Lot Nr. 72


Frans Hals II. Und Frans Hals


Frans Hals II. Und Frans Hals - Alte Meister

(Haarlem 1618–1677)
(Antwerpen 1582–1666 Haarlem)
Junge Fischerin vor einem Stadtplatz,
monogrammiert rechts unten: FH (ligiert),
Öl auf Holz, 32 x 27,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Privatsammlung, Dublin;
Auktion, Christie’s, London, 20. März 1959, Lot 91;
Kunsthandel L. Koetser, London, 1959;
Sammlung Graham Baron Ash (1889–1980), Wingfield Castle, Norfolk;
Auktion, Christie’s, London, 4. Oktober 1967, Lot 138 (an Davidge);
Auktion, Christie’s, London, 11. Juli 1980, Lot 35;
Privatsammlung, Deutschland

Literatur:
C. Grimm, L’Opera Completa di Frans Hals, Mailand 1974, S. 118, Nr. 323;
S. Slive, Frans Hals, London/New York 1974, S. 140, unter Nr. D32, Abb. 153;
S. Slive, Frans Hals, New York 2014, S. 80f., Abb. 28, 29

Wir danken Pieter Biesboer, der (unter Berufung auf eine technische Beurteilung durch Martin Bijl) die Zuschreibung an Frans Fransz. Hals (1618–1677) bestätigt hat, wobei er „feine, ausdrucksstarke Hinzufügungen“ des Vaters des Künstlers, Frans Hals (1582–1666), festgestellt hat, der hier nach seinem Dafürhalten letzte Hand angelegt hat. Eine Kopie des Gutachtens Biesboers (vom 21. August 2017) liegt diesem Gemälde bei.

Das vorliegende Werk stellt im Vordergrund ein fidel dreinblickendes Fischermädchen dar, das – ausgeführt mit schnellen Pinselstrichen – vor einem dunkelgrauen Wolkenhimmel erscheint. Ein müder Sonnenstrahl erfasst die typisch holländischen Giebeldächer der Häuser dahinter, während die einzelne Gestalt einer Frau, die sich im Licht vor der im Schatten liegenden Seitenwand der Terrasse abhebt, die Lebendigkeit dieser Szene städtischen Lebens komplettiert. Links wird die Komposition von einem hohen, mit Efeu bewachsenen Gebäude abgeschlossen, dessen Schornstein ebenfalls von Licht der Sonne erfasst wird.

Peter Biesboer bemerkt, dass „die skizzenhafte Malweise der Werkstatt Frans Hals’ zuzuordnen ist“. Er fügt hinzu, dass die Glanzlichter und Schatten bzw. „hoogsels en diepsels“ in und um Hände und Gesicht der den Kopf nach links und damit wohl einem Kunden zuwendenden Fischerin sowie im groben blauen Leinen der Schürze, im weißen Leinen des Halstuchs und in der einfachen dunklen Wollmütze „in der obersten Malschicht nass in Nass“ herausgearbeitet sind. Die Pinselschrift eines Werkstattmitarbeiters zeigt sich in der etwas unbeholfenen Verkürzung des rechten Arms des Mädchen sowie im dickeren Farbauftrag.

Doch, so Biesboer, lässt sich die Handschrift von Frans Hals I. „an den beidseitigen Graten seiner Pinselstriche und der gerichteten Zweckmäßigkeit erkennen, die Schwächen der Arbeit des Gehilfen auszugleichen. Dabei hat er sich nicht bemüht, sie zu glätten und der vorhandenen Malerei anzupassen, sie stechen ganz im Gegenteil hervor. Die rasche, kühne Pinselführung der Augenbrauen und oberen Augenlider verleihen mehr Körper und intensivieren den Blick. Der rötlich-braune Farbauftrag neben dem Nasenrücken und an den Schläfen gibt dem Gesicht eine rundere Form. Hals nahm auch Korrekturen vor, um das Tuch in seiner Form und groben Leinenstruktur herauszuarbeiten. Er fügte die kleine Frauenfigur im Hintergrund hinzu – wie einige Jahre zuvor im Hintergrund eines Porträts von Willem van Heijthuijzen, Alte Pinakothek, München (Inv.-Nr. 14101). Auch die eher dürftige Ausführung der Hände hat er mit den kräftigen Strichen eines breiteren Pinsels verbessert und dann mit einem feineren Pinsel tiefe schwarze Schatten daraufgesetzt, wodurch er der den Korb umfasst haltenden Hand eine nachvollziehbarere Form gegeben und den Eindruck des Greifens unterstrichen hat. Die dunkelroten Ärmel und das dunkelblaue Mieder des Mädchens hat er nahezu zur Gänze übermalt, um die Form natürlicher erscheinen zu lassen und den Körper darunter zu betonen, wobei er neuerlich mit nur wenigen kräftigen Pinselstrichen in sattem Schwarz und ein paar Lichtakzenten ein lebendiges Spiel des Sonnenlichts erzielt hat, das über eine offene Stelle im Wolkenhimmel auf das Mädchen fällt. Mit diesen Überarbeitungen ist es Meister Hals gelungen, dem Bild insgesamt Lebendigkeit und dem Mädchen eine zauberhafte Liebenswürdigkeit zu verleihen, sodass das Werk dank der verbesserten Qualität auch verkauft werden konnte. Ganz zum Schluss hat Frans Hals es mit seinem Monogramm FH signiert.“

