(Mailand um 1470–1524)
Ecce Homo,
Öl auf Holz, 66 x 49,5 cm, gerahmt

Provenienz:
europäische Privatsammlung;
dort durch den jetzigen Besitzer erworben

Zumindest zwei eigenhändige Fassungen der vorliegenden Komposition Andrea Solarios sind bekannt. Beide werden von David Alan Brown um 1507–1509, gegen Ende von Solarios Aufenthalt in Frankreich, datiert: Die eine befindet sich in der Sammlung John G. Johnson in Philadelphia und gilt als Urfassung, die andere wird im Museum der Bildenden Künste in Leipzig aufbewahrt (siehe D. A. Brown, Andrea Solario, Mailand 1987, Kat.-Nr. 50, 51). Eine weitere Version wurde am 7. Dezember 2011 bei Sotheby’s, London, als Lot 4 versteigert.

Das vorliegende Werk ist auf einer Eichentafel gemalt – ein für einen italienischen Künstler ungewöhnlicher Bildträger, doch einer, der in Frankreich damals durchaus verbreitet war. Die Verwendung von Eichentafeln als Bildträger scheint im Schaffen Solarios eine auffällige Konstante darzustellen. Das eingangs erwähnte Ecce-Homo-Bild in Philadelphia ist ebenfalls auf Eiche gemalt und trägt rückseitig das Wappen der Familie Rouillé d’Orfeuil aus der Normandie. Dies legt nahe, das Solario die Komposition während seines Aufenthalts in Frankreich malte, als er im Dienst von Kardinal Georges I. d’Amboise stand.

Die vorliegende Ecce-Homo-Darstellung zeigt Christus mit resigniert gesenktem Haupt und von der Geißelung gezeichnetem Körper. Das Bild ist typisch für den feingliedrigeren, naturalistischeren Stil, der nach und nach an die Stelle der großen Akribie von Solarios Werken der Anfangszeit trat. Es vereint die emotionale Ausdruckskraft der nördlichen Meister und Antonello da Messinas, dessen fein und detailreich ausgeführte Werke Solario in Mailand, Venedig und auch in Frankreich gesehen haben muss, mit u. a. von Leonardo da Vinci stammenden Einflüssen.