Lot Nr. 101


Faustino Bocchi


Faustino Bocchi - Alte Meister

(Brescia 1659–1741)
Il banchetto con le rape,
Öl auf Leinwand, 104 x 154 cm, gerahmt

Provenienz:
Kunsthandel, Florenz;
Privatsammlung, Italien
Literatur:
M. Olivari, Faustino Bocchi e l’arte di figurar pigmei, Mailand 1990, S. 85, Kat.-Nr. A 51 (als Faustino Bocchi)

Auf der rechten Seite des vorliegenden Gemäldes sehen wir eine Gruppe zwergenhafter Landbewohner, die mithilfe eines komplizierten Systems von Schnüren und Flaschenzügen Rüben aus dem Boden ziehen. Im Vordergrund ist eine weitere chaotische Truppe mit den unterschiedlichsten Tätigkeiten befasst: Da wird Gemüse hochgehievt, mit einem überdimensionalen Messer zerkleinert, geputzt und verzehrt.

Faustino Bocchi wird vor allem für seine Bambocciade- oder Genrebilder gefeiert, welche Zwerge darstellen, die oft reich gekleidet sind und in jeder Hinsicht den Städtern seiner Epoche ähneln. Sie spielen, feiern Feste und Hochzeiten oder kämpfen in Landschaften gegen Kreaturen wie Krabben oder Störche. Seine Schilderungen der Jagden, denen diese stämmigen Figuren nachgehen, wirken durch die unverhältnismäßige Größe der Tiere, die sie verfolgen, unwirklich. Im Gegensatz zur üblichen Praxis bei Genrebildern konzentrieren sich Bocchis Inszenierungen nicht auf den Schmutz der Alltagswirklichkeit, sondern auf Elemente des Fantastischen und Fremden. Seine Darstellungen alltäglicher Episoden ähneln am ehesten Szenen zeitgenössischer Komödien. Ihre Inhalte sind weder allegorisch noch moralisch oder religiös, sondern entsprechen einem komischen Typus, den er selbst berühmt gemacht hat. Bocchis anmutig dekorative kleine Zwergengemälde wurden als ideales Vergnügungsornament für die luxuriösen Gemächer der Stadt- und Landhäuser des Adels im 18. Jahrhundert konzipiert, die damals in Brescia und anderswo gebaut wurden. Seine Bambocciade-Bilder dienten der Belustigung, waren als phantasievolle, frivole Bildwitze gedacht und sind ein wichtiges Dokument des Geschmacks der Epoche.

Faustino Bocchi war wahrscheinlich ein Schüler des flämischen Malers Angiolo Everardi. Er malte nicht nur humorvolle Bambocciade-Bilder, sondern widmete sich auch Pflanzen- und Tierbildern und spezialisierte sich auf Schlachtenbilder. Von seinem Meister eignete er sich die sogenannte „Maniera Fiamminga“, den flämischen Stil, an, der im 17. und 18. Jahrhundert in Brescia dermaßen bestimmend war, dass die Region als Zentrum der italienisch-flämischen Kunst angesehen wurde. Mit Ausnahme einer Reise nach Florenz, die Bocchi vermutlich unternahm, verbrachte er seine gesamte künstlerische Laufbahn in Brescia, wo sich sein Werk im Lauf der Zeit von den dunkleren, der flämischen Malerei des 17. Jahrhunderts geschuldeten Tönen zugunsten eines bukolischeren Tenors löste, der sich durch eine hellere Farbpalette auszeichnet, wie sie in der Lombardei für den Übergang zum 18. Jahrhundert charakteristisch ist. Bocchis Werke finden sich in zahlreichen öffentlichen und privaten Sammlungen in Italien, unter anderem in der Pinacoteca Tosio Martinengo in Brescia, im Museo Civico in Padua, im Palazzo Pitti in Florenz, im Palazzo di Montecitori in Rom sowie im Nationalmuseum in Warschau.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

