Lot Nr. 128 -


Anton Einsle


Anton Einsle - Weihnachtsauktion, Gemälde und Antiquitäten

(Wien 1801-1871) Amor, frühe 1840er-Jahre, Öl auf Leinwand, ca. 63,4 x 79,5 cm, rückseitig Zettel mit alter handschriftlicher Bezeichnung: "Amor / gemalt vom Hofmaler / Anton Einsle", kleine Fehlstellen oben links und partiell in der Leinwand, in blattvergoldetem Biedermeierrahmen, dieser leicht beschädigt Ruf 6.000

Provenienz:
Besitz des Künstlers; an seine Tochter, Marie von Teltscher (1939-1892), geb. Einsle; Johann Friedrich Freiherr von Koblitz-Willmburg (1895-1944) und Franziska Freifrau Koblitz von Willmburg (1910-2000), geb. Gräfin Czernin von und zu Chudenitz; Martin Freiherr Koblitz von Willmburg an ihre Tochter, Gabrielle Baronesse von Furstenberg (1935-2019), geb. Koblitz von Willmburg; nach ihrem Tod an ihren Mann, George Michael Freiherr von Furstenberg.

Lit.: Tietze 1919, S. 48, Nr. 5 ("kleiner Amor, auf einem Lager einen Vorhang zur Seite ziehend, neben ihm eine Frau. Um 1840.", mit ungenauer und vertauschter Maßangabe "zirka 70 x 50 cm"); Sadofsky 1987, S. 69, Nr. 489 ("77 x 63 cm, oval").

Amor liegt entspannt auf einem Polster und zieht gerade einen roten Vorhang zur Seite, um in eine entfernte morgendliche Landschaft zu blicken. Er ist vielleicht zuvor aus dem Schlaf erwacht und wirkt im festgehaltenen Moment gleichsam unschuldig. Doch der Schein trügt. Bereits hält er einen seiner wirkungsvollen Liebespfeile in der Hand während Köcher und Bogen noch neben ihm abgelegt sind. Mit seinem Blick auf die Welt scheint er bereits wieder etwas auszuhecken. Hinter Amor, im Schatten des Vorhangs hebt eine weibliche Gestalt - wohl Venus, seine Mutter - ermahnend den Zeigefinger, um sein Vorhaben noch zu zügeln.
Anton Einsle erzielt mit frischer Lichtverteilung und teilweise porzellanhaftem Farbenschmelz eine unbeschwerte Stimmung für die Szene; gleichzeitig entsteht ein raffiniertes tiefenräumliches Spiel, beginnend mit dem tatsächlichen haptischen Biedermeierrahmen, seiner illusionistischen Fortsetzung mit gemaltem ovalen Ausschnitt, verzierten Zwickeln und unterschiedlich beleuchteter schmaler Innenkante und schließlich mit der bildräumlichen Staffelung durch das starke Hell-Dunkel des Lagers und den seitlichen schmalen Landschaftsausblick.

Einsle reüssierte in seinen frühen Schaffensjahren um 1830nicht ausschließlich in der Porträtmalerei sondern auch mit zwei genrehaften Amor-Darstellungen, die in Ausstellungen gefeiert wurden, heute jedoch nur mehr in Reproduktionen überliefert sind (Abb.). Dargestellt einerseits Cupido als lockenköpfiges und lauschendes Kind hinter einem Vorhang, den es gerade verschmitzt, mit dem Finger auf dem Mund beiseiteschiebt ("Das Bild hat in jeder Beziehung viel Treffliches, und beurkundet nahmentlich für galante Mahlerey, für den haut-gout des Tages ein entschiedenes Talent. Der meisterhaft gemahlte Vorhang übertrifft Amor, der ein Porträt scheint.(...) wir können diesen jungen Künstler besonders den Damen empfehlen" - Allg. Theaterzeitung und Originalblatt für Kunst, Literatur und geselliges Leben, 7. August 1830, Nr. 94).
Die ebenfalls um 1830 entstandene Variation zeigt ihn als Bogenschützen vor einen Vorhang tretend, gleichsam "auf der Jagd" nach einem neuen "Liebesopfer" - dem Betrachter selbst. Beide Versionen bestechen - selbst in den Reproduktionsstichen - in ihrem illusionistischen Charakter von Bildräumlichkeit und Oberflächenwerten und dem daraus entstehenden Spiel mit dem Betrachter.