Die Zuschreibung an Frans Hals II. beruht auf einer Handschrift, die sich in vielen aus der Werkstatt Frans Hals’ kommenden Werken auffinden lässt. Biesboer stellt fest, dass das vorliegende Werk „auf einem übriggebliebenen Stück Holz ausgeführt ist, was der Übung des Werkstattmitarbeiters diente, um sich den Malstil des Meisters anzueignen“. Die Ausführung des vorliegenden Bildes lässt eine „langjährige und genaue Kenntnis der Technik, der Arbeits- und Malweise und der Eigenheiten des Meisters“ erkennen, was Biesboer und Bijl dazu veranlasste, hier mit größter Wahrscheinlichkeit die Hand eines der Söhne Hals’ zu vermuten, von denen es fünf ebenfalls bis zum Meister brachten, wie aus den Jahrbüchern der Haarlemer Lukasgilde hervorgeht.

Der Bericht einer von Pieter Klein im September 2016 durchgeführten dendrochronologischen Untersuchung nennt als frühestmögliches Entstehungsjahr 1629, was bedeutet, dass „nur Harmen Hals oder Frans Hals der Jüngere jener Sohn gewesen sein konnte“, der bei dem vorliegenden Werk so eng mit dem Vater zusammengearbeitet hat. Harmens Malstil steht dem von Jan Miense Molenaer näher, der von 1624 bis 1629 in der Werkstatt von Frans Hals I. tätig war und dessen Stil Biesboer als viel „trockener und steifer als der von Frans Hals“ beschreibt, woraus er den Schluss zieht, dass es sich bei dem vorliegenden Werk um eine Gemeinschaftsarbeit von Frans Hals II. und seinem hochgeschätzten Vater handelt.

Experte: Damian Brenninkmeyer Damian Brenninkmeyer
+43 1 515 60 403

old.masters@dorotheum.com

10.11.2020 - 16:00

Schätzwert:
EUR 50.000,- bis EUR 70.000,-

Frans Hals II. Und Frans Hals


(Haarlem 1618–1677)
(Antwerpen 1582–1666 Haarlem)
Junge Fischerin vor einem Stadtplatz,
monogrammiert rechts unten: FH (ligiert),
Öl auf Holz, 32 x 27,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Privatsammlung, Dublin;
Auktion, Christie’s, London, 20. März 1959, Lot 91;
Kunsthandel L. Koetser, London, 1959;
Sammlung Graham Baron Ash (1889–1980), Wingfield Castle, Norfolk;
Auktion, Christie’s, London, 4. Oktober 1967, Lot 138 (an Davidge);
Auktion, Christie’s, London, 11. Juli 1980, Lot 35;
Privatsammlung, Deutschland

Literatur:
C. Grimm, L’Opera Completa di Frans Hals, Mailand 1974, S. 118, Nr. 323;
S. Slive, Frans Hals, London/New York 1974, S. 140, unter Nr. D32, Abb. 153;
S. Slive, Frans Hals, New York 2014, S. 80f., Abb. 28, 29

Wir danken Pieter Biesboer, der (unter Berufung auf eine technische Beurteilung durch Martin Bijl) die Zuschreibung an Frans Fransz. Hals (1618–1677) bestätigt hat, wobei er „feine, ausdrucksstarke Hinzufügungen“ des Vaters des Künstlers, Frans Hals (1582–1666), festgestellt hat, der hier nach seinem Dafürhalten letzte Hand angelegt hat. Eine Kopie des Gutachtens Biesboers (vom 21. August 2017) liegt diesem Gemälde bei.

Das vorliegende Werk stellt im Vordergrund ein fidel dreinblickendes Fischermädchen dar, das – ausgeführt mit schnellen Pinselstrichen – vor einem dunkelgrauen Wolkenhimmel erscheint. Ein müder Sonnenstrahl erfasst die typisch holländischen Giebeldächer der Häuser dahinter, während die einzelne Gestalt einer Frau, die sich im Licht vor der im Schatten liegenden Seitenwand der Terrasse abhebt, die Lebendigkeit dieser Szene städtischen Lebens komplettiert. Links wird die Komposition von einem hohen, mit Efeu bewachsenen Gebäude abgeschlossen, dessen Schornstein ebenfalls von Licht der Sonne erfasst wird.

