken Maria Paphiti für ihre Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Gemäldes.

Dargestellt ist hier das erste Wunder Christi, die Verwandlung von Wasser in Wein bei der Hochzeit zu Kana in Galiläa (Joh. 2:1–11). Die Komposition nimmt Bezug auf zwei Gemälde desselben Bildthemas. Das eine befindet sich mit einer Zuschreibung an Michael Damaskenos im Museo Correr (siehe Abb. 1), bei dem anderen handelt es sich um ein monumentales Werk von Jacopo Robusti, gen. Tintoretto, in der Sakristei der Basilika Santa Maria della Salute in Venedig (siehe Abb. 2).

Obgleich das Correr-Bild Tintorettos Werk größtenteils folgt, hat der Künstler subtil zahlreiche ikonografische Details verändert. So hat er den einfachen Steinboden Tintorettos durch einen Fliesenboden ersetzt. Die Figuren auf der linken Seite des Tisches unterscheiden sich. Der Künstler des Correr-Bildes scheint ganz bestimmte Männer porträtiert und ihren unterschiedlichen Gesichtszügen besondere Aufmerksamkeit geschenkt zu haben, im Gegensatz zu anderen Figuren des Bildes. Darüber hinaus hat der Maler des Correr-Bildes Tintorettos umstehende Figuren links des Tisches gegen drei Musikanten ausgetauscht. Zudem hat er unter das bestickte weiße Tischtuch einen Orientteppich gelegt und die zur Schau gestellten Silbergefäße an der rechten Wand hervorgehoben, indem er ein höheres, dreistöckiges Möbelstück gewählt hat.

Die hier besprochene Hochzeit zu Kana weist gegenüber den oben erwähnten Gemälden größere Unterschiede auf als jene, welche diese beiden Bilder voneinander trennen. Die dargestellte Menschenversammlung ist deutlich reduziert, und das Ereignis findet in einem abgeschlosseneren Raum dar, nicht in einer Loggia. Der Künstler hat sich dafür entschieden, nur zwei Seiten des Zimmers zu zeigen. Die linke Wand wird von drei Fensteröffnungen unterteilt, und es wurden Elemente hinzugefügt, die auf den anderen Bildern an der rechten Wand erscheinen, etwa die Tür und das Regal mit dem Silberzeug. Die zweite Tür und den Wandbrunnen hat er weggelassen, dafür ist ein an einer Seite zurückgebundener Vorhang dargestellt. Auf der rückseitigen Wand gibt es eine bogenförmige Öffnung mit zwei neu eingeführten Motiven: einem herabhängenden Feston und flankierenden Kerzenhaltern. Die hervortretenden kreisförmigen und konischen Schmuckelemente der Kassettendecke des vorliegenden Bildes sind kleiner und weniger prominent, wobei die davon abgehängten festlichen Fähnchen zur Gänze fehlen. Es ist auf dem vorliegenden Gemälde nur eine einzelne Fahne dieser Art zu sehen, die an der Girlande in der bogenförmigen Öffnung befestigt ist. Eine weitere Abweichung ist der gewählte Blickwinkel, der sich deutlich von den Gemälden Tintorettos und des Museo Correr unterscheidet. Der Standpunkt des Betrachters wurde einen Schritt nach rechts verlegt, was es ihm erlaubt, diagonal über den Tisch zu blicken, sodass auch die Rücken der rechts sitzenden Personen sichtbar werden. Eine weitere, in ihrer Symbolik und künstlerischen Motivation bedeutsam anmutende Veränderung besteht darin, dass Christus und seine Mutter vom Tischende, wo sie auf dem Bild Tintorettos und jenem des Museo Correr erscheinen, versetzt wurden: hier sind sie auf dem ersten Stuhl rechts beziehungsweise auf dem zweiten Stuhl auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches platziert. Am Tischende sind hier ein Jüngling mit Hut und daneben ein älterer kahlköpfiger Mann zu sehen.

