Lot Nr. 117


Camillo Boccaccino


Camillo Boccaccino - Meisterzeichnungen und Druckgraphik bis 1900

(Cremona 1501-1546)
Studie einer heiligen Märtyrerin (recto), männlicher Torso in Rüstung (verso), rote Kreide auf Bütten, 24,2 x 12 cm, alt auf Unterlage mongiert, Passep., gerahmt, (Sch)

Provenienz:
Privatsammlung, Italien.

Gutachten von Prof. Marco Tanzi, 24. Februar 2021 (in Kopie) vorhanden.

Die vorliegende Zeichnung in roter Kreide ist ein typisches Beispiel für den graphischen Stil des Cremoneser Malers Camillo Boccaccino (1504/05-1546). Er war ein Vertreter des Manierismus in Valpadana, der zu den besten Zeichnern seiner Generation gehörte und dessen Werke sich durch ein bemerkenswertes Qualitätsniveau und eine technische Vielfalt auszeichnen (siehe: Attorno agli amori. Camillo Boccaccino sacro e profano, Brera a occhi aperti, Sesto Dialogo, Ausst. Kat. Mailand, Pinacoteca di Brera, 29. März – 1. Juli 2018, hrsg. Von E. Daffra, M. Tanzi, Mailand 2018). Der Stil seiner Zeichnungen wurde daher auch oft mit den Werken von bekannteren Meistern wie Andrea Schiavone (um 1510-1563) und Parmigianino (1503-1540) verwechselt. Die Darstellung der Märtyrerin auf der Vorderseite des vorliegenden Blattes zeigt besonders deutlich den stilistischen Einfluss von Parmigianino, vor allem das Vorbild seiner Fresken mit den „Drei weisen Jungfrauen“ und den „Drei törichten Jungfrauen“, die der Künstler zwischen 1531 und 1539 im Gewölbe des Presbyteriums der Basilika Santa Maria della Steccata in Parma schuf.

Es sind zahlreiche Zeichnungen in roter Kreide von Camillo Boccaccino erhalten, die sowohl technisch als auch stilistisch mit der vorliegenden Zeichnung vergleichbar sind. Die grazile Darstellung der eleganten, langgestreckten Frauenfiguren ist auch in den kleinen freskierten Tafeln der Marienkapelle in San Sigismondo in Cremona zu finden. Weitere Vergleiche finden sich etwa in einer Studie zur „Madonna mit Kind und dem Johannesknaben“ (Inv. 1863,0509.938) und einem Blatt mit „Kopfstudien“ (Inv. 1905,1110.10) im British Museum, London; einige weitere vergleichbare Zeichnungen des Künstlers befinden sich im Musée du Louvre, Paris, darunter eine „Weibliche Halbfigur in Dreiviertelansicht“ (Inv. 6645) und „Studien für eine weibliche Figur und einen großen Männerkopf“ (Inv. 11822). Im Gesicht der Heiligen sind zudem Analogien zu einer Zeichnung in schwarzer Kreide mit „Vier Kopfstudien im Profil“ in den Uffizien, Florenz (Inv. 13613 F) festzustellen. Ebenfalls in schwarzer Kreide ausgeführt ist eine Studie zur „Heiligen Familie“ in der Biblioteca Ambrosiana, in Mailand (Cod F 271 Inf. n. 69) und die „Vermählung Mariens“ in der Staatlichen Graphischen Sammlung, München (Inv. 3087). Die Rüstung auf der Rückseite des Blattes ist vergleichbar mit einer Zeichnung in der Pinacoteca di Brera (Inv. Dis. 676), bei der es sich um eine Darstellung von Karl V. als nacktem Greis handelt, der gerade dabei ist, seine Waffen zu verbrennen. Die hier angeführten Beispiele zählen nur einige der bekanntesten Zeichnungen des Künstlers in den wichtigsten öffentlichen Sammlungen auf, welche unzweifelhaft die besondere Qualität und Zuschreibung der vorliegenden Studie bestätigen.

Die vorliegende Zeichnung stellt somit ein besonderes Beispiel für die Zeichenkunst von Camillo Boccaccino dar und lässt sich stilistisch in die 1540er Jahre datieren, als sich der Künstler intensiv mit dem Stil und der Poesie der Werke Parmigianinos auseinandersetzte.

Expertin: Mag. Astrid-Christina Schierz Mag. Astrid-Christina Schierz
+43-1-515 60-546

astrid.schierz@dorotheum.at

04.04.2023 - 13:58

Erzielter Preis: **
EUR 3.900,-
Schätzwert:
EUR 3.000,- bis EUR 4.000,-
Startpreis:
EUR 3.000,-

Camillo Boccaccino


(Cremona 1501-1546)
Studie einer heiligen Märtyrerin (recto), männlicher Torso in Rüstung (verso), rote Kreide auf Bütten, 24,2 x 12 cm, alt auf Unterlage mongiert, Passep., gerahmt, (Sch)

Provenienz:
Privatsammlung, Italien.

