Lot Nr. 85


Giovanni Battista Lampi I. – ein Paar (2)


Giovanni Battista Lampi I. – ein Paar (2) - Alte Meister

(Romeno 1751–1830 Wien)
Bildnis von Kaiser Franz I. von Österreich; und Bildnis seiner Gemahlin Maria Theresia, Prinzessin von Bourbon-Sizilien,
eines links unten in der Säulenbasis signiert: Lampi fecit,
Öl auf Leinwand, je 76 x 61 cm, gerahmt (2)

Ausgestellt:
Trient, Mart – Museo di Arte Moderna e Contemporanea, 25. Juni – 31. Oktober 2004

Literatur:
R. Pancheri, Giovanni Battista Lampi, in: Il secolo dell’Impero. Principi artisti e borghesi tra il 1815 e il 1915, hrsg. von G. Belli/A. Tiddia, Ausst.-Kat., Mailand 2004, S. 106–109, mit Abb.

Das eine Porträt des vorliegenden Gemäldepaars zeigt Kaiser Franz I. von Österreich in seiner Uniform als Oberbefehlshaber der Armee mit Kommandostab in der Rechten, den Blick stolz in die Ferne gerichtet. Auf der mit Goldbordüren eingefassten weißen Uniform sind die wichtigsten Insignien der österreichischen Armee zu sehen: der Militär-Maria-Theresien-Orden und der ungarische Sankt-Stephansorden sowie das Kreuz des Deutschritterordens. Die changierende Seidenschleife ist in den Farben Österreichs gehalten, und auf der Brust des Dargestellten prangt der Orden vom Goldenen Vlies, gehalten von einer diamantbesetzen Brosche.

Die Wahl der Bildlösung, den Monarchen in Paradeuniform zu zeigen, geht auf die Zeit der Napoleonischen Kriege zurück, in der das Haus Österreich nahezu permanent mit zermürbenden Militärfeldzügen von wechselndem Erfolg belastet war – bis zum endgültigen Sieg bei Waterloo. Das Porträt zeigt den Monarchen in einem heroischen Licht und stellt die Verbindung zu einer bis zum