Zwar unterscheidet sich das besprochene Gemälde sowohl vom Bild Tintorettos als auch von jenem des Museo Correr, doch weist es mit dem Correr-Bild auch ein paar Gemeinsamkeiten auf. Der Maler unseres Bildes hat die dreigeschossige Anrichte für die Zurschaustellung des Silbergeschirrs übernommen, dabei jedoch nur Teller und eine einzelne Vase dargestellt. Was die Figuren angeht, hat der Künstler nur zwei der allerlei kleine Arbeiten verrichtenden Dienstboten im Vordergrund dargestellt, nämlich jene mit den ausladendsten Haltungen. Der von hinten gesehene Mann im Kontrapost mit dem Urnengefäß links ist ein Spiegelbild des Mannes in der rechten unteren Ecke des Correr-Bildes. Auch der zweite, kniend dargestellte Diener, der ebenfalls in gedrehter Körperhaltung wiedergegeben ist und Wasser in eine Schale gießt, hat keine Entsprechung auf den beiden andere Gemälden, was nahelegt, dass es sich um eine Erfindung des Künstlers handelt.

Obschon es beim vorliegenden Gemälde und vor allem beim Correr-Bild Bezugnahmen auf Tintorettos Gemälde gibt, sind nichtsdestotrotz beide stilistisch von ihm weit entfernt. Aber tatsächlich gibt es zahlreiche gemeinsame technische Merkmale, etwa den mit Gesso grundierten Bildträger Holz, eine ähnliche Unterzeichnung und die Aufbringung von Blattgold, mit dem viele Details der Maloberfläche gehöht wurden. Die vorliegende Tafel scheint jedoch freier ausgeführt als das Correr-Bild. Die Pinselführung ist malerischer, die Faltenwürfe scheinen flüssiger, und die gesamte Komposition macht einen helleren und leichteren Eindruck. Es steht zu vermuten, dass die Künstler dieser beiden Gemälde denselben kulturellen Hintergrund hatten, jedoch unterschiedliche Malstile ausbildeten. Der Maler des vorliegenden Bildes ist stärker von der „Vorbildkomposition“ Tintorettos abgewichen, vor allem, indem er Christus vom Kopf der Tafel nach rechts vorne versetzt hat. Diese Veränderung diente einem doppelten Zweck. Indem er Christus in den Vordergrund gebracht hat, konnte er zum einen jenen bedeutsamen Augenblick einfangen, in dem sich das Wunder vollzog, während das Mahl im Gange war. Die beiden anderen Gemälde zeigen die Hochzeitsfeier, die erst begonnen hat, wovon die leeren Gläser und die von den Gästen noch unangetasteten Teller zeugen. Zweitens wurden dadurch die Plätze am oberen Ende der Tafel frei, was dem Künstler die Möglichkeit gab, sie jenen zuzuweisen, die er womöglich als besonders wichtig erachtete. Man fragt sich mit Recht, wer der Jüngling und der alte Mann neben ihm sind.

Technisch sind sich die Fassung des Museo Correr und das vorliegende Gemälde ziemlich ähnlich und lassen an die Grundlagen der Ikonenmalerei denken. Der Verbindung byzantinischer Merkmale mit zeitgenössischen Entwicklungen der italienischen Renaissance begegnet man üblicherweise bei Kunstwerken aus orthodoxen Ländern, die unter der Kolonialherrschaft Venedigs standen. Dort wurden die regionalen Künstler in der traditionellen Ikonenmalerei ausgebildet, doch viele von ihnen gaben ihr Handwerk später unter dem Einfluss künstlerischer Tendenzen der Renaissance zum Teil auf oder passten es an. Auch ihre Auftraggeber, die nun einem kulturellen Umfeld ausgesetzt waren, das stark vom Westen beeinflusst war, orientierten sich um.

