Lot Nr. 56 -


Dirck van Baburen


(Wijk bij Duurstede bei Utrecht um 1592/93–1624 Utrecht)
Christus vertreibt die Geldwechsler aus dem Tempel,
Öl auf Leinwand, 170 x 217 cm, gerahmt

Provenienz:
vermutlich Sammlung Manzitti, Genua;
Auktion, Christie’s, Rom, 7. April 1987, Lot 130 (als Nicolas Tournier, mit falschen Maßangaben);
Kunsthandel, Spoleto;
europäische Privatsammlung;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Literatur:
M. Bonzi, Un quadro del Palazzo Mari, in: Il Raccoglitore Ligure, 30. April 1934, S. 1, mit Abb. (als vermutlich von Valentin de Boulogne, nach Wayne Franits 2013);
B. Nicolson, Caravaggism in Europe, Turin 1989, Bd. I, S. 93, Bd. III, Abb. 1029 (als unbekannter Südniederländischer Caravaggist zwischen Rombouts und Baburen);
L. J. Slatkes, Bringing Ter Brugghen and Baburen up-to-date, in: Bulletin du Musée National de Varsovie, Nr. 37, 1996, S. 204, Anm. 29, S. 205 (als Baburen, frühere Fassung);
N. Hartje, Bartolomeo Manfredi (1582–1622): Ein Nachfolger Caravaggios und seine europäische Wirkung. Monographie und Werkverzeichnis, Weimar 2004, S. 153, Erwähnung unter Anm. 582 (als Baburen);
L. J. Slatkes, W. Franits, The Paintings of Hendrick ter Brugghen 1588–1629, Amsterdam/Philadelphia 2007, Erwähnung auf S. 165 (als Baburen);
W. Franits, The Paintings of Dirck van Baburen ca. 1592/93–1624. Catalogue Raisonné, Amsterdam/Philadelphia 2013, S. 28–31, 95f., Kat.-Nr. A5, S. 97, Anm. 5, S. 105, Erwähnung unter Anm. 7, S. 111, Anm. 1, Abb. S. 276, Tafel 5 (als Baburen);
G. Capitelli, Dutch Caravaggists in Rome, in: G. J. van der Sman (Hrsg.), Caravaggio and the Painters of the North, Ausstellungskatalog, Madrid 2016, S. 37 (womöglich eine Mischung aus dem Schaffen Baburens und Riberas und daher möglicherweise von einem geringeren Meister);
S. Hoppe, in: B. Ebert, L. M. Helmus (Hrsg.), Utrecht, Caravaggio und Europa, Ausstellungskatalog, München 2018, S. 184, Anm. 5, S. 186 (als Baburen, erste Fassung um 1618)
Das Gemälde ist in der Datenbank des RKD unter Nr. 1001692753 registriert (als Dirck van Baburen).

Bei dem vorliegenden Gemälde handelt es sich um eine der bedeutendsten Kompositionen Dirck van Baburens. Der Künstler richtet seine Aufmerksamkeit hier auf den Höhepunkt der biblischen Episode: Ein energischer Christus zeigt mit einer Hand zum Himmel, während er mit der anderen eine Peitsche schwingt. Er ist im Begriff, einen fliehenden Mann zu schlagen, dessen Arm ebenfalls erhoben ist. Auf der rechten Seite zuckt eine andere Figur erschrocken zurück, ergreift einen Geldbeutel und hebt den anderen Arm, um sich zu schützen. Auch die anderen Händler reagieren, wobei einer seinen Zwicker zurechtrückt, um das Geschehen besser beobachten zu können. Nur eine Figur in Baburens Komposition steht passiv abseits: eine Frau am rechten Bildrand mit einem Korb voller Tauben auf dem Kopf, die den Betrachter direkt anblickt.

Van Baburen schuf das vorliegende Gemälde um 1618 während seines Italienaufenthalts. Es verrät den vielseitigen Einfluss des komplexen und dynamischen künstlerischen Milieus Roms im frühen 17. Jahrhundert. Insbesondere offenbart sich die Vertrautheit des Künstlers mit einer früheren Fassung desselben Bildthemas von Bartolomeo Manfredi, die sich damals wahrscheinlich in der Sammlung Verospi befand und heute im Musée des Beaux-Arts et d’Archéologie de Libourne aufbewahrt wird. Baburen muss die Komposition des italienischen Meisters genau studiert und dabei erkannt haben, dass es sich um eine Abwandlung von Caravaggios berühmter Berufung des heiligen Matthäus handelte, die ihm mit Sicherheit ein Begriff war.

