Lot Nr. 127 -


Francesco Guardi


Francesco Guardi - Alte Meister I

(Venedig 1712–1793)
Der Säulengang des Torre dell’Orologio in Venedig mit Läden und Frauen im Gespräch,
Feder in Braun, braun und grau laviert, über Bleistift, Weißhöhungen, auf Karton aufgezogen, 35 x 27,5 cm, gerahmt

Provenienz:
The Brod Gallery, London (als Francesco Guardi);
dort um 1968 erworben durch den Vater des jetzigen Besitzers;
Privatsammlung, England

Wir danken Bożena Anna Kowalczyk, die die Zuschreibung des vorliegenden Werks nach dessen Prüfung im Original bestätigt hat, für ihre Hilfe bei der Katalogisierung.

Erst spät in seiner künstlerischen Laufbahn spezialisierte sich Francesco Guardi um 1755 auf das Malen von Ansichten, erlangte aber schnell internationalen Ruhm bei britischen Mäzenen und setzte mit der durch ihn erneuerten Vorstellung von Malerei und Zeichnung die Tradition Canalettos fort. Topografisch vorhanden oder erfunden, gemalt oder gezeichnet ‒ der Blick durch einen Bogengang ist Inbegriff seines szenografischen Geschmacks, seiner erfinderischen Freiheit und unerschöpflichen Inspiration. Von etwa 1770 bis in die letzten Jahre seines Lebens schuf der Künstler zahlreiche Versionen dieses Kompositionstyps und stieß damit bereits zu seinen Lebzeiten auf die begeisterte Zustimmung von Sammlern.

Das vorliegende Werk ist eine der gelungensten Kompositionen Guardis dieser Art. Der Säulengang ist als jener der Torre dell’Orologio in Venedig erkennbar, wie er sich von der mit Geschäften gesäumten Merceria aus darstellt. Die raffinierte Rokokolaterne, die in diesem Werk vom Gewölbe des Bogens herabhängt, wurde jetzt durch eine moderne Version ersetzt. Hinter dem Bogen, auf der linken Seite, befinden sich anstelle der Markuskirche rustikale Gebäude und eine Kuppelkirche, rechts ein Rundturm und in der Ferne die Lagune mit zwei Segelbooten. Die Straßenszene ist mit Figuren von Kaufleuten und Herren, Wäscherinnen und Hunden belebt.

Bemerkenswert ist die ausgeprägte Übereinstimmung jedes Details des vorliegenden Werkes mit dem Gemälde, das einst Lord Normanton gehörte und sich heute in einer Privatsammlung befindet (A. Morassi, Guardi. Antonio e Francesco Guardi, Venedig 1973, Bd. 1, S. 454, Nr. 454; B. A. Kowalczyk, in: De Zurbaran à Rothko. Sammlung Alicia Koplowitz, Ausstellungskatalog, Brüssel 2017, S. 92f., Nr. 27; Abb. 1). Der besondere Stil und die Ausführung der Zeichnung legen nahe, dass es sich um eine vorbereitende Arbeit für eine Radierung handelt. Radierungen nach Kompositionen Francesco Guardis sind im Gegensatz zu Blättern nach Ansichten anderer venezianischer Vedutisten selten: Canaletto (1697‒1768) arbeitete mit mehreren Radierern wie Antonio Visentini und Giovanni Battista Brustolon zusammen, und sein Neffe Bellotto (1722‒1780) setzte seine eigenen Gemälde und Zeichnungen selbst in Drucke um. Zwei weitere von Guardis Blicken durch einen Bogen, die wohl als die attraktivsten Ansichten ausgewählt wurden, wurden gestochen: ein Pendant zu dem Lord-Normanton-Gemälde, das die gleiche Sammlungsgeschichte hat, Der Säulengang des Dogenpalasts in Venedig gegen die Kirche San Giorgio Maggiore hin, das in der linken unteren Ecke mit „F. G. P.“ monogrammiert ist (siehe A. Morassi 1973, Bd. 1, S. 454, unter Nr. 776, Bd. 2, Abb. 709; B. A. Kowalczyk 2017, S. 92f., Nr. 27), und das in der National Gallery London aufbewahrte, gleichfalls signierte Architekturcapriccio mit dem Säulengang der Torre dell’Orologio, das sich durch eine ähnlich hohe Qualität auszeichnet. Sir Michael Levey vermutete, dass die Arbeit im ehemaligen Besitz Lord Normantons und das Capriccio der National Gallery ursprünglich Teil einer Serie waren (siehe M. Levey, National Gallery Catalogues. The Seventeenth and Eighteenth Century Italian Schools, London 1971, S. 130f., Nr. NG2523; A. Morassi 1973, Bd. 1, S. 784).