Die oben beschriebene Praxis findet sich bei vielen Künstlern der venezianischen Kolonien in Griechenland, von denen einige auch in Italien, vor allem in Venedig, wirkten. Erwähnt seien hier Georgios Klontzas, Michael Damaskenos und El Greco, deren Tätigkeit in jenen Zeitraum fiel, in dem das vorliegende Kunstwerk entstanden ist.

Eine Zuschreibung an El Greco:

Die hier angebotene Hochzeit zu Kana wurde von einem versierten Künstler ausgeführt, der es vermochte, Details wiederzugeben, und der in seinem Denken erfinderisch war, was die Einführung von Neuerungen belegt, die konzeptuell als herausfordernd gegolten haben mochten, etwa das Auswechseln Christi gegen den jungen Mann am Kopf der Tafel.

Die von der Girlande im Torbogen abgehängte Fahne ist mit den Buchstaben δ.ϑ bezeichnet. Es handelt sich um die Initialen in Form griechischer Minuskeln des Künstlernamens Δομήνικος Θεοτοκόπουλος, Doménikos Theotokópoulos. Vergleichbare Initialen erscheinen auf der Stirn des Löwen auf dem Gemälde Madonna mit den Heiligen Martina und Agnes in der National Gallery, Washington (siehe Abb. 4). Die technische Untersuchung des Monogramms des vorliegenden Gemäldes hat die Übereinstimmung und Vereinbarkeit mit der umgebenden Maloberfläche bestätigt (siehe den nachstehenden technischen Bericht).

Trotz des positiven technischen Befunds könnte man an der Zuschreibung des vorliegenden Bildes an El Greco immer noch Zweifel hegen – u. a. wegen des Gesamteindrucks einer größeren Zurückhaltung in der Ausführung gegenüber anderen Werken aus der Frühzeit des Künstlers. Bei näherer Betrachtung offenbaren sich jedoch Details, die Arbeiten aus El Grecos früher Schaffenszeit in Venedig unmittelbar vergleichbar sind.

Die Häupter der Muttergottes und der Frau neben ihr, beide im Dreiviertelprofil und etwas gelängt wiedergegeben, Letztere mit geöffneten Lippen, gleichen anderen Figuren des Künstlers, etwa der Muttergottes der Anbetung der Hirten des Agnes Etherington Arts Centre sowie der Anbetung der Könige im Museo de Lázaro Galdiano; ebenso der Frau in der Heilung des Blinden in Parma, die auch in späteren Schaffensphasen des Künstlers in Erscheinung tritt, etwa in der Grablegung in der Nationalgalerie in Athen und in der Pieta im Philadephia Museum of Art. El Greco hat auch stets das purpurne byzantinische Maphorion der Gottesmutter gegen einen blauen Mantel getauscht, mit Ausnahme seiner beiden Ikonen in Griechenland mit der Entschlafung der Gottesmutter und dem Heiligen Lukas, wo die Jungfrau Maria ihr traditionelles byzantinisches Gewand trägt.

Kragen und vorderer Verschluss des sattgrünen Gewandes des älteren Mannes am oberen Tischende sind golden eingefasst – vergleichbar der Goldborte entlang des Saums des Mantels von gleicher Farbe auf einer erst kürzlich aufgefundenen signierten Ikone El Grecos mit einer Darstellung des heiligen Demetrios (man beachte die passagenweise doppelt laufenden goldenen Linien, etwa auf der Brust des alten Mannes und größtenteils entlang des Saumes des Umhangs des heiligen Demetrios). Das satte Zypressengrün war offenbar eine Lieblingsfarbe des Künstlers. Man begegnet ihm auch anderswo, etwas hier beim Türvorhang links oder bei dem von der Decke abgehängten Tuch des Letzten Abendmahls in der Pinacoteca Nazionale di Bologna. Mit Letzterem teilt die vorliegende Hochzeit zu Kana zwei weitere Merkmale: den geraden Türsturz und den pastellfarbenen Fliesenboden, der sehr oft im Spätwerk El Grecos wiederkehrt, etwa bei der Fußwaschung des Ferrara-Triptychons und der Verkündigung im Prado. Die Musikanten im Hintergrund und insbesondere ihre Kopfbedeckungen erinnern an das Figurenpaar in der Anbetung der Hirten im J. F. Willumsen Museum.

