Lot Nr. 388


Giuseppe Bernardino Bison


Giuseppe Bernardino Bison - Alte Meister II

(Palmanova 1772–1844 Mailand)
Der Campo Santo Giovanni e Paolo in Venedig,
Öl auf Leinwand, 32,4 x 49,8 cm, gerahmt

Wir danken Fabrizio Magani, der die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes vorgeschlagen hat.

Das vorliegende Gemälde zeigt einen der beliebtesten Orte Venedigs mit der gleichnamigen Basilika, der Scuola Grande di San Marco und dem Reiterstandbild des Colleoni in typischer Atmosphäre, Lebendigkeit, Monumentalität und architektonischer Detailfreude. Die „Canaletto’sche“ Quelle ist nicht schwer auszumachen: Unser Bild beruft sich auf ein Blatt innerhalb einer Serie, die Canaletto selbst und Antonio Visentini als Urbis Venetiarum prospectus celebriores veröffentlichten: eine herausragende Sammlung von Druckgrafiken, die das Bild Venedigs im internationalen Kunsthandel präsent machen sollten.

Genauer gesagt bezieht sich die vorliegende Darstellung auf den mit Platea S.S. Iohannis et Pauli, eorum Templum et Schola D. Marci betitelten Stich. Bison hält sich hier an den typischen Stil des Vedutismo als Erbe der Vergangenheit, doch gleichzeitig gelingt es ihm, die Tradition zeitgemäß zu interpretieren und zu erneuern. Canaletto vergleichbar ist die Friedlichkeit, mit der die Szene porträtiert ist, obschon sie von kreuzenden Booten, den pittoresken Figurengruppen im Vordergrund und dem sonnigen Licht des Tages belebt wird, in dem sich helle und dunkle Flecken zweckmäßig verteilen. Letztlich rufen die weiten venezianischen Räume, der breite, scharfe Horizont, das lebendig eingefangene Stadtleben und der besondere Fokus auf die erfindungsreich dargestellten Figuren Canaletto in Erinnerung.

In den letzten Jahren des 18. Jahrhunderts hatten viele junge Künstler begriffen, dass die Produktion von Repliken venezianischer Ansichten der berühmten Meister finanzielle Vorteile bedeutete, und sie begannen ihre Tätigkeit auf die Herstellung von Reproduktionen der bekanntesten Plätze der Stadt auszurichten. Als sich die Zeiten und der Geschmack der Menschen verändert hatten, verkauften sie ihre Werke auf dem Kunstmarkt. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Bison sich für seine Neuschöpfung einer Venedigansicht auf einen Stich berief.

Im vorliegenden Werk hat er die durch den niedrigen Blickpunkt erzielte Perspektive wirksam eingefangen und dabei die architektonischen Linien präzise festgehalten. Der Farbauftrag ist kompakt, wodurch die einzelnen Bildbereiche leicht zu identifizieren sind. Ihre mit der Ölfarbe erzielte Festigkeit scheint einer persönlichen Neuinterpretation der für die venezianische Kunst des 18. Jahrhunderts typischen macchia zu entsprechen. Dieses Stilmerkmal lässt vermuten, dass das Gemälde während Bisons Zeit in Mailand entstand, wo Bison eng mit dem Händler und Agenten Raffaello Tosoni zusammenarbeitete, der ihm half, seine Werke zu verkaufen, und ihm Zugang zu den Ausstellungen in der Brera verschaffte. Auf der Liste von Werken, die Bison für Tosoni schuf und über ihn verkaufte und die 1940 von Carolina Piperata veröffentlicht wurde (siehe C. Piperata, Giuseppe Bernardino Bison [1762–1844], Florenz 1940), finden sich viele Beispiele Bisons, die sich auf Canaletto beziehen: ein Beweis dafür, wie weitverbreitet die Begeisterung für den Vedutismo des 18. Jahrhunderts selbst unter den Mailänder Sammlern war.

Der in Palmanova geborene Bison verbrachte nach seinen Anfängen in Venedig, wo er mit Ausstattungsprogrammen sowie mit der Landschafts- und Vedutenmalerei befasst war, etwa dreißig Jahre in Triest und lebte ab 1831 in Mailand. Trotz seiner langen künstlerischen Laufbahn in unterschiedlichen Regionen hielt Bison nichtsdestotrotz dem traditionellen Vedutismo venezianischer Prägung die Treue.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

10.11.2022 - 18:59

Schätzwert:
EUR 25.000,- bis EUR 35.000,-
Startpreis:
EUR 24.000,-

Giuseppe Bernardino Bison


(Palmanova 1772–1844 Mailand)
Der Campo Santo Giovanni e Paolo in Venedig,
Öl auf Leinwand, 32,4 x 49,8 cm, gerahmt

Wir danken Fabrizio Magani, der die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes vorgeschlagen hat.