Dirck van Baburen wurde um 1592/1593 in der Nähe von Utrecht geboren. Er erhielt seine Ausbildung bei Paulus Moreelse, einem Porträtisten und Historienmaler. Um 1612 ging er nach Italien, wo er die meiste Zeit in Rom verbrachte, sich einen guten Ruf erwarb und für Auftraggeber wie den spanischen Diplomaten Pietro Cussida und den Marchese Vicenzo Giustiniani tätig war. Baburen wurde besonders von der Kunst Caravaggios und seiner Nachfolger, darunter Ribera und Manfredi, beeinflusst. 1620 oder 1621 kehrte der Maler nach Utrecht zurück, wo er 1624 starb.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

25.10.2023 - 18:00

Schätzwert:
EUR 150.000,- bis EUR 200.000,-

Dirck van Baburen


(Wijk bij Duurstede bei Utrecht um 1592/93–1624 Utrecht)
Christus vertreibt die Geldwechsler aus dem Tempel,
Öl auf Leinwand, 170 x 217 cm, gerahmt

Provenienz:
vermutlich Sammlung Manzitti, Genua;
Auktion, Christie’s, Rom, 7. April 1987, Lot 130 (als Nicolas Tournier, mit falschen Maßangaben);
Kunsthandel, Spoleto;
europäische Privatsammlung;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Literatur:
M. Bonzi, Un quadro del Palazzo Mari, in: Il Raccoglitore Ligure, 30. April 1934, S. 1, mit Abb. (als vermutlich von Valentin de Boulogne, nach Wayne Franits 2013);
B. Nicolson, Caravaggism in Europe, Turin 1989, Bd. I, S. 93, Bd. III, Abb. 1029 (als unbekannter Südniederländischer Caravaggist zwischen Rombouts und Baburen);
L. J. Slatkes, Bringing Ter Brugghen and Baburen up-to-date, in: Bulletin du Musée National de Varsovie, Nr. 37, 1996, S. 204, Anm. 29, S. 205 (als Baburen, frühere Fassung);
N. Hartje, Bartolomeo Manfredi (1582–1622): Ein Nachfolger Caravaggios und seine europäische Wirkung. Monographie und Werkverzeichnis, Weimar 2004, S. 153, Erwähnung unter Anm. 582 (als Baburen);
L. J. Slatkes, W. Franits, The Paintings of Hendrick ter Brugghen 1588–1629, Amsterdam/Philadelphia 2007, Erwähnung auf S. 165 (als Baburen);
W. Franits, The Paintings of Dirck van Baburen ca. 1592/93–1624. Catalogue Raisonné, Amsterdam/Philadelphia 2013, S. 28–31, 95f., Kat.-Nr. A5, S. 97, Anm. 5, S. 105, Erwähnung unter Anm. 7, S. 111, Anm. 1, Abb. S. 276, Tafel 5 (als Baburen);
G. Capitelli, Dutch Caravaggists in Rome, in: G. J. van der Sman (Hrsg.), Caravaggio and the Painters of the North, Ausstellungskatalog, Madrid 2016, S. 37 (womöglich eine Mischung aus dem Schaffen Baburens und Riberas und daher möglicherweise von einem geringeren Meister);
S. Hoppe, in: B. Ebert, L. M. Helmus (Hrsg.), Utrecht, Caravaggio und Europa, Ausstellungskatalog, München 2018, S. 184, Anm. 5, S. 186 (als Baburen, erste Fassung um 1618)
Das Gemälde ist in der Datenbank des RKD unter Nr. 1001692753 registriert (als Dirck van Baburen).

Bei dem vorliegenden Gemälde handelt es sich um eine der bedeutendsten Kompositionen Dirck van Baburens. Der Künstler richtet seine Aufmerksamkeit hier auf den Höhepunkt der biblischen Episode: Ein energischer Christus zeigt mit einer Hand zum Himmel, während er mit der anderen eine Peitsche schwingt. Er ist im Begriff, einen fliehenden Mann zu schlagen, dessen Arm ebenfalls erhoben ist. Auf der rechten Seite zuckt eine andere Figur erschrocken zurück, ergreift einen Geldbeutel und hebt den anderen Arm, um sich zu schützen. Auch die anderen Händler reagieren, wobei einer seinen Zwicker zurechtrückt, um das Geschehen besser beobachten zu können. Nur eine Figur in Baburens Komposition steht passiv abseits: eine Frau am rechten Bildrand mit einem Korb voller Tauben auf dem Kopf, die den Betrachter direkt anblickt.

Van Baburen schuf das vorliegende Gemälde um 1618 während seines Italienaufenthalts. Es verrät den vielseitigen Einfluss des komplexen und dynamischen künstlerischen Milieus Roms im frühen 17. Jahrhundert. Insbesondere offenbart sich die Vertrautheit des Künstlers mit einer früheren Fassung desselben Bildthemas von Bartolomeo Manfredi, die sich damals wahrscheinlich in der Sammlung Verospi befand und heute im Musée des Beaux-Arts et d’Archéologie de Libourne aufbewahrt wird. Baburen muss die Komposition des italienischen Meisters genau studiert und dabei erkannt haben, dass es sich um eine Abwandlung von Caravaggios berühmter Berufung des heiligen Matthäus handelte, die ihm mit Sicherheit ein Begriff war.

Dirck van Baburen wurde um 1592/1593 in der Nähe von Utrecht geboren. Er erhielt seine Ausbildung bei Paulus Moreelse, einem Porträtisten und Historienmaler. Um 1612 ging er nach Italien, wo er die meiste Zeit in Rom verbrachte, sich einen guten Ruf erwarb und für Auftraggeber wie den spanischen Diplomaten Pietro Cussida und den Marchese Vicenzo Giustiniani tätig war. Baburen wurde besonders von der Kunst Caravaggios und seiner Nachfolger, darunter Ribera und Manfredi, beeinflusst. 1620 oder 1621 kehrte der Maler nach Utrecht zurück, wo er 1624 starb.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
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Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 25.10.2023 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 14.10. - 25.10.2023