Lot Nr. 46


Giovanni Lanfranco


Giovanni Lanfranco - Alte Meister I

(Parma 1582–1647 Rom)
Maria Magdalena mit Engeln in der Glorie,
rückseitig undeutlich signiert oder bezeichnet,
Öl auf Originalleinwand, 149 x 119,5 cm, gerahmt

Provenienz:
europäische Privatsammlung;
Kunsthandel, Italien;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Wir danken Erich Schleier, der die Zuschreibung auf Grundlage einer Fotografie bestätigt hat, für seine Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Gemäldes.

Das vorliegende Gemälde zeigt Maria Magdalena in der Glorie gestützt von drei Putten und mit einem vierten, der ihr Attribut, das Gefäß mit dem Salböl, trägt. Die kompakte Figurenanordnung nimmt den ganzen Bildraum ein und erzeugt durch die unterschiedlichen Kompositionslinien eine dynamische Spannung.

Laut Schleier kann das vorliegende Bild in die frühen 1620er Jahre oder kurze Zeit danach datiert werden, als Giovanni Lanfranco mit einem Stil experimentierte, den man mit „Protobarock“ umschreibt und dessen Hauptmerkmale die harte, schimmernde Modellierung der Formen, die Glanzlichter und eine dunkle, erdige Farbigkeit, besonders im Inkarnat sind. Die Faltenwürfe hat der Künstler geschickt mit rasch und offen gesetzten Pinselstrichen belebt; die kraftvolle, energetische und dabei wenig verfeinerte Malweise unterscheidet das vorliegende Bild von früheren Versionen dieses Sujets.

Das Thema der Maria Magdalena ist in zwei weiteren eigenhändigen Versionen bekannt; eine befindet sich in der Galleria Colonna in Rom, die andere in der Sammlung des Credito Reggiano in Reggio Emilia. Beide datieren um 1616/1617. Laut Schleier ist das Bild Die heilige Agnes in der Glorie in Larchmont in New York, das ebenfalls um 1616/1617 datiert wird, der Prototyp für die vorliegende Komposition. Lanfranco hat die Figur der heiligen Agnes in eine Maria Magdalena umgewandelt, indem er das Haar verändert und die Brust zum Teil entblößt hat. Schleier zufolge zeichnen sich die beiden anderen bekannten eigenhändigen Fassungen durch umfangreiche Pentimenti aus, die mittels Röntgenstrahlen sichtbar gemacht werden konnten. Diese Pentimenti sind im vorliegenden Bild nicht vorhanden, was bestätigt, dass es sich um eine spätere Version handelt. Dennoch finden sich auch im vorliegenden Bild Veränderungen im Bereich des Gesichts, der Hand und des Haars.

Man hat darauf hingewiesen, dass es eventuell Spuren der Signatur des Malers auf der Rückseite der Originalleinwand gibt. Der Umstand, dass die mögliche Signatur nicht den Titel „Eques“ miteinschließt (der sich auf den Orden der Christusritter bezieht und den Lanfranco erst 1628 erhalten hat), bestätigt die vorgeschlagene Datierung des Gemäldes in die frühen 1620er Jahre.

Giovanni Lanfranco ging in Parma bei Agostino Carracci bis zu dessen Tod 1602 in die Lehre. Laut Bellori zog er danach nach Rom und trat in die Werkstatt Annibale Carraccis ein. Sie war ein Laboratorium für die talentiertesten zeitgenössischen Künstler, die die Kunstproduktion des römischen Barocks über die folgenden Jahrzehnte hinweg dominieren sollten. Nach dem Tod Annibales 1609 arbeitete Lanfranco unter Domenichino, Francesco Albani und Guido Reni, denen er bei den bedeutendsten Freskenausstattungen der Zeit assistierte, beispielsweise im Palazzo Farnese, in San Gregorio Magno und in San Sebastiano fuori le mura. Danach kehrte der junge Künstler in die Emilia zurück, wo er zahlreiche unabhängige Aufträge in und um Piacenza erhielt. 1612 ging er wieder nach Rom, wo er begann, mit Gegenlichteffekten, einer monumentalen Figurenauffassung und schillernden Farben einen wahrhaft persönlichen Stil zu entwickeln. Lanfrancos Modernität trug seiner Malerei in Rom und darüber hinaus große Popularität ein; er wurde der von Papst Paul V. bevorzugte Künstler, was ihm noch vor Orazio Gentileschi einen Auftrag für die geplante (aber niemals realisierte) Ausstattung der Benediktionsloggia in St. Peter einbrachte. Lanfranco blieb bis 1634 in Rom. Dann zog er nach Neapel, wo er gegen Ende seiner Laufbahn Aufträge von so bedeutenden Mäzenen wie dem Vizekönig von Neapel und dem Grafen von Monterrey erhielt.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

10.11.2021 - 16:00

Erzielter Preis: **
EUR 46.080,-
Schätzwert:
EUR 40.000,- bis EUR 60.000,-

Giovanni Lanfranco


(Parma 1582–1647 Rom)
Maria Magdalena mit Engeln in der Glorie,
rückseitig undeutlich signiert oder bezeichnet,
Öl auf Originalleinwand, 149 x 119,5 cm, gerahmt

Provenienz:
europäische Privatsammlung;
Kunsthandel, Italien;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Wir danken Erich Schleier, der die Zuschreibung auf Grundlage einer Fotografie bestätigt hat, für seine Hilfe bei der Katalogisierung des vorliegenden Gemäldes.