10.11.2020 - 16:00

Schätzwert:
EUR 60.000,- bis EUR 80.000,-

Faustino Bocchi


(Brescia 1659–1741)
Il banchetto con le rape,
Öl auf Leinwand, 104 x 154 cm, gerahmt

Provenienz:
Kunsthandel, Florenz;
Privatsammlung, Italien
Literatur:
M. Olivari, Faustino Bocchi e l’arte di figurar pigmei, Mailand 1990, S. 85, Kat.-Nr. A 51 (als Faustino Bocchi)

Auf der rechten Seite des vorliegenden Gemäldes sehen wir eine Gruppe zwergenhafter Landbewohner, die mithilfe eines komplizierten Systems von Schnüren und Flaschenzügen Rüben aus dem Boden ziehen. Im Vordergrund ist eine weitere chaotische Truppe mit den unterschiedlichsten Tätigkeiten befasst: Da wird Gemüse hochgehievt, mit einem überdimensionalen Messer zerkleinert, geputzt und verzehrt.

Faustino Bocchi wird vor allem für seine Bambocciade- oder Genrebilder gefeiert, welche Zwerge darstellen, die oft reich gekleidet sind und in jeder Hinsicht den Städtern seiner Epoche ähneln. Sie spielen, feiern Feste und Hochzeiten oder kämpfen in Landschaften gegen Kreaturen wie Krabben oder Störche. Seine Schilderungen der Jagden, denen diese stämmigen Figuren nachgehen, wirken durch die unverhältnismäßige Größe der Tiere, die sie verfolgen, unwirklich. Im Gegensatz zur üblichen Praxis bei Genrebildern konzentrieren sich Bocchis Inszenierungen nicht auf den Schmutz der Alltagswirklichkeit, sondern auf Elemente des Fantastischen und Fremden. Seine Darstellungen alltäglicher Episoden ähneln am ehesten Szenen zeitgenössischer Komödien. Ihre Inhalte sind weder allegorisch noch moralisch oder religiös, sondern entsprechen einem komischen Typus, den er selbst berühmt gemacht hat. Bocchis anmutig dekorative kleine Zwergengemälde wurden als ideales Vergnügungsornament für die luxuriösen Gemächer der Stadt- und Landhäuser des Adels im 18. Jahrhundert konzipiert, die damals in Brescia und anderswo gebaut wurden. Seine Bambocciade-Bilder dienten der Belustigung, waren als phantasievolle, frivole Bildwitze gedacht und sind ein wichtiges Dokument des Geschmacks der Epoche.

Faustino Bocchi war wahrscheinlich ein Schüler des flämischen Malers Angiolo Everardi. Er malte nicht nur humorvolle Bambocciade-Bilder, sondern widmete sich auch Pflanzen- und Tierbildern und spezialisierte sich auf Schlachtenbilder. Von seinem Meister eignete er sich die sogenannte „Maniera Fiamminga“, den flämischen Stil, an, der im 17. und 18. Jahrhundert in Brescia dermaßen bestimmend war, dass die Region als Zentrum der italienisch-flämischen Kunst angesehen wurde. Mit Ausnahme einer Reise nach Florenz, die Bocchi vermutlich unternahm, verbrachte er seine gesamte künstlerische Laufbahn in Brescia, wo sich sein Werk im Lauf der Zeit von den dunkleren, der flämischen Malerei des 17. Jahrhunderts geschuldeten Tönen zugunsten eines bukolischeren Tenors löste, der sich durch eine hellere Farbpalette auszeichnet, wie sie in der Lombardei für den Übergang zum 18. Jahrhundert charakteristisch ist. Bocchis Werke finden sich in zahlreichen öffentlichen und privaten Sammlungen in Italien, unter anderem in der Pinacoteca Tosio Martinengo in Brescia, im Museo Civico in Padua, im Palazzo Pitti in Florenz, im Palazzo di Montecitori in Rom sowie im Nationalmuseum in Warschau.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

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Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 10.11.2020 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 04.11. - 10.11.2020