Lot Nr. 68


Jusepe de Ribera


Jusepe de Ribera - Alte Meister

(Játiva 1591–1652 Neapel)
Der heilige Josef,
Öl auf Leinwand, 74,5 x 63 cm, gerahmt

Provenienz:
vermutlich Sammlung des Giuseppe Carafa (gest. 1647), lt. rückseitigem Siegel der Familie Carafa della Stadera;
vermutlich im Erbgang an dessen Frau, Eleonora Carafa dei Principi di Colubrano (1620–1649);
Weitergabe im Erbgang;
erworben durch den jetzigen Besitzer;
europäischer Adelsbesitz

Mögliche Dokumentation:
Nachlassinventar des Giuseppe Carafa, 1648: „n. 5, uno San Giuseppe di quattro palmi e cinque con cornice inorata e figurata di mano di Gioseppe de Rivera“;
Inventar der Eleonora Carafa dei Principi di Colubrano (1649)

Wir danken Nicola Spinosa, der die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes nach Prüfung des Originals bestätigt hat, für seine Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Lots.

Ebenso danken wir Craig Felton, der die Zuschreibung unabhängig davon auf Grundlage einer hochaufgelösten Digitalfotografie bestätigt hat. Beide datieren das Gemälde in die 1640er-Jahre.

Zwar war Ribera vom Realismus Caravaggios beeinflusst, fand jedoch ab den frühen 1630er-Jahren zu einer leichteren und strahlenderen Farbigkeit, die seinen Gemälden mehr Weichheit verlieh. Der vorliegende Heilige Josef fügt sich in diesen Kontext und entstand vermutlich ursprünglich als privates Andachtsbild.

Weitere Fassungen und Abwandlungen dieser Komposition sind bekannt; eine befindet sich im Museum of Fine Arts, Montreal (siehe C. Felton, Jusepe de Ribera, a Catalogue Raisonné, 1971, S. 342, 343, II, Nr. S12 – als Ribera-Werkstatt, möglicherweise unter seiner Aufsicht entstanden, sowie N. Spinosa, Ribera. L’opera completa, Neapel 2006, S. 322, Nr. A169, 72,4 x 62,9 cm), eine weitere in der Sammlung Pinardi, Mailand (siehe Spinosa 2006, S. 322, 67 x 60 cm). Die Ikonografie des heiligen Josef war sowohl in Italien als auch in Spanien weit verbreitet; die traditionelle Einbeziehung des Blütenstabs geht auf die Apokryphen zurück und bezieht sich auf das dort berichtete Wunder, dass der Stab des heiligen Josef zu blühen begann, als er in die Heirat mit Maria einwilligte.

Das hier besprochene Gemälde zeichnet sich durch ein sanft über Faltenwürfe und Inkarnat fließendes natürliches Licht aus, das den Eindruck greifbarer Wahrhaftigkeit erweckt. Ein weiteres Merkmal ist die leuchtende Farbigkeit der warm abgetönten Malschichten, welche Gesichtszüge, silbriges Haar und Bart beschreiben. Die Züge des Heiligen gleichen jenen anderer von Ribera Mitte der 1630er-Jahre dargestellten Figuren, etwa Gott Vater in der Dreifaltigkeit mit dem toten Christus im Museo del Prado (Inv.-Nr. P001069). Im Fall des vorliegenden Heiligen Josef scheint es mehr denn je, dass Ribera ihn nach dem lebenden Modell porträtiert hat; derselbe ältere Mann mit weiß gewordenem Haar und Bart taucht in dem Gemälde Der Heilige Andreas in den Musées royaux des Beaux-Arts in Brüssel auf, mit dem unser Bild auch die Wiedergabe als Dreiviertelfigur teilt.

Das hier angebotene Gemälde ist vermutlich mit dem im Nachlassinventar von 1648 der berühmten Sammlung des Giuseppe Carafa verzeichneten Werk (siehe Dokumentation) identisch, wo die Maße wohl wie damals üblich den heute verlorenen originalen Rahmen beinhalten. Das Werk taucht erneut im 1649 erstellten Inventarverzeichnis von Giuseppes Witwe Eleonore Carafa dei Principi di Colubrano auf. Die Herkunft des Gemäldes aus dieser illustren neapolitanischen Familie wird durch das Vorhandensein eines roten Wachssiegels mit dem Wappen der Familie Carafa della Stadera auf dem Keilrahmen bestätigt.

Giuseppe Carafa, der eine bedeutende Gemäldesammlung besaß, wurde am 10. Juli 1647 im Zuge der von Masaniello angeführten Aufstände gegen die spanische Herrschaft getötet; diese Begebenheit dokumentiert ein Gemälde Domenico Gargiulo im Museo della Certosa di San Martino, Neapel.