Peter Biesboer bemerkt, dass „die skizzenhafte Malweise der Werkstatt Frans Hals’ zuzuordnen ist“. Er fügt hinzu, dass die Glanzlichter und Schatten bzw. „hoogsels en diepsels“ in und um Hände und Gesicht der den Kopf nach links und damit wohl einem Kunden zuwendenden Fischerin sowie im groben blauen Leinen der Schürze, im weißen Leinen des Halstuchs und in der einfachen dunklen Wollmütze „in der obersten Malschicht nass in Nass“ herausgearbeitet sind. Die Pinselschrift eines Werkstattmitarbeiters zeigt sich in der etwas unbeholfenen Verkürzung des rechten Arms des Mädchen sowie im dickeren Farbauftrag.

Doch, so Biesboer, lässt sich die Handschrift von Frans Hals I. „an den beidseitigen Graten seiner Pinselstriche und der gerichteten Zweckmäßigkeit erkennen, die Schwächen der Arbeit des Gehilfen auszugleichen. Dabei hat er sich nicht bemüht, sie zu glätten und der vorhandenen Malerei anzupassen, sie stechen ganz im Gegenteil hervor. Die rasche, kühne Pinselführung der Augenbrauen und oberen Augenlider verleihen mehr Körper und intensivieren den Blick. Der rötlich-braune Farbauftrag neben dem Nasenrücken und an den Schläfen gibt dem Gesicht eine rundere Form. Hals nahm auch Korrekturen vor, um das Tuch in seiner Form und groben Leinenstruktur herauszuarbeiten. Er fügte die kleine Frauenfigur im Hintergrund hinzu – wie einige Jahre zuvor im Hintergrund eines Porträts von Willem van Heijthuijzen, Alte Pinakothek, München (Inv.-Nr. 14101). Auch die eher dürftige Ausführung der Hände hat er mit den kräftigen Strichen eines breiteren Pinsels verbessert und dann mit einem feineren Pinsel tiefe schwarze Schatten daraufgesetzt, wodurch er der den Korb umfasst haltenden Hand eine nachvollziehbarere Form gegeben und den Eindruck des Greifens unterstrichen hat. Die dunkelroten Ärmel und das dunkelblaue Mieder des Mädchens hat er nahezu zur Gänze übermalt, um die Form natürlicher erscheinen zu lassen und den Körper darunter zu betonen, wobei er neuerlich mit nur wenigen kräftigen Pinselstrichen in sattem Schwarz und ein paar Lichtakzenten ein lebendiges Spiel des Sonnenlichts erzielt hat, das über eine offene Stelle im Wolkenhimmel auf das Mädchen fällt. Mit diesen Überarbeitungen ist es Meister Hals gelungen, dem Bild insgesamt Lebendigkeit und dem Mädchen eine zauberhafte Liebenswürdigkeit zu verleihen, sodass das Werk dank der verbesserten Qualität auch verkauft werden konnte. Ganz zum Schluss hat Frans Hals es mit seinem Monogramm FH signiert.“

Die Zuschreibung an Frans Hals II. beruht auf einer Handschrift, die sich in vielen aus der Werkstatt Frans Hals’ kommenden Werken auffinden lässt. Biesboer stellt fest, dass das vorliegende Werk „auf einem übriggebliebenen Stück Holz ausgeführt ist, was der Übung des Werkstattmitarbeiters diente, um sich den Malstil des Meisters anzueignen“. Die Ausführung des vorliegenden Bildes lässt eine „langjährige und genaue Kenntnis der Technik, der Arbeits- und Malweise und der Eigenheiten des Meisters“ erkennen, was Biesboer und Bijl dazu veranlasste, hier mit größter Wahrscheinlichkeit die Hand eines der Söhne Hals’ zu vermuten, von denen es fünf ebenfalls bis zum Meister brachten, wie aus den Jahrbüchern der Haarlemer Lukasgilde hervorgeht.

Der Bericht einer von Pieter Klein im September 2016 durchgeführten dendrochronologischen Untersuchung nennt als frühestmögliches Entstehungsjahr 1629, was bedeutet, dass „nur Harmen Hals oder Frans Hals der Jüngere jener Sohn gewesen sein konnte“, der bei dem vorliegenden Werk so eng mit dem Vater zusammengearbeitet hat. Harmens Malstil steht dem von Jan Miense Molenaer näher, der von 1624 bis 1629 in der Werkstatt von Frans Hals I. tätig war und dessen Stil Biesboer als viel „trockener und steifer als der von Frans Hals“ beschreibt, woraus er den Schluss zieht, dass es sich bei dem vorliegenden Werk um eine Gemeinschaftsarbeit von Frans Hals II. und seinem hochgeschätzten Vater handelt.

Experte: Damian Brenninkmeyer Damian Brenninkmeyer
+43 1 515 60 403

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Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 10.11.2020 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 04.11. - 10.11.2020

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