An diese künstlerische Qualität schließt das vorliegende Gemälde an: Einsle orientierte sich nun mehr an italienischen Barockkompositionen und betonte stärker den allegorisch-erzählerischen Gehalt der mythologischen Figur, wenngleich auch hier mit einem ironischen Fingerzeig.
Die virtuose Malweise und Farbgebung sprechen für eine Entstehung des Bildes in den frühen 1840er Jahren, zu Beginn von Einsles erfolgreichster Zeit in Wien. In der handschriftlichen Liste des Künstlers ist diese Version nicht unter den von ihm gemalten Bildern zwischen 1825und 1840 angeführt, weshalb eine Datierung in seine Reifezeit plausibel erscheint. Mit dieser dritten Amor-Version reflektiert Einsle auf seine frühen Erfolge und findet zu einer neuen Bildlösung, die ohne Vorbild zu sein scheint. Es ist insgesamt eine klassische Umsetzung, die er offenbar sehr schätzte und zu seinen eigenen unverkäuflichen Werken zählte, die in der Familie blieben. (TN)

Wir danken Frau Dr. Sabine Grabner (Belvedere, Wien) und Frau Mag. Elke Doppler (Wien Museum, Wien) für die wissenschaftliche Unterstützung.

Experte: Mag. Dr. Tobias Nickel Mag. Dr. Tobias Nickel
+43-662-871671-21

experts-salzburg@dorotheum.at

18.11.2020 - 15:40

Erzielter Preis: **
EUR 20.564,-
Schätzwert:
EUR 12.000,- bis EUR 20.000,-
Startpreis:
EUR 6.000,-

Anton Einsle


(Wien 1801-1871) Amor, frühe 1840er-Jahre, Öl auf Leinwand, ca. 63,4 x 79,5 cm, rückseitig Zettel mit alter handschriftlicher Bezeichnung: "Amor / gemalt vom Hofmaler / Anton Einsle", kleine Fehlstellen oben links und partiell in der Leinwand, in blattvergoldetem Biedermeierrahmen, dieser leicht beschädigt Ruf 6.000

Provenienz:
Besitz des Künstlers; an seine Tochter, Marie von Teltscher (1939-1892), geb. Einsle; Johann Friedrich Freiherr von Koblitz-Willmburg (1895-1944) und Franziska Freifrau Koblitz von Willmburg (1910-2000), geb. Gräfin Czernin von und zu Chudenitz; Martin Freiherr Koblitz von Willmburg an ihre Tochter, Gabrielle Baronesse von Furstenberg (1935-2019), geb. Koblitz von Willmburg; nach ihrem Tod an ihren Mann, George Michael Freiherr von Furstenberg.

Lit.: Tietze 1919, S. 48, Nr. 5 ("kleiner Amor, auf einem Lager einen Vorhang zur Seite ziehend, neben ihm eine Frau. Um 1840.", mit ungenauer und vertauschter Maßangabe "zirka 70 x 50 cm"); Sadofsky 1987, S. 69, Nr. 489 ("77 x 63 cm, oval").