Bestätigt wird diese Vermutung durch das kürzliche Bekanntwerden des vorliegenden Blattes und das Auffinden des damit in Beziehung stehenden bisher unbekannten Drucks, der von dem gleichen Radierer aus Parma, Dionigi Valesi (tätig 1730‒um 1777), angefertigt wurde und am 26. Mai 2020 bei Gonnelli Libreria Antiquaria & Casa d’Aste in Florenz mit dem Architekturcapriccio nach dem Gemälde in der National Gallery London, Nr. NG2523 als Lot 122 zur Versteigerung kam. Mit zwei schönen Venedig-Ansichten ‒ Der Canal Grande mit der Riva di Biasio und Die Insel San Giorgio Maggiore (siehe R. Gallo, L’Incisione nel ’700 a Venezia e a Bassano, Venedig 1941, S. 45; D. Succi, in: Da Carlevarijs a Tiepolo. Incisori veneti e friulani del Settecento, Ausstellungskatalog, Venedig 1983, S. 413, Nr. 539, 540) ‒ beläuft sich damit die Zahl von Valesis gedruckten Werken nach Guardi auf fünf. Die vorbereitenden Zeichnungen müssen im Jahr 1777 oder etwas früher entstanden sein, da sie das Gesuch um das Privileg für den Druck „einiger Venedig-Ansichten des berühmten Francesco Guardi und verschiedener Architekturcapriccios“ begleiteten, das der venezianische Buchhändler Melchior Gabrieli am 19. August des Jahres an den Senat der Serenissima richtete. Das Privileg wurde am 23. Mai 1778 nach dem positiven Urteil der Riformatori dello studio di Padova gewährt, die die Bedeutung und den Ruhm des Meisters würdigten und die Qualität der Zeichnungen als „für Erfindung und Schönheit völlig neu“ bewunderten und aufgrund „ihrer sorgfältigen, feinen und gut ausgeführten Umsetzung“ schätzten (siehe R. Gallo 1941, S. 44f.). Der Name des Stechers wird bei dieser Gelegenheit nicht genannt, doch könnte neben Valesi auch Antonio Sandi beauftragt worden sein (für die drei anderen Radierungen nach Guardi zeichnet Antonio Sandi [1733‒1817] verantwortlich; siehe D. Succi 1983, S. 348f., Nr. 447‒449).

Es lässt sich nicht feststellen, ob das vorliegende Blatt unter den von Gabrieli vorgelegten Zeichnungen war, aber es entspricht sicherlich einem der entscheidenden Schritte der Vorbereitungsarbeiten. Sorgfältig der Komposition des Gemäldes im ehemaligen Besitz Lord Normantons folgend, jede Linie und Proportion erkundend und anpassend, arbeitete Francesco Guardi ganz gezielt an der Übersetzung der Komposition in einen Stich. Bei einer Reihe maßgeblicher Pendimenti wurden die Bögen mit einem Zirkel ausgeführt, bis sie schließlich auch an den Licht- und Schattenstellen genau mit jenen des Gemäldes übereinstimmten. Der Künstler arbeitete zunächst mit einer weichen braunen Tusche und verstärkte die Umrisslinien mit einem sehr dunklen Ton, den er mit sicheren und fließenden Bewegungen auftrug. Große Bedeutung maß er dem Vordergrund bei, wo er mit den dunklen Flecken auf den Kleidern der Figuren, auf den auf der Straße ausgestellten Waren und den am Eingang des Ladens hängenden Kleidern die Weichheit der Farbschichten andeutete. Der raffinierte Wechsel der Braun- und Graulavierungen war gewiss auch ein Leitfaden für den Radierer: Das Grau zeigt die Zonen mit helleren Schatten wie an der Wand rechts an.