Es wurde erwogen, dass Ribera sich im vorliegenden Heiligen Josef dazu entschloss, einen Mann „nach dem Leben“ in Form eines Porträts darzustellen. Der Überlieferung zufolge zeigt der Heilige auf dem Bild Giuseppe Carafa, was eine Datierung des Gemäldes vor 1647 bestätigen würde. Die Namensgleichheit des heiligen Josef (Giuseppe) mit dem neapolitanischen Adeligen Giuseppe Carafa sowie die Tatsache, dass sich das Werk einst in seiner berühmten Sammlung befand, würden diese Annahme stützen. Dass das Gemälde zur Sammlung Carafa gehörte, die jungen Künstlern für Studienzwecke offenstand, liefert auch eine Erklärung für die vielen Varianten und Kopien dieses Werks.

Technische Analyse von Gianluca Poldi:

Das Werk ist auf starker Leinwand mit braunem Grund gemalt und weist die typische finale Malschicht des Künstlers in Form dünner, eng und sehr kontrolliert nebeneinandergesetzter Pinselstriche auf.

Der braune Grund setzt sich aus Ocker- und Erdfarben unter Hinzufügung schwarzer und grüner Partikel zusammen und ist in kleinen Bereichen unbemalt geblieben, etwa im Haar oder der Iris innerhalb des Auges, wo er als Halbschatten eingesetzt wird. Unter multispektraler Infrarotreflektografie wurden einige unterbrochene, dünne schwarze Linien festgestellt, die als Spuren einer Unterzeichnung gelten können. Es sind keine bedeutenden kompositorischen Veränderungen zu bemerken.

Die mittels nichtinvasiver spektroskopischer Methoden und optischer Mikroskopie untersuchten Pigmente umfassen Bleiweiß, Rußschwarz, natürliche braune Eisenoxide, grüne Farbpigmente, Zinnober, ein bleibasiertes Gelb, gelben Ocker und Rotlack. Interessanter und ungewöhnlicher sind die hier zum Einsatz kommenden Farbmischungen sowie die Korngröße mancher Pigmente. Ein grünes Pigment und brauner Ocker wurden im Hintergrund Schwarz hinzugefügt, während die grünen Blätter des Blütenstabs aus einer Mischung von Grünspan und einem gelben Pigment bestehen, der fein vermahlene rote Partikel zugesetzt wurden. Die hellen Hauttöne wurden aus einer Mischung von Bleiweiß mit unterschiedlichen Zugaben von Zinnober und Eisenoxiden erzielt, darunter auch grob gemahlener gelber Ocker. In den Schattenzonen kam grüne Erde hinzu, für die Lippen wurde eine dünne Schicht Rotlack verwendet.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

09.06.2020 - 16:00

Erzielter Preis: **
EUR 588.900,-
Schätzwert:
EUR 250.000,- bis EUR 350.000,-

Jusepe de Ribera


(Játiva 1591–1652 Neapel)
Der heilige Josef,
Öl auf Leinwand, 74,5 x 63 cm, gerahmt

Provenienz:
vermutlich Sammlung des Giuseppe Carafa (gest. 1647), lt. rückseitigem Siegel der Familie Carafa della Stadera;
vermutlich im Erbgang an dessen Frau, Eleonora Carafa dei Principi di Colubrano (1620–1649);
Weitergabe im Erbgang;
erworben durch den jetzigen Besitzer;
europäischer Adelsbesitz

Mögliche Dokumentation:
Nachlassinventar des Giuseppe Carafa, 1648: „n. 5, uno San Giuseppe di quattro palmi e cinque con cornice inorata e figurata di mano di Gioseppe de Rivera“;
Inventar der Eleonora Carafa dei Principi di Colubrano (1649)

Wir danken Nicola Spinosa, der die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes nach Prüfung des Originals bestätigt hat, für seine Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Lots.

Ebenso danken wir Craig Felton, der die Zuschreibung unabhängig davon auf Grundlage einer hochaufgelösten Digitalfotografie bestätigt hat. Beide datieren das Gemälde in die 1640er-Jahre.

Zwar war Ribera vom Realismus Caravaggios beeinflusst, fand jedoch ab den frühen 1630er-Jahren zu einer leichteren und strahlenderen Farbigkeit, die seinen Gemälden mehr Weichheit verlieh. Der vorliegende Heilige Josef fügt sich in diesen Kontext und entstand vermutlich ursprünglich als privates Andachtsbild.

Weitere Fassungen und Abwandlungen dieser Komposition sind bekannt; eine befindet sich im Museum of Fine Arts, Montreal (siehe C. Felton, Jusepe de Ribera, a Catalogue Raisonné, 1971, S. 342, 343, II, Nr. S12 – als Ribera-Werkstatt, möglicherweise unter seiner Aufsicht entstanden, sowie N. Spinosa, Ribera. L’opera completa, Neapel 2006, S. 322, Nr. A169, 72,4 x 62,9 cm), eine weitere in der Sammlung Pinardi, Mailand (siehe Spinosa 2006, S. 322, 67 x 60 cm). Die Ikonografie des heiligen Josef war sowohl in Italien als auch in Spanien weit verbreitet; die traditionelle Einbeziehung des Blütenstabs geht auf die Apokryphen zurück und bezieht sich auf das dort berichtete Wunder, dass der Stab des heiligen Josef zu blühen begann, als er in die Heirat mit Maria einwilligte.