Das vorliegende Gemälde zeigt Maria Magdalena in der Glorie gestützt von drei Putten und mit einem vierten, der ihr Attribut, das Gefäß mit dem Salböl, trägt. Die kompakte Figurenanordnung nimmt den ganzen Bildraum ein und erzeugt durch die unterschiedlichen Kompositionslinien eine dynamische Spannung.

Laut Schleier kann das vorliegende Bild in die frühen 1620er Jahre oder kurze Zeit danach datiert werden, als Giovanni Lanfranco mit einem Stil experimentierte, den man mit „Protobarock“ umschreibt und dessen Hauptmerkmale die harte, schimmernde Modellierung der Formen, die Glanzlichter und eine dunkle, erdige Farbigkeit, besonders im Inkarnat sind. Die Faltenwürfe hat der Künstler geschickt mit rasch und offen gesetzten Pinselstrichen belebt; die kraftvolle, energetische und dabei wenig verfeinerte Malweise unterscheidet das vorliegende Bild von früheren Versionen dieses Sujets.

Das Thema der Maria Magdalena ist in zwei weiteren eigenhändigen Versionen bekannt; eine befindet sich in der Galleria Colonna in Rom, die andere in der Sammlung des Credito Reggiano in Reggio Emilia. Beide datieren um 1616/1617. Laut Schleier ist das Bild Die heilige Agnes in der Glorie in Larchmont in New York, das ebenfalls um 1616/1617 datiert wird, der Prototyp für die vorliegende Komposition. Lanfranco hat die Figur der heiligen Agnes in eine Maria Magdalena umgewandelt, indem er das Haar verändert und die Brust zum Teil entblößt hat. Schleier zufolge zeichnen sich die beiden anderen bekannten eigenhändigen Fassungen durch umfangreiche Pentimenti aus, die mittels Röntgenstrahlen sichtbar gemacht werden konnten. Diese Pentimenti sind im vorliegenden Bild nicht vorhanden, was bestätigt, dass es sich um eine spätere Version handelt. Dennoch finden sich auch im vorliegenden Bild Veränderungen im Bereich des Gesichts, der Hand und des Haars.

Man hat darauf hingewiesen, dass es eventuell Spuren der Signatur des Malers auf der Rückseite der Originalleinwand gibt. Der Umstand, dass die mögliche Signatur nicht den Titel „Eques“ miteinschließt (der sich auf den Orden der Christusritter bezieht und den Lanfranco erst 1628 erhalten hat), bestätigt die vorgeschlagene Datierung des Gemäldes in die frühen 1620er Jahre.

Giovanni Lanfranco ging in Parma bei Agostino Carracci bis zu dessen Tod 1602 in die Lehre. Laut Bellori zog er danach nach Rom und trat in die Werkstatt Annibale Carraccis ein. Sie war ein Laboratorium für die talentiertesten zeitgenössischen Künstler, die die Kunstproduktion des römischen Barocks über die folgenden Jahrzehnte hinweg dominieren sollten. Nach dem Tod Annibales 1609 arbeitete Lanfranco unter Domenichino, Francesco Albani und Guido Reni, denen er bei den bedeutendsten Freskenausstattungen der Zeit assistierte, beispielsweise im Palazzo Farnese, in San Gregorio Magno und in San Sebastiano fuori le mura. Danach kehrte der junge Künstler in die Emilia zurück, wo er zahlreiche unabhängige Aufträge in und um Piacenza erhielt. 1612 ging er wieder nach Rom, wo er begann, mit Gegenlichteffekten, einer monumentalen Figurenauffassung und schillernden Farben einen wahrhaft persönlichen Stil zu entwickeln. Lanfrancos Modernität trug seiner Malerei in Rom und darüber hinaus große Popularität ein; er wurde der von Papst Paul V. bevorzugte Künstler, was ihm noch vor Orazio Gentileschi einen Auftrag für die geplante (aber niemals realisierte) Ausstattung der Benediktionsloggia in St. Peter einbrachte. Lanfranco blieb bis 1634 in Rom. Dann zog er nach Neapel, wo er gegen Ende seiner Laufbahn Aufträge von so bedeutenden Mäzenen wie dem Vizekönig von Neapel und dem Grafen von Monterrey erhielt.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister I
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 10.11.2021 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 29.10. - 10.11.2021


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

Es können keine Kaufaufträge über Internet mehr abgegeben werden. Die Auktion befindet sich in Vorbereitung bzw. wurde bereits durchgeführt.