Lot Nr. 9 -


Umkreis des Vincenzo Foppa


(Brescia um 1430–1515)
Madonna mit Kind und Engeln, flankiert vom den Heiligen Rochus und Sebastian,
Tempera und Öl auf Holz, 52 x 42 cm (bemalte Fläche), 63,5 x 50 cm (gesamt), integrierter Rahmen

Provenienz:
Privatsammlung, Norddeutschland;
Kunsthandel, Deutschland, 2014;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Das vorliegende Gemälde war für die private Andacht bestimmt und zeigt die thronende Madonna, umgeben von einem Engelschor mit den Heiligen Sebastian und Rochus, die vor allem bei Epidemien und Seuchen als Schutzpatrone verehrt wurden.

Im Gegensatz zu dem ungewöhnlichen und ausgesprochen innovativen spätgotischen Aufbau des Rahmens stehen die Figuren des Gemäldes nicht, wie man es erwarten würde, vor einem Goldgrund, sondern erscheinen auf einem naturalistisch gemalten Hintergrund, der wahrscheinlich von flämischen oder möglicherweise auch venezianischen Vorbildern inspiriert ist: ein Himmel mit Wolkenstreifen, die von einem intensiven Blau oben zu einem helleren Ton in Richtung des Horizonts verblassen, mit Blick auf eine Landschaft aus Felsen und Wäldern.

Diese Tafel kann in die Zeit um 1450 datiert werden und steht stilistisch den frühen Werken Vincenzo Foppas nahe. Sie ist vergleichbar mit der Madonna della Siepe in der Sammlung Berenson in Settigano, Florenz (siehe P. Toesca, La Pittura e la Miniatura nella Lombardia, Turin 1966, S. 235f.; M. G. Balzarini, Vincenzo Foppa. La formazione e l’attività giovanile, Florenz 1996, S. 24f.; G. Romano, in: Vincenzo Foppa, Ausstellungskatalog, Mailand 2003, S. 27). Das Gesicht der Madonna, die leicht ins Bild gedreht dargestellt ist, weist einen Typus auf, der dem der Berenson-Tafel sehr ähnlich ist; der Umriss und das feine Helldunkel sind mit der ehemals in der Sammlung Trivulzio befindlichen Madonna, die sich heute in der Pinacoteca des Castello Sforzesco in Mailand befindet, vergleichbar (Balzarini 1996, S. 31). Die Engel sind mit jenen der Madonna della Siepe sowie mit den Engelsgruppen verwandt, die in dem um 1468 vollendeten Freskenzyklus der Portinari-Kapelle in Sant’Eustorgio in Mailand erscheinen und dort jeweils die Darstellung Gottvaters und der Himmelfahrt Mariens flankieren, die sich jeweils im Scheitel der Bogengänge befinden.

Die frühe Nähe des jungen Vincenzo Foppa zur paduanischen Kunsttradition Donatellos und Squarciones zeigt sich in der Plastizität und Modellierung der beiden Heiligen. Der heilige Sebastian ist in athletischer Haltung an eine antike Säule gefesselt dargestellt, worin sich die Bildhauerei und womöglich sogar die Kenntnis des Werks des jungen Mantegna widerspiegelt, obgleich die Modellierung des Helldunkels stilistisch lombardisch bleibt. Die Gesichtszüge des heiligen Rochus sind sehr individuell, was sie in die Nähe des Heiligen Syrus im Minneapolis Institute of Arts rückt, zu einem mit 1455 oder 1456 datierten Flügelaltar gehört (G. Romano, in: Vincenzo Foppa, Ausstellungskatalog, Mailand 2003, S. 108f.).

Für die Bedeutung des Gemäldes im damaligen lombardischen Umfeld spricht die Existenz einer zeitgenössischen Variante: Ein Werk von ähnlichem Aufbau (46 x 36 cm) und mit gleichem Bildthema im Museo di Castelvecchio, Verona (Inv.-Nr. 107), das traditionell einem „Anonimo Veronese“ zugeschrieben wird, in Wirklichkeit aber lombardisch ist, ist vermutlich dem ersten künstlerischen Schaffen Paolo da Caylinas des Älteren aus Brescia zuzurechnen. Er war Foppas Schwager und 1458 sein Mitarbeiter in Pavia, wie die Nähe zu seinem signierten und in dasselbe Jahr zu datierenden Flügelalter aus Sant’Albino in Mortara in der Galleria Sabauda in Turin verrät (siehe P. Toesca, La Pittura e la Miniatura nella Lombardia, Turin 1966, S. 232f.; G. Romano, Vincenzo Foppa, Ausstellungskatalog, Mailand 2003, S. 112).