Das vorliegende Gemälde zeigt einen der beliebtesten Orte Venedigs mit der gleichnamigen Basilika, der Scuola Grande di San Marco und dem Reiterstandbild des Colleoni in typischer Atmosphäre, Lebendigkeit, Monumentalität und architektonischer Detailfreude. Die „Canaletto’sche“ Quelle ist nicht schwer auszumachen: Unser Bild beruft sich auf ein Blatt innerhalb einer Serie, die Canaletto selbst und Antonio Visentini als Urbis Venetiarum prospectus celebriores veröffentlichten: eine herausragende Sammlung von Druckgrafiken, die das Bild Venedigs im internationalen Kunsthandel präsent machen sollten.

Genauer gesagt bezieht sich die vorliegende Darstellung auf den mit Platea S.S. Iohannis et Pauli, eorum Templum et Schola D. Marci betitelten Stich. Bison hält sich hier an den typischen Stil des Vedutismo als Erbe der Vergangenheit, doch gleichzeitig gelingt es ihm, die Tradition zeitgemäß zu interpretieren und zu erneuern. Canaletto vergleichbar ist die Friedlichkeit, mit der die Szene porträtiert ist, obschon sie von kreuzenden Booten, den pittoresken Figurengruppen im Vordergrund und dem sonnigen Licht des Tages belebt wird, in dem sich helle und dunkle Flecken zweckmäßig verteilen. Letztlich rufen die weiten venezianischen Räume, der breite, scharfe Horizont, das lebendig eingefangene Stadtleben und der besondere Fokus auf die erfindungsreich dargestellten Figuren Canaletto in Erinnerung.

In den letzten Jahren des 18. Jahrhunderts hatten viele junge Künstler begriffen, dass die Produktion von Repliken venezianischer Ansichten der berühmten Meister finanzielle Vorteile bedeutete, und sie begannen ihre Tätigkeit auf die Herstellung von Reproduktionen der bekanntesten Plätze der Stadt auszurichten. Als sich die Zeiten und der Geschmack der Menschen verändert hatten, verkauften sie ihre Werke auf dem Kunstmarkt. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Bison sich für seine Neuschöpfung einer Venedigansicht auf einen Stich berief.

Im vorliegenden Werk hat er die durch den niedrigen Blickpunkt erzielte Perspektive wirksam eingefangen und dabei die architektonischen Linien präzise festgehalten. Der Farbauftrag ist kompakt, wodurch die einzelnen Bildbereiche leicht zu identifizieren sind. Ihre mit der Ölfarbe erzielte Festigkeit scheint einer persönlichen Neuinterpretation der für die venezianische Kunst des 18. Jahrhunderts typischen macchia zu entsprechen. Dieses Stilmerkmal lässt vermuten, dass das Gemälde während Bisons Zeit in Mailand entstand, wo Bison eng mit dem Händler und Agenten Raffaello Tosoni zusammenarbeitete, der ihm half, seine Werke zu verkaufen, und ihm Zugang zu den Ausstellungen in der Brera verschaffte. Auf der Liste von Werken, die Bison für Tosoni schuf und über ihn verkaufte und die 1940 von Carolina Piperata veröffentlicht wurde (siehe C. Piperata, Giuseppe Bernardino Bison [1762–1844], Florenz 1940), finden sich viele Beispiele Bisons, die sich auf Canaletto beziehen: ein Beweis dafür, wie weitverbreitet die Begeisterung für den Vedutismo des 18. Jahrhunderts selbst unter den Mailänder Sammlern war.

Der in Palmanova geborene Bison verbrachte nach seinen Anfängen in Venedig, wo er mit Ausstattungsprogrammen sowie mit der Landschafts- und Vedutenmalerei befasst war, etwa dreißig Jahre in Triest und lebte ab 1831 in Mailand. Trotz seiner langen künstlerischen Laufbahn in unterschiedlichen Regionen hielt Bison nichtsdestotrotz dem traditionellen Vedutismo venezianischer Prägung die Treue.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

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Auktion: Alte Meister II
Auktionstyp: Online Auction
Datum: 10.11.2022 - 18:59
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 22.10. - 09.11.2022