Ein ähnliches Vorgehen und eine verwandte Technik kennzeichnen die Vorzeichnungen für zwei weitere Blätter der Serie von Valesi, die wie das vorliegende Blatt allesamt herausragende Kunstwerke sind: Der Säulengang des Dogenpalasts in Venedig gegen die Kirche San Giorgio Maggiore hin, ehemals Sammlung Crespi, Mailand (nach dem Pendant, das sich ehemals im Besitz Lord Normantons-befand) (siehe A. Morassi, Guardi. Tutti i disegni di Antonio, Francesco e Giacomo Guardi, Venedig 1975, S. 171, Nr. 534, Abb. 526; Sammlung Colonna, Turin, danach Sammlung Crespi, Mailand; Auktion Christie’s, Mailand, 30. Mai 2012, Los 10; Pandolfini Casa d’Aste, Florenz, 30. Oktober 2018, Los 193; Galerie Eric Coatalem, Paris, 2019), und das Architekturcapriccio mit dem Säulengang der Torre dell’Orologio, Kupferstichkabinett, Berlin (nach dem Gemälde in der Nationalgalerie) (siehe A. Morassi 1975, S. 174, Nr. 549, Abb. 538).

Neben verschiedenen Bildfassungen (die vorliegende Komposition wurde von Guardi mit Abweichungen auch für das Gemälde in der Alten Pinakothek, München, und eine kleinere, ovale Fassung auf einer Tafel in der Wallace Collection, London, übernommen; siehe A. Morassi 1975, Bd. 1, S. 461, Nr. 812 und 814; Bd. 2, Abb. 737 und 740) schuf Guardi in späteren Jahren weitere Zeichnungen mit ähnlichen Kompositionen. Die für den Kunsthandel bestimmten Blätter zeigen die ihm eigentümliche zitternde, weniger definierte Linienführung, die freier und luftiger wirkt. Die vorliegende Komposition findet sich mit geringfügigen Abweichungen auf dem signierten Blatt im British Museum (siehe A. Morassi 1975, S. 179, Nr. 584, Abb. 574) und in der Version im Courtauld Institute of Art, London (siehe A. Morassi 1975, S. 179f., Nr. 585, Abb. 575), wieder; die beiden anderen wiederholen sich bei den Blättern im Besitz des Real Print Room, Kopenhagen (siehe A. Morassi 1975, S. 171, Nr. 533, Abb. 525) und im Metropolitan Museum of Art, New York (siehe A. Morassi 1975, S. 173f., Nr. 548, Abb. 537).

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

11.05.2022 - 16:00

Erzielter Preis: **
EUR 50.175,-
Schätzwert:
EUR 40.000,- bis EUR 60.000,-

Francesco Guardi


(Venedig 1712–1793)
Der Säulengang des Torre dell’Orologio in Venedig mit Läden und Frauen im Gespräch,
Feder in Braun, braun und grau laviert, über Bleistift, Weißhöhungen, auf Karton aufgezogen, 35 x 27,5 cm, gerahmt

Provenienz:
The Brod Gallery, London (als Francesco Guardi);
dort um 1968 erworben durch den Vater des jetzigen Besitzers;
Privatsammlung, England

Wir danken Bożena Anna Kowalczyk, die die Zuschreibung des vorliegenden Werks nach dessen Prüfung im Original bestätigt hat, für ihre Hilfe bei der Katalogisierung.

Erst spät in seiner künstlerischen Laufbahn spezialisierte sich Francesco Guardi um 1755 auf das Malen von Ansichten, erlangte aber schnell internationalen Ruhm bei britischen Mäzenen und setzte mit der durch ihn erneuerten Vorstellung von Malerei und Zeichnung die Tradition Canalettos fort. Topografisch vorhanden oder erfunden, gemalt oder gezeichnet ‒ der Blick durch einen Bogengang ist Inbegriff seines szenografischen Geschmacks, seiner erfinderischen Freiheit und unerschöpflichen Inspiration. Von etwa 1770 bis in die letzten Jahre seines Lebens schuf der Künstler zahlreiche Versionen dieses Kompositionstyps und stieß damit bereits zu seinen Lebzeiten auf die begeisterte Zustimmung von Sammlern.

Das vorliegende Werk ist eine der gelungensten Kompositionen Guardis dieser Art. Der Säulengang ist als jener der Torre dell’Orologio in Venedig erkennbar, wie er sich von der mit Geschäften gesäumten Merceria aus darstellt. Die raffinierte Rokokolaterne, die in diesem Werk vom Gewölbe des Bogens herabhängt, wurde jetzt durch eine moderne Version ersetzt. Hinter dem Bogen, auf der linken Seite, befinden sich anstelle der Markuskirche rustikale Gebäude und eine Kuppelkirche, rechts ein Rundturm und in der Ferne die Lagune mit zwei Segelbooten. Die Straßenszene ist mit Figuren von Kaufleuten und Herren, Wäscherinnen und Hunden belebt.