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

25.10.2023 - 18:00

Schätzwert:
EUR 50.000,- bis EUR 70.000,-

Umkreis des Vincenzo Foppa


(Brescia um 1430–1515)
Madonna mit Kind und Engeln, flankiert vom den Heiligen Rochus und Sebastian,
Tempera und Öl auf Holz, 52 x 42 cm (bemalte Fläche), 63,5 x 50 cm (gesamt), integrierter Rahmen

Provenienz:
Privatsammlung, Norddeutschland;
Kunsthandel, Deutschland, 2014;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Das vorliegende Gemälde war für die private Andacht bestimmt und zeigt die thronende Madonna, umgeben von einem Engelschor mit den Heiligen Sebastian und Rochus, die vor allem bei Epidemien und Seuchen als Schutzpatrone verehrt wurden.

Im Gegensatz zu dem ungewöhnlichen und ausgesprochen innovativen spätgotischen Aufbau des Rahmens stehen die Figuren des Gemäldes nicht, wie man es erwarten würde, vor einem Goldgrund, sondern erscheinen auf einem naturalistisch gemalten Hintergrund, der wahrscheinlich von flämischen oder möglicherweise auch venezianischen Vorbildern inspiriert ist: ein Himmel mit Wolkenstreifen, die von einem intensiven Blau oben zu einem helleren Ton in Richtung des Horizonts verblassen, mit Blick auf eine Landschaft aus Felsen und Wäldern.

Diese Tafel kann in die Zeit um 1450 datiert werden und steht stilistisch den frühen Werken Vincenzo Foppas nahe. Sie ist vergleichbar mit der Madonna della Siepe in der Sammlung Berenson in Settigano, Florenz (siehe P. Toesca, La Pittura e la Miniatura nella Lombardia, Turin 1966, S. 235f.; M. G. Balzarini, Vincenzo Foppa. La formazione e l’attività giovanile, Florenz 1996, S. 24f.; G. Romano, in: Vincenzo Foppa, Ausstellungskatalog, Mailand 2003, S. 27). Das Gesicht der Madonna, die leicht ins Bild gedreht dargestellt ist, weist einen Typus auf, der dem der Berenson-Tafel sehr ähnlich ist; der Umriss und das feine Helldunkel sind mit der ehemals in der Sammlung Trivulzio befindlichen Madonna, die sich heute in der Pinacoteca des Castello Sforzesco in Mailand befindet, vergleichbar (Balzarini 1996, S. 31). Die Engel sind mit jenen der Madonna della Siepe sowie mit den Engelsgruppen verwandt, die in dem um 1468 vollendeten Freskenzyklus der Portinari-Kapelle in Sant’Eustorgio in Mailand erscheinen und dort jeweils die Darstellung Gottvaters und der Himmelfahrt Mariens flankieren, die sich jeweils im Scheitel der Bogengänge befinden.

Die frühe Nähe des jungen Vincenzo Foppa zur paduanischen Kunsttradition Donatellos und Squarciones zeigt sich in der Plastizität und Modellierung der beiden Heiligen. Der heilige Sebastian ist in athletischer Haltung an eine antike Säule gefesselt dargestellt, worin sich die Bildhauerei und womöglich sogar die Kenntnis des Werks des jungen Mantegna widerspiegelt, obgleich die Modellierung des Helldunkels stilistisch lombardisch bleibt. Die Gesichtszüge des heiligen Rochus sind sehr individuell, was sie in die Nähe des Heiligen Syrus im Minneapolis Institute of Arts rückt, zu einem mit 1455 oder 1456 datierten Flügelaltar gehört (G. Romano, in: Vincenzo Foppa, Ausstellungskatalog, Mailand 2003, S. 108f.).

Für die Bedeutung des Gemäldes im damaligen lombardischen Umfeld spricht die Existenz einer zeitgenössischen Variante: Ein Werk von ähnlichem Aufbau (46 x 36 cm) und mit gleichem Bildthema im Museo di Castelvecchio, Verona (Inv.-Nr. 107), das traditionell einem „Anonimo Veronese“ zugeschrieben wird, in Wirklichkeit aber lombardisch ist, ist vermutlich dem ersten künstlerischen Schaffen Paolo da Caylinas des Älteren aus Brescia zuzurechnen. Er war Foppas Schwager und 1458 sein Mitarbeiter in Pavia, wie die Nähe zu seinem signierten und in dasselbe Jahr zu datierenden Flügelalter aus Sant’Albino in Mortara in der Galleria Sabauda in Turin verrät (siehe P. Toesca, La Pittura e la Miniatura nella Lombardia, Turin 1966, S. 232f.; G. Romano, Vincenzo Foppa, Ausstellungskatalog, Mailand 2003, S. 112).

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
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Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 25.10.2023 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 14.10. - 25.10.2023