Lot Nr. 544


Johann Baptist Reiter


(Urfahr 1813–1890 Wien)
Porträt des Sohnes Moritz als Edelknabe, um 1877/78, signiert Reiter, Öl auf Leinwand, 62,5 x 49,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Auktion, Kunstsalon A. Pisko, Wien, 15. April 1913, Los 40;
Auktion, Sotheby’s, London, 22. Juni 1983, Los 214;
Privatsammlung, Wien.

Verzeichnet in:
Alice Strobl, Johann Baptist Reiter, Wien, München 1963, S. 101, Nr. 370.

Wir danken Dr. Lothar Schultes für die wissenschaftliche Unterstützung.

Gegenstück zu Los 545

Die beiden Bilder waren der Literatur bisher nur dem Titel nach bekannt. Sie zeigen den 1862 geborenen Sohn und die zwei Jahre jüngere Tochter des Malers als Edelknabe und Edelfräulein. Das Alter der beiden legt eine Entstehung der Bilder um 1877/79 nahe. Für diese Zeit spricht auch die Form der Signatur, die jener auf den etwa zeitgleichen Bildern „Die Apfelschälerin“ und „Der Hanfhandel“ entspricht (Lothar Schultes, Johann Baptist Reiter, Salzburg 2013, Abb. 322, 372). Die Geburt seiner Kinder löste bei Reiter eine intensive Schaffensphase aus. Zahlreiche Werke zeigen Lexi als Kleinkind und zur Schönheit heranreifendes junges Mädchen. Besonders gut vergleichbar ist ein, nur als Foto bekanntes Gemälde, das sie etwa zwölfjährig mit Zöpfen und Strohhut beim Blumenpflücken zeigt (Schultes, Abb. 316). Damals entstanden mehrere Bilder, in denen Reiter seine Kinder in verschiedenen Rollen porträtierte, so etwa mit Pfeil und Bogen als Kinder der Vorzeit oder, wie im vorliegenden Fall, in reichem Fantasiekostüm als Prinzenpaar. Strobl erwähnt auch ein Bild, auf dem Moritz in spanischem Kostüm zu sehen ist, ein Gegenstück mit Lexi als Spanierin ist zu vermuten. Reiter folgte damit dem für die Gründerzeit charakteristischen Hang zu historisierenden Verkleidungen, man denke etwa an den von Hans Makart inszenierten Festzug zur silbernen Hochzeit des Kaiserpaars. Die Tracht erinnert an jene der Renaissance, und auch für den Hals- und Kopfschmuck des Mädchens könnte Reiter historische Vorbilder frei abgewandelt haben. Hinzu kommt, dass er zu den ersten Malern gehörte, die, wie später Franz von Stuck, ihre schönen Töchter geradezu vergötterten. In dieser Zeit wandte er sich einer äußerst präzisen Malweise zu, die 1879 im Selbstbildnis mit 66 Jahren einen Höhepunkt erreichte (Schultes, Abb. 359). So sind auch bei den Kindern nicht nur Gesicht und Hände, sondern auch Haar und Schmuck sowie die Kostüme mit großer Akribie wiedergegeben, verbunden mit einer intensiven Farbigkeit. All dies unterscheidet Reiters Spätwerk von seinen Zeitgenossen und zeugt von seiner unbeirrbaren Eigenständigkeit.

Expertin: Johanna Plank, MA Johanna Plank, MA
+43-1-515 60-501

johanna.plank@dorotheum.at

24.10.2023 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 19.800,-
Schätzwert:
EUR 15.000,- bis EUR 20.000,-

Johann Baptist Reiter


(Urfahr 1813–1890 Wien)
Porträt des Sohnes Moritz als Edelknabe, um 1877/78, signiert Reiter, Öl auf Leinwand, 62,5 x 49,5 cm, gerahmt

Provenienz:
Auktion, Kunstsalon A. Pisko, Wien, 15. April 1913, Los 40;
Auktion, Sotheby’s, London, 22. Juni 1983, Los 214;
Privatsammlung, Wien.

Verzeichnet in:
Alice Strobl, Johann Baptist Reiter, Wien, München 1963, S. 101, Nr. 370.

Wir danken Dr. Lothar Schultes für die wissenschaftliche Unterstützung.

Gegenstück zu Los 545

Die beiden Bilder waren der Literatur bisher nur dem Titel nach bekannt. Sie zeigen den 1862 geborenen Sohn und die zwei Jahre jüngere Tochter des Malers als Edelknabe und Edelfräulein. Das Alter der beiden legt eine Entstehung der Bilder um 1877/79 nahe. Für diese Zeit spricht auch die Form der Signatur, die jener auf den etwa zeitgleichen Bildern „Die Apfelschälerin“ und „Der Hanfhandel“ entspricht (Lothar Schultes, Johann Baptist Reiter, Salzburg 2013, Abb. 322, 372). Die Geburt seiner Kinder löste bei Reiter eine intensive Schaffensphase aus. Zahlreiche Werke zeigen Lexi als Kleinkind und zur Schönheit heranreifendes junges Mädchen. Besonders gut vergleichbar ist ein, nur als Foto bekanntes Gemälde, das sie etwa zwölfjährig mit Zöpfen und Strohhut beim Blumenpflücken zeigt (Schultes, Abb. 316). Damals entstanden mehrere Bilder, in denen Reiter seine Kinder in verschiedenen Rollen porträtierte, so etwa mit Pfeil und Bogen als Kinder der Vorzeit oder, wie im vorliegenden Fall, in reichem Fantasiekostüm als Prinzenpaar. Strobl erwähnt auch ein Bild, auf dem Moritz in spanischem Kostüm zu sehen ist, ein Gegenstück mit Lexi als Spanierin ist zu vermuten. Reiter folgte damit dem für die Gründerzeit charakteristischen Hang zu historisierenden Verkleidungen, man denke etwa an den von Hans Makart inszenierten Festzug zur silbernen Hochzeit des Kaiserpaars. Die Tracht erinnert an jene der Renaissance, und auch für den Hals- und Kopfschmuck des Mädchens könnte Reiter historische Vorbilder frei abgewandelt haben. Hinzu kommt, dass er zu den ersten Malern gehörte, die, wie später Franz von Stuck, ihre schönen Töchter geradezu vergötterten. In dieser Zeit wandte er sich einer äußerst präzisen Malweise zu, die 1879 im Selbstbildnis mit 66 Jahren einen Höhepunkt erreichte (Schultes, Abb. 359). So sind auch bei den Kindern nicht nur Gesicht und Hände, sondern auch Haar und Schmuck sowie die Kostüme mit großer Akribie wiedergegeben, verbunden mit einer intensiven Farbigkeit. All dies unterscheidet Reiters Spätwerk von seinen Zeitgenossen und zeugt von seiner unbeirrbaren Eigenständigkeit.

Expertin: Johanna Plank, MA Johanna Plank, MA
+43-1-515 60-501

johanna.plank@dorotheum.at


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Auktion: Gemälde des 19. Jahrhunderts
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 24.10.2023 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 14.10. - 24.10.2023


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

Es können keine Kaufaufträge über Internet mehr abgegeben werden. Die Auktion befindet sich in Vorbereitung bzw. wurde bereits durchgeführt.