Lot Nr. 63 -


Antonio Franchi, gen. Lucchese


Antonio Franchi, gen. Lucchese - Alte Meister

(Villa Basilica 1638–1709 Florenz)
Die unbefleckte Empfängnis,
Öl auf Leinwand, 84 x 64,5 cm, gerahmt

Wir danken Sandro Bellesi, der die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes auf Grundlage einer Fotografie bestätigt hat, für seine Hilfe bei der Katalogisierung des Lots.

Das vorliegende Gemälde entstand höchstwahrscheinlich als privates Andachtsbild, worauf sein reduziertes Format verweist. Dargestellt ist die heilige Szene der unbefleckten Empfängnis aus der Marienverehrung: jener christliche Glaubenssatz, der erst im 19. Jahrhundert offiziell sanktioniert wurde, der jedoch in der bildenden Kunst bereits unmittelbar im Anschluss an die Gegenreformation erfolgreich verbreitet wurde. Ganz im Einklang mit den ikonografischen Vorgaben, die Francisco Pacheco in seinem 1649 veröffentlichten Traktat El arte de la pintura gutgeheißen hat, stellt das Gemälde die Jungfrau Maria als „neue Eva“ dar, nicht beschmutzt durch die Erbsünde und daher „unbefleckt“. Die in Blau und Weiß gekleidete Gottesmutter ist in der Bildmitte zu sehen. Ihre Hände sind innig zum Gebet gefaltet, ihr Haupt ist mit zwölf Sternen bekrönt; zu ihren Füßen befinden sich eine zunehmende, mit den Spitzen nach unten gewendete Mondsichel und ein angeketteter Drache, Symbole für Keuschheit und den Triumph des Guten über das Böse. Um die Madonna kreisen der sie von den Wolken aus segnende Gott Vater sowie zahlreiche Engel und Putten.

Dieses auf Leinewand gemalte Bild ist das Produkt barocker Einfühlsamkeit, orchestrierter Lichtführung und lebendiger, leuchtender Farbigkeit. Hinsichtlich Stil und Ausführung ist es ein wichtiges Zeugnis der letzten Schaffensphase Antonio Franchis, eines der meistgeschätzten toskanischen Maler des Zeitalters von Großherzog Cosimo III. de’ Medici.

Franchi, der 1638 in Villa Basilica geboren wurde und zunächst in Lucca von Pietro Paolini in die Malerei eingeführt wurde, lebte von 1655 bis 1667 in Florenz, wo er bei Felice Ficherelli und Baldassarre Franceschini, gen. Volterrano, in die Lehre ging. Erst als reifer Künstler kehrte Franchi in seine Geburtsstadt zurück, wo er zahlreiche wichtige öffentliche und private Aufträge erhielt. Dabei gelang es ihm, das barocke Vorbild Pietro da Cortonas mit neuen, Mitte des 17. Jahrhunderts in Florenz aufkommenden klassizistischen Strömungen zu vereinen. Franchi kehrte 1674 nach Florenz zurück, wo er sich endgültig niederließ und bis zu seinem Tod 1709 lebte. Nach dem mit 1681 dokumentierten Ableben Justus Sustermans’ wurde Franchi zum großherzoglichen Bildnismaler ernannt. In dieser Stellung schuf er zahlreiche Porträts von Mitgliedern der Familie Medici und ihres Hofstaats. Franchi verbrachte seine letzten Lebensjahre mit dem Verfassen des Traktats Teorica della Pittura, der posthum 1739 erschien (siehe S. Bellesi, Catalogo dei pittori fiorentini del ‘600 e ‘700. Biografie e opera, Florenz 2009, 3 Bde., I, S. 150–152 und II, Abb. 666–681).

Das vorliegende Gemälde ist laut Bellesi in die erste Dekade des 18. Jahrhunderts zu datieren, zumal die Komposition Anleihen bei Carlo Maratta und seiner römischen Schule nimmt sowie gleichzeitig auf die florentinische akademische Tradition unter dem klassizistischen Einfluss von Anton Domenico Gabbiani und Antonio Puglieschi reflektiert. Obgleich bestimmte Figurentypen in unterschiedlichen Schaffensphasen des Künstlers wiederkehren, wie der Vergleich mit frühen Werken wie der Heiligen Apollonia oder dem Tempel der Liebe zeigt (beide unbekannten Aufenthaltsorts, aber abgebildet in: S. Bellesi 2009, Bd. II, Abb. 666, 668), legt das vorliegende Gemälde eine kompositorische theatralische Grandezza und ein weich abgetöntes Helldunkel an den Tag, die sich mit den allerbesten Leistungen aus Franchis letzten Jahren messen können, etwa mit dem Altarbild der Taufe Christi in San Frediano in Cestello in Florenz, ausgeführt 1705/1706 (siehe ebd., Abb. 680).