Gutachten von Prof. Marco Tanzi, 24. Februar 2021 (in Kopie) vorhanden.

Die vorliegende Zeichnung in roter Kreide ist ein typisches Beispiel für den graphischen Stil des Cremoneser Malers Camillo Boccaccino (1504/05-1546). Er war ein Vertreter des Manierismus in Valpadana, der zu den besten Zeichnern seiner Generation gehörte und dessen Werke sich durch ein bemerkenswertes Qualitätsniveau und eine technische Vielfalt auszeichnen (siehe: Attorno agli amori. Camillo Boccaccino sacro e profano, Brera a occhi aperti, Sesto Dialogo, Ausst. Kat. Mailand, Pinacoteca di Brera, 29. März – 1. Juli 2018, hrsg. Von E. Daffra, M. Tanzi, Mailand 2018). Der Stil seiner Zeichnungen wurde daher auch oft mit den Werken von bekannteren Meistern wie Andrea Schiavone (um 1510-1563) und Parmigianino (1503-1540) verwechselt. Die Darstellung der Märtyrerin auf der Vorderseite des vorliegenden Blattes zeigt besonders deutlich den stilistischen Einfluss von Parmigianino, vor allem das Vorbild seiner Fresken mit den „Drei weisen Jungfrauen“ und den „Drei törichten Jungfrauen“, die der Künstler zwischen 1531 und 1539 im Gewölbe des Presbyteriums der Basilika Santa Maria della Steccata in Parma schuf.

Es sind zahlreiche Zeichnungen in roter Kreide von Camillo Boccaccino erhalten, die sowohl technisch als auch stilistisch mit der vorliegenden Zeichnung vergleichbar sind. Die grazile Darstellung der eleganten, langgestreckten Frauenfiguren ist auch in den kleinen freskierten Tafeln der Marienkapelle in San Sigismondo in Cremona zu finden. Weitere Vergleiche finden sich etwa in einer Studie zur „Madonna mit Kind und dem Johannesknaben“ (Inv. 1863,0509.938) und einem Blatt mit „Kopfstudien“ (Inv. 1905,1110.10) im British Museum, London; einige weitere vergleichbare Zeichnungen des Künstlers befinden sich im Musée du Louvre, Paris, darunter eine „Weibliche Halbfigur in Dreiviertelansicht“ (Inv. 6645) und „Studien für eine weibliche Figur und einen großen Männerkopf“ (Inv. 11822). Im Gesicht der Heiligen sind zudem Analogien zu einer Zeichnung in schwarzer Kreide mit „Vier Kopfstudien im Profil“ in den Uffizien, Florenz (Inv. 13613 F) festzustellen. Ebenfalls in schwarzer Kreide ausgeführt ist eine Studie zur „Heiligen Familie“ in der Biblioteca Ambrosiana, in Mailand (Cod F 271 Inf. n. 69) und die „Vermählung Mariens“ in der Staatlichen Graphischen Sammlung, München (Inv. 3087). Die Rüstung auf der Rückseite des Blattes ist vergleichbar mit einer Zeichnung in der Pinacoteca di Brera (Inv. Dis. 676), bei der es sich um eine Darstellung von Karl V. als nacktem Greis handelt, der gerade dabei ist, seine Waffen zu verbrennen. Die hier angeführten Beispiele zählen nur einige der bekanntesten Zeichnungen des Künstlers in den wichtigsten öffentlichen Sammlungen auf, welche unzweifelhaft die besondere Qualität und Zuschreibung der vorliegenden Studie bestätigen.

Die vorliegende Zeichnung stellt somit ein besonderes Beispiel für die Zeichenkunst von Camillo Boccaccino dar und lässt sich stilistisch in die 1540er Jahre datieren, als sich der Künstler intensiv mit dem Stil und der Poesie der Werke Parmigianinos auseinandersetzte.

Expertin: Mag. Astrid-Christina Schierz Mag. Astrid-Christina Schierz
+43-1-515 60-546

astrid.schierz@dorotheum.at


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Auktion: Meisterzeichnungen und Druckgraphik bis 1900
Auktionstyp: Online Auction
Datum: 04.04.2023 - 13:58
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 29.03. - 04.04.2023


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

Es können keine Kaufaufträge über Internet mehr abgegeben werden. Die Auktion befindet sich in Vorbereitung bzw. wurde bereits durchgeführt.