Das hier besprochene Gemälde zeichnet sich durch ein sanft über Faltenwürfe und Inkarnat fließendes natürliches Licht aus, das den Eindruck greifbarer Wahrhaftigkeit erweckt. Ein weiteres Merkmal ist die leuchtende Farbigkeit der warm abgetönten Malschichten, welche Gesichtszüge, silbriges Haar und Bart beschreiben. Die Züge des Heiligen gleichen jenen anderer von Ribera Mitte der 1630er-Jahre dargestellten Figuren, etwa Gott Vater in der Dreifaltigkeit mit dem toten Christus im Museo del Prado (Inv.-Nr. P001069). Im Fall des vorliegenden Heiligen Josef scheint es mehr denn je, dass Ribera ihn nach dem lebenden Modell porträtiert hat; derselbe ältere Mann mit weiß gewordenem Haar und Bart taucht in dem Gemälde Der Heilige Andreas in den Musées royaux des Beaux-Arts in Brüssel auf, mit dem unser Bild auch die Wiedergabe als Dreiviertelfigur teilt.

Das hier angebotene Gemälde ist vermutlich mit dem im Nachlassinventar von 1648 der berühmten Sammlung des Giuseppe Carafa verzeichneten Werk (siehe Dokumentation) identisch, wo die Maße wohl wie damals üblich den heute verlorenen originalen Rahmen beinhalten. Das Werk taucht erneut im 1649 erstellten Inventarverzeichnis von Giuseppes Witwe Eleonore Carafa dei Principi di Colubrano auf. Die Herkunft des Gemäldes aus dieser illustren neapolitanischen Familie wird durch das Vorhandensein eines roten Wachssiegels mit dem Wappen der Familie Carafa della Stadera auf dem Keilrahmen bestätigt.

Giuseppe Carafa, der eine bedeutende Gemäldesammlung besaß, wurde am 10. Juli 1647 im Zuge der von Masaniello angeführten Aufstände gegen die spanische Herrschaft getötet; diese Begebenheit dokumentiert ein Gemälde Domenico Gargiulo im Museo della Certosa di San Martino, Neapel.

Es wurde erwogen, dass Ribera sich im vorliegenden Heiligen Josef dazu entschloss, einen Mann „nach dem Leben“ in Form eines Porträts darzustellen. Der Überlieferung zufolge zeigt der Heilige auf dem Bild Giuseppe Carafa, was eine Datierung des Gemäldes vor 1647 bestätigen würde. Die Namensgleichheit des heiligen Josef (Giuseppe) mit dem neapolitanischen Adeligen Giuseppe Carafa sowie die Tatsache, dass sich das Werk einst in seiner berühmten Sammlung befand, würden diese Annahme stützen. Dass das Gemälde zur Sammlung Carafa gehörte, die jungen Künstlern für Studienzwecke offenstand, liefert auch eine Erklärung für die vielen Varianten und Kopien dieses Werks.

Technische Analyse von Gianluca Poldi:

Das Werk ist auf starker Leinwand mit braunem Grund gemalt und weist die typische finale Malschicht des Künstlers in Form dünner, eng und sehr kontrolliert nebeneinandergesetzter Pinselstriche auf.

Der braune Grund setzt sich aus Ocker- und Erdfarben unter Hinzufügung schwarzer und grüner Partikel zusammen und ist in kleinen Bereichen unbemalt geblieben, etwa im Haar oder der Iris innerhalb des Auges, wo er als Halbschatten eingesetzt wird. Unter multispektraler Infrarotreflektografie wurden einige unterbrochene, dünne schwarze Linien festgestellt, die als Spuren einer Unterzeichnung gelten können. Es sind keine bedeutenden kompositorischen Veränderungen zu bemerken.

Die mittels nichtinvasiver spektroskopischer Methoden und optischer Mikroskopie untersuchten Pigmente umfassen Bleiweiß, Rußschwarz, natürliche braune Eisenoxide, grüne Farbpigmente, Zinnober, ein bleibasiertes Gelb, gelben Ocker und Rotlack. Interessanter und ungewöhnlicher sind die hier zum Einsatz kommenden Farbmischungen sowie die Korngröße mancher Pigmente. Ein grünes Pigment und brauner Ocker wurden im Hintergrund Schwarz hinzugefügt, während die grünen Blätter des Blütenstabs aus einer Mischung von Grünspan und einem gelben Pigment bestehen, der fein vermahlene rote Partikel zugesetzt wurden. Die hellen Hauttöne wurden aus einer Mischung von Bleiweiß mit unterschiedlichen Zugaben von Zinnober und Eisenoxiden erzielt, darunter auch grob gemahlener gelber Ocker. In den Schattenzonen kam grüne Erde hinzu, für die Lippen wurde eine dünne Schicht Rotlack verwendet.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 09.06.2020 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 02.06. - 09.06.2020


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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