Bemerkenswert ist die ausgeprägte Übereinstimmung jedes Details des vorliegenden Werkes mit dem Gemälde, das einst Lord Normanton gehörte und sich heute in einer Privatsammlung befindet (A. Morassi, Guardi. Antonio e Francesco Guardi, Venedig 1973, Bd. 1, S. 454, Nr. 454; B. A. Kowalczyk, in: De Zurbaran à Rothko. Sammlung Alicia Koplowitz, Ausstellungskatalog, Brüssel 2017, S. 92f., Nr. 27; Abb. 1). Der besondere Stil und die Ausführung der Zeichnung legen nahe, dass es sich um eine vorbereitende Arbeit für eine Radierung handelt. Radierungen nach Kompositionen Francesco Guardis sind im Gegensatz zu Blättern nach Ansichten anderer venezianischer Vedutisten selten: Canaletto (1697‒1768) arbeitete mit mehreren Radierern wie Antonio Visentini und Giovanni Battista Brustolon zusammen, und sein Neffe Bellotto (1722‒1780) setzte seine eigenen Gemälde und Zeichnungen selbst in Drucke um. Zwei weitere von Guardis Blicken durch einen Bogen, die wohl als die attraktivsten Ansichten ausgewählt wurden, wurden gestochen: ein Pendant zu dem Lord-Normanton-Gemälde, das die gleiche Sammlungsgeschichte hat, Der Säulengang des Dogenpalasts in Venedig gegen die Kirche San Giorgio Maggiore hin, das in der linken unteren Ecke mit „F. G. P.“ monogrammiert ist (siehe A. Morassi 1973, Bd. 1, S. 454, unter Nr. 776, Bd. 2, Abb. 709; B. A. Kowalczyk 2017, S. 92f., Nr. 27), und das in der National Gallery London aufbewahrte, gleichfalls signierte Architekturcapriccio mit dem Säulengang der Torre dell’Orologio, das sich durch eine ähnlich hohe Qualität auszeichnet. Sir Michael Levey vermutete, dass die Arbeit im ehemaligen Besitz Lord Normantons und das Capriccio der National Gallery ursprünglich Teil einer Serie waren (siehe M. Levey, National Gallery Catalogues. The Seventeenth and Eighteenth Century Italian Schools, London 1971, S. 130f., Nr. NG2523; A. Morassi 1973, Bd. 1, S. 784).

Bestätigt wird diese Vermutung durch das kürzliche Bekanntwerden des vorliegenden Blattes und das Auffinden des damit in Beziehung stehenden bisher unbekannten Drucks, der von dem gleichen Radierer aus Parma, Dionigi Valesi (tätig 1730‒um 1777), angefertigt wurde und am 26. Mai 2020 bei Gonnelli Libreria Antiquaria & Casa d’Aste in Florenz mit dem Architekturcapriccio nach dem Gemälde in der National Gallery London, Nr. NG2523 als Lot 122 zur Versteigerung kam. Mit zwei schönen Venedig-Ansichten ‒ Der Canal Grande mit der Riva di Biasio und Die Insel San Giorgio Maggiore (siehe R. Gallo, L’Incisione nel ’700 a Venezia e a Bassano, Venedig 1941, S. 45; D. Succi, in: Da Carlevarijs a Tiepolo. Incisori veneti e friulani del Settecento, Ausstellungskatalog, Venedig 1983, S. 413, Nr. 539, 540) ‒ beläuft sich damit die Zahl von Valesis gedruckten Werken nach Guardi auf fünf. Die vorbereitenden Zeichnungen müssen im Jahr 1777 oder etwas früher entstanden sein, da sie das Gesuch um das Privileg für den Druck „einiger Venedig-Ansichten des berühmten Francesco Guardi und verschiedener Architekturcapriccios“ begleiteten, das der venezianische Buchhändler Melchior Gabrieli am 19. August des Jahres an den Senat der Serenissima richtete. Das Privileg wurde am 23. Mai 1778 nach dem positiven Urteil der Riformatori dello studio di Padova gewährt, die die Bedeutung und den Ruhm des Meisters würdigten und die Qualität der Zeichnungen als „für Erfindung und Schönheit völlig neu“ bewunderten und aufgrund „ihrer sorgfältigen, feinen und gut ausgeführten Umsetzung“ schätzten (siehe R. Gallo 1941, S. 44f.). Der Name des Stechers wird bei dieser Gelegenheit nicht genannt, doch könnte neben Valesi auch Antonio Sandi beauftragt worden sein (für die drei anderen Radierungen nach Guardi zeichnet Antonio Sandi [1733‒1817] verantwortlich; siehe D. Succi 1983, S. 348f., Nr. 447‒449).