Amor liegt entspannt auf einem Polster und zieht gerade einen roten Vorhang zur Seite, um in eine entfernte morgendliche Landschaft zu blicken. Er ist vielleicht zuvor aus dem Schlaf erwacht und wirkt im festgehaltenen Moment gleichsam unschuldig. Doch der Schein trügt. Bereits hält er einen seiner wirkungsvollen Liebespfeile in der Hand während Köcher und Bogen noch neben ihm abgelegt sind. Mit seinem Blick auf die Welt scheint er bereits wieder etwas auszuhecken. Hinter Amor, im Schatten des Vorhangs hebt eine weibliche Gestalt - wohl Venus, seine Mutter - ermahnend den Zeigefinger, um sein Vorhaben noch zu zügeln.
Anton Einsle erzielt mit frischer Lichtverteilung und teilweise porzellanhaftem Farbenschmelz eine unbeschwerte Stimmung für die Szene; gleichzeitig entsteht ein raffiniertes tiefenräumliches Spiel, beginnend mit dem tatsächlichen haptischen Biedermeierrahmen, seiner illusionistischen Fortsetzung mit gemaltem ovalen Ausschnitt, verzierten Zwickeln und unterschiedlich beleuchteter schmaler Innenkante und schließlich mit der bildräumlichen Staffelung durch das starke Hell-Dunkel des Lagers und den seitlichen schmalen Landschaftsausblick.

Einsle reüssierte in seinen frühen Schaffensjahren um 1830nicht ausschließlich in der Porträtmalerei sondern auch mit zwei genrehaften Amor-Darstellungen, die in Ausstellungen gefeiert wurden, heute jedoch nur mehr in Reproduktionen überliefert sind (Abb.). Dargestellt einerseits Cupido als lockenköpfiges und lauschendes Kind hinter einem Vorhang, den es gerade verschmitzt, mit dem Finger auf dem Mund beiseiteschiebt ("Das Bild hat in jeder Beziehung viel Treffliches, und beurkundet nahmentlich für galante Mahlerey, für den haut-gout des Tages ein entschiedenes Talent. Der meisterhaft gemahlte Vorhang übertrifft Amor, der ein Porträt scheint.(...) wir können diesen jungen Künstler besonders den Damen empfehlen" - Allg. Theaterzeitung und Originalblatt für Kunst, Literatur und geselliges Leben, 7. August 1830, Nr. 94).
Die ebenfalls um 1830 entstandene Variation zeigt ihn als Bogenschützen vor einen Vorhang tretend, gleichsam "auf der Jagd" nach einem neuen "Liebesopfer" - dem Betrachter selbst. Beide Versionen bestechen - selbst in den Reproduktionsstichen - in ihrem illusionistischen Charakter von Bildräumlichkeit und Oberflächenwerten und dem daraus entstehenden Spiel mit dem Betrachter.

An diese künstlerische Qualität schließt das vorliegende Gemälde an: Einsle orientierte sich nun mehr an italienischen Barockkompositionen und betonte stärker den allegorisch-erzählerischen Gehalt der mythologischen Figur, wenngleich auch hier mit einem ironischen Fingerzeig.
Die virtuose Malweise und Farbgebung sprechen für eine Entstehung des Bildes in den frühen 1840er Jahren, zu Beginn von Einsles erfolgreichster Zeit in Wien. In der handschriftlichen Liste des Künstlers ist diese Version nicht unter den von ihm gemalten Bildern zwischen 1825und 1840 angeführt, weshalb eine Datierung in seine Reifezeit plausibel erscheint. Mit dieser dritten Amor-Version reflektiert Einsle auf seine frühen Erfolge und findet zu einer neuen Bildlösung, die ohne Vorbild zu sein scheint. Es ist insgesamt eine klassische Umsetzung, die er offenbar sehr schätzte und zu seinen eigenen unverkäuflichen Werken zählte, die in der Familie blieben. (TN)

Wir danken Frau Dr. Sabine Grabner (Belvedere, Wien) und Frau Mag. Elke Doppler (Wien Museum, Wien) für die wissenschaftliche Unterstützung.

Experte: Mag. Dr. Tobias Nickel Mag. Dr. Tobias Nickel
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Käufer Hotline Mo.-Fr.: 09.00 - 18.00, Sa.: 09.00 - 13.00
clients-sbg@dorotheum.at

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Auktion: Weihnachtsauktion, Gemälde und Antiquitäten
Auktionstyp: Online Auction
Datum: 18.11.2020 - 15:40
Auktionsort: Salzburg
Besichtigung: online


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer(für Lieferland Österreich)

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