Die drei Musikanten und der stehende Mann mit erhobenem Arm, der Jüngling und der bärtige Alte am Tischende, die Muttergottes, die Glasgefäße und der kniende Mann im Vordergrund offenbaren allesamt die große künstlerische Befähigung des ausführenden Malers. Zu beachten ist, dass Gesichtszüge, Hemd und Hut des jungen Mannes am Kopf der Tafel im Grunde mit jenen der knienden Figur im Vordergrund identisch sind, was den Schluss zulässt, dass der Gastgeber und der Diener ein und derselbe sind und es sich scheinbar um eine reale Person handelt, möglicherweise um den Künstler selbst. Dass eine bestimmte Person gemeint ist, wird durch die Aufmachung des jungen Mannes unterstrichen. Anders als die anderen Männer ist er nicht dem Anlass entsprechend formell gekleidet. Stattdessen ist er der einzige am Tisch, der einfache Kleidung und einen Alltagshut trägt, wodurch er sich von den anderen Gästen abhebt und wie ein Außenseiter anmutet. Zu seiner Rechten sitzt die von allen am elegantesten gekleidete Frau in einem Gewand der damaligen Mode; um ihren Hals trägt sie eine Kette mit einem goldenen Anhänger und erinnert damit an Tizians Porträt eines Mädchens im Capodimonte in Neapel. Bei ihr handelt es sich höchstwahrscheinlich um die Braut. Einen offensichtlichen Bräutigam gibt es nicht – es sei denn, dass auch diese Rolle von dem jungen Mann eingenommen wird.

Conclusio:

Es kann mit Sicherheit gesagt werden, dass das vorliegende Gemälde aus Venedig stammt, zumal die Quellen seiner Bildfindung dort vorzufinden waren. Es ist zweifellos nach 1561 entstanden, als Tintoretto die Urfassung dieser Komposition schuf. Unser Bild wurde vermutlich nach der Fassung des Museo Correr gemalt, die sich in einem Zwischenstadium zwischen Tintorettos Bild und dem hier besprochenen Gemälde befindet. Die technischen Eigenschaften offenbaren einen mit der Ikonenmalerei vertrauten Künstler, was sich jedoch im Fall der vorliegende Tafel auf den ersten Blick hinter einer aus der Renaissance schöpfenden Ausführung versteckt. Während der Entstehungszeit des Bildes waren, wie bereits eingangs erwähnt, griechische Ikonenmaler in Venedig tätig. Die vorliegende Hochzeit zu Kana unterscheidet sich von den figurenreichen und miniaturhaft dargestellten Kompositionen Klontzas’; sie ist nicht vereinbar mit der distanzierten und eingeschränkteren Darstellungsweise Damaskenos’. Stilistisch lässt sich das vorliegende Gemälde jedoch mit Werken des jungen El Greco vergleichen.