Es lässt sich nicht feststellen, ob das vorliegende Blatt unter den von Gabrieli vorgelegten Zeichnungen war, aber es entspricht sicherlich einem der entscheidenden Schritte der Vorbereitungsarbeiten. Sorgfältig der Komposition des Gemäldes im ehemaligen Besitz Lord Normantons folgend, jede Linie und Proportion erkundend und anpassend, arbeitete Francesco Guardi ganz gezielt an der Übersetzung der Komposition in einen Stich. Bei einer Reihe maßgeblicher Pendimenti wurden die Bögen mit einem Zirkel ausgeführt, bis sie schließlich auch an den Licht- und Schattenstellen genau mit jenen des Gemäldes übereinstimmten. Der Künstler arbeitete zunächst mit einer weichen braunen Tusche und verstärkte die Umrisslinien mit einem sehr dunklen Ton, den er mit sicheren und fließenden Bewegungen auftrug. Große Bedeutung maß er dem Vordergrund bei, wo er mit den dunklen Flecken auf den Kleidern der Figuren, auf den auf der Straße ausgestellten Waren und den am Eingang des Ladens hängenden Kleidern die Weichheit der Farbschichten andeutete. Der raffinierte Wechsel der Braun- und Graulavierungen war gewiss auch ein Leitfaden für den Radierer: Das Grau zeigt die Zonen mit helleren Schatten wie an der Wand rechts an.

Ein ähnliches Vorgehen und eine verwandte Technik kennzeichnen die Vorzeichnungen für zwei weitere Blätter der Serie von Valesi, die wie das vorliegende Blatt allesamt herausragende Kunstwerke sind: Der Säulengang des Dogenpalasts in Venedig gegen die Kirche San Giorgio Maggiore hin, ehemals Sammlung Crespi, Mailand (nach dem Pendant, das sich ehemals im Besitz Lord Normantons-befand) (siehe A. Morassi, Guardi. Tutti i disegni di Antonio, Francesco e Giacomo Guardi, Venedig 1975, S. 171, Nr. 534, Abb. 526; Sammlung Colonna, Turin, danach Sammlung Crespi, Mailand; Auktion Christie’s, Mailand, 30. Mai 2012, Los 10; Pandolfini Casa d’Aste, Florenz, 30. Oktober 2018, Los 193; Galerie Eric Coatalem, Paris, 2019), und das Architekturcapriccio mit dem Säulengang der Torre dell’Orologio, Kupferstichkabinett, Berlin (nach dem Gemälde in der Nationalgalerie) (siehe A. Morassi 1975, S. 174, Nr. 549, Abb. 538).

Neben verschiedenen Bildfassungen (die vorliegende Komposition wurde von Guardi mit Abweichungen auch für das Gemälde in der Alten Pinakothek, München, und eine kleinere, ovale Fassung auf einer Tafel in der Wallace Collection, London, übernommen; siehe A. Morassi 1975, Bd. 1, S. 461, Nr. 812 und 814; Bd. 2, Abb. 737 und 740) schuf Guardi in späteren Jahren weitere Zeichnungen mit ähnlichen Kompositionen. Die für den Kunsthandel bestimmten Blätter zeigen die ihm eigentümliche zitternde, weniger definierte Linienführung, die freier und luftiger wirkt. Die vorliegende Komposition findet sich mit geringfügigen Abweichungen auf dem signierten Blatt im British Museum (siehe A. Morassi 1975, S. 179, Nr. 584, Abb. 574) und in der Version im Courtauld Institute of Art, London (siehe A. Morassi 1975, S. 179f., Nr. 585, Abb. 575), wieder; die beiden anderen wiederholen sich bei den Blättern im Besitz des Real Print Room, Kopenhagen (siehe A. Morassi 1975, S. 171, Nr. 533, Abb. 525) und im Metropolitan Museum of Art, New York (siehe A. Morassi 1975, S. 173f., Nr. 548, Abb. 537).

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
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Auktion: Alte Meister I
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 11.05.2022 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 30.04. - 11.05.2022


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer(für Lieferland Österreich)

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