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

10.11.2020 - 16:00

Schätzwert:
EUR 20.000,- bis EUR 30.000,-

Antonio Franchi, gen. Lucchese


(Villa Basilica 1638–1709 Florenz)
Die unbefleckte Empfängnis,
Öl auf Leinwand, 84 x 64,5 cm, gerahmt

Wir danken Sandro Bellesi, der die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes auf Grundlage einer Fotografie bestätigt hat, für seine Hilfe bei der Katalogisierung des Lots.

Das vorliegende Gemälde entstand höchstwahrscheinlich als privates Andachtsbild, worauf sein reduziertes Format verweist. Dargestellt ist die heilige Szene der unbefleckten Empfängnis aus der Marienverehrung: jener christliche Glaubenssatz, der erst im 19. Jahrhundert offiziell sanktioniert wurde, der jedoch in der bildenden Kunst bereits unmittelbar im Anschluss an die Gegenreformation erfolgreich verbreitet wurde. Ganz im Einklang mit den ikonografischen Vorgaben, die Francisco Pacheco in seinem 1649 veröffentlichten Traktat El arte de la pintura gutgeheißen hat, stellt das Gemälde die Jungfrau Maria als „neue Eva“ dar, nicht beschmutzt durch die Erbsünde und daher „unbefleckt“. Die in Blau und Weiß gekleidete Gottesmutter ist in der Bildmitte zu sehen. Ihre Hände sind innig zum Gebet gefaltet, ihr Haupt ist mit zwölf Sternen bekrönt; zu ihren Füßen befinden sich eine zunehmende, mit den Spitzen nach unten gewendete Mondsichel und ein angeketteter Drache, Symbole für Keuschheit und den Triumph des Guten über das Böse. Um die Madonna kreisen der sie von den Wolken aus segnende Gott Vater sowie zahlreiche Engel und Putten.

Dieses auf Leinewand gemalte Bild ist das Produkt barocker Einfühlsamkeit, orchestrierter Lichtführung und lebendiger, leuchtender Farbigkeit. Hinsichtlich Stil und Ausführung ist es ein wichtiges Zeugnis der letzten Schaffensphase Antonio Franchis, eines der meistgeschätzten toskanischen Maler des Zeitalters von Großherzog Cosimo III. de’ Medici.

Franchi, der 1638 in Villa Basilica geboren wurde und zunächst in Lucca von Pietro Paolini in die Malerei eingeführt wurde, lebte von 1655 bis 1667 in Florenz, wo er bei Felice Ficherelli und Baldassarre Franceschini, gen. Volterrano, in die Lehre ging. Erst als reifer Künstler kehrte Franchi in seine Geburtsstadt zurück, wo er zahlreiche wichtige öffentliche und private Aufträge erhielt. Dabei gelang es ihm, das barocke Vorbild Pietro da Cortonas mit neuen, Mitte des 17. Jahrhunderts in Florenz aufkommenden klassizistischen Strömungen zu vereinen. Franchi kehrte 1674 nach Florenz zurück, wo er sich endgültig niederließ und bis zu seinem Tod 1709 lebte. Nach dem mit 1681 dokumentierten Ableben Justus Sustermans’ wurde Franchi zum großherzoglichen Bildnismaler ernannt. In dieser Stellung schuf er zahlreiche Porträts von Mitgliedern der Familie Medici und ihres Hofstaats. Franchi verbrachte seine letzten Lebensjahre mit dem Verfassen des Traktats Teorica della Pittura, der posthum 1739 erschien (siehe S. Bellesi, Catalogo dei pittori fiorentini del ‘600 e ‘700. Biografie e opera, Florenz 2009, 3 Bde., I, S. 150–152 und II, Abb. 666–681).

Das vorliegende Gemälde ist laut Bellesi in die erste Dekade des 18. Jahrhunderts zu datieren, zumal die Komposition Anleihen bei Carlo Maratta und seiner römischen Schule nimmt sowie gleichzeitig auf die florentinische akademische Tradition unter dem klassizistischen Einfluss von Anton Domenico Gabbiani und Antonio Puglieschi reflektiert. Obgleich bestimmte Figurentypen in unterschiedlichen Schaffensphasen des Künstlers wiederkehren, wie der Vergleich mit frühen Werken wie der Heiligen Apollonia oder dem Tempel der Liebe zeigt (beide unbekannten Aufenthaltsorts, aber abgebildet in: S. Bellesi 2009, Bd. II, Abb. 666, 668), legt das vorliegende Gemälde eine kompositorische theatralische Grandezza und ein weich abgetöntes Helldunkel an den Tag, die sich mit den allerbesten Leistungen aus Franchis letzten Jahren messen können, etwa mit dem Altarbild der Taufe Christi in San Frediano in Cestello in Florenz, ausgeführt 1705/1706 (siehe ebd., Abb. 680).

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
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oldmasters@dorotheum.com


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

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Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 10.11.2020 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 04.11. - 10.11.2020