Die fließende Ausführung der Faltenwürfe des Vorhangs, des Tischtuchs und des von Christus getragenen Chitons sowie das lebendig dargestellte Gewand der Muttergottes erinnern an den frühen Stil El Grecos. Etwaige Schwächen und die zurückgenommene Agilität im Vergleich zu anderen frühen Arbeiten des Künstlers lassen sich im Zusammenhang damit verstehen, dass es sich bei diesem Gemälde offenbar um ein Übungsstück handelte. Auf Basis eines weiteren Bildes – des größeren, komplexeren und anspruchsvolleren Gemäldes des Museo Correr – unternahm er den Versuch, seine eigene, halbautonome Fassung zu schaffen. Zweifellos offenbaren sich hier seine Verweigerung des bloßen Kopierens, sein Drang zum Experiment und damit zum Einbringen eigener Vorstellungen, sein Anspruch der Vorführung seines Könnens. Zutage tritt ein selbstbewusster, jedoch ungeduldiger Künstler, der sich noch auf der Suche befand. Das Monogramm δ.ϑ fügt sich überzeugend und homogen in die Komposition, sodass dieses Werk zu Recht Doménikos Theotokópoulos, gen. El Greco, zugeschrieben werden kann. Bei dieser Hochzeit zu Kana, die ebenso gut als Einzelbild wie, aufgrund ihres kleinen Formats, als Teil eines Ensembles fungiert haben könnte, scheint es sich um eines der frühesten Werke zu handeln, an denen der Künstler 1567/1568 in Venedig arbeitete.

Dieses Werk kann als eines der fehlenden Glieder jener Kette gelten, welche El Grecos künstlerischen Wandlungsprozess zwischen seiner Abreise aus Kreta und seiner Assimilation an die Kunstproduktion Italiens beschreibt. Letztendlich schenkt uns der Künstler mit diesem Bild auch ein wunderbares Porträt – jenes der zentralen Figur der Komposition, die gleich mehrere Rollen spielt: die des Gastgebers und Dieners, aber auch die des Bräutigams. Das Bild mag daher ohne Weiteres als Selbstporträt gelten.

Technische Analyse:

Das Gemälde wurde mehreren nichtinvasiven Untersuchungen unterzogen, ausgeführt von Gianluca Poldi und Manfred Schreiner unter Anwendung von IRR, UV-Licht, Röntgenstrahlen, optischer Mikroskopie, Reflexionsspektroskopie mit sichtbarem Licht (vis-RS) und Röntgenfluoreszenz (XRF). Bitte wenden Sie sich an die Abteilung.

Das Werk ist auf einer aus einem Stück bestehenden, subtangential geschnittenen Holztafel (möglicherweise Zypresse) gemalt, in deren unterem Teil sich ein Astloch befindet. Die Tafel wurde dünner gearbeitet.

Unterzeichnung:

Mittels Infrarotreflektografie (IRR) wird eine dünne Umrisszeichnung unter Figuren und zahlreichen Details sichtbar – sowohl im Kurzwellenbandbereich (ab 0,8–1 Mikron; mit modifizierter Kamera) als auch im langwelligeren Bereich (bis zu 1,7 Mikron; mit InGaAs-Detektor). Die Unterzeichnung erscheint präzise, aber auch ziemlich frei, was den Schluss zulässt, dass kein Karton oder keine ähnliche Übertragungsmethode Anwendung fand. Einige Details der Unterzeichnung sind zum Teil mit bloßem Auge sichtbar – dort, wo die Pigmente verblasst sind oder sich verfärbt haben und der Brechungsindex des Sikkativs sich verändert hat. Sie wurde mit schwarzer Tinte und vermutlich einer Feder oder einem sehr dünnen Pinsel ausgeführt. Die Tinte enthält ein Pigment auf Kohlenstoffbasis, könnte aber auch eine Mischung aus kohlenstoffbasierter Tinte und Eisengallustinte sein, was erklären könnte, warum sie in manchen Bereichen lesbarer ist. Wie auf Detailaufnahmen gut zu sehen ist, sind die Merkmale der Unterzeichnung ungewöhnlich: kurze, häufig unterbrochene Linien, zuweilen kleinteilige Punkte, die im Bereich der kleineren Figuren und Gesichter sichtbar sind. Die Unterzeichnung definiert die Umrisse der Figuren und der Architektur sowie die Faltenwürfe, die zuweilen nur angedeutet werden.

Monogramm:

Das mit Gold gemalte, aus den griechischen Kleinbuchstaben „δ“ (Delta-Omikron) und „ϑ“ (Theta) zusammengesetzte Monogramm auf der von der Girlande abgehängten Fahne scheint, wie Aufnahmen unter UV- und IR-Licht sowie unter dem Mikroskop zeigen, original und mit der Malschicht kohärent zu sein: Die Buchstaben wurden über einer dünnen gelbraunen, ein strahlendes helles Gelb enthaltenden Lasur ausgeführt, wofür innerhalb des mit Azurit gemalten blauen Himmels Platz ausgespart wurde. Über den Schriftzeichen sind ein Paar Linien, von denen die obere breiter als die untere ist, angelegt, die nahelegen, dass es sich bei den Buchstaben um Abkürzungen handelt.

Ähnliche Ligaturen finden sich auf mehreren Gemälden El Grecos, die in griechischen Kleinbuchstaben mit Doménikos Theotokópoulos signiert sind, u. a. beim Heiligen Hieronymus (1590–1600) der Frick Collection in New York sowie beim Heiligen Andreas und beim Heiligen Franziskus im Prado in Madrid.

Technische Analyse mit El Grecos Gemälden:

El Grecos Maltechnik, einschließlich die seiner italienischen Periode, wurde von Carmen Garrido vom Museo del Prado untersucht Museum. Ihre Forschungen haben wichtige Erkenntnisse zutage gebracht, die zum Verständnis der technischen Merkmale seines Werks beitragen.

Hinsichtlich der Unterzeichnung des vorliegenden Gemäldes, die dünn und linear ist sowie durch das häufige Absetzen des schmalen Pinsels oder der Feder vom weißen Grund unterbrochen und daher in manchen Bereichen sehr nervös und flatternd erscheint, weist dieses Gemälde deutliche Gemeinsamkeiten mit dem Modena-Triptychon und der Taufe Christi auf, die sich heute im Historischen Museum von Kreta in Heraklion befindet, ebenso mit der Verkündigung des Prado und der Anbetung der Könige im Benaki-Museum in Athen, bei welcher es sich um eines der ersten in Italien entstandenen Werke El Grecos handeln könnte.

Die Zeichnung gleicht auch der schwarzen Unterzeichnung, die durch das rote Gewand der Gottesmutter in der Beweinung im Philadelphia Museum of Art durchscheint. Vergleicht man die Unterzeichnung des vorliegenden Gemäldes mit jener der erst kürzlich entdeckten kleinen Ikonentafel mit dem heiligen Demetrios in einer Privatsammlung, die mit „XEIΡ ΔΟΜΗΝÏΚΟY“ (Hand des Doménikos) signiert ist und von der man glaubt, dass sie in El Grecos späten Jahren auf Kreta oder am Beginn seiner venezianischen Periode entstanden ist, sind dieselbe Umsetzung der Zeichnung und eine ähnliche Linienführung feststellbar. Weitere Beispiele kann die Abteilung nennen.

Conclusio:

Viele technische Eigenschaften, darunter die eigenwillige Art der Unterzeichnung, stimmen mit El Grecos Technik zu Beginn seiner italienischen Zeit zwischen 1567 und etwa 1570 überein. Das goldene Monogramm auf der von der Girlande herabhängenden Fahne deckt sich mit der Signatur des Doménikos Theotokópoulos.

Der in El Grecos Werkkorpus wahrnehmbare eindrucksvolle und rasche technische und stilistische Wandel von seiner Frühzeit als Ikonenmaler auf Kreta bis zu seiner späten venezianischen Periode ist größer als die Kluft zwischen seiner venezianischen und seiner spanischen Zeit. Aufgrund des Fehlens so mancher zentraler Werke, die beispielhaft für grundlegende stilistische Veränderungen stehen, ist es schwierig, die Entwicklung im Schaffen des Künstlers nachzuvollziehen.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
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Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 09.06.2020 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 02.06. - 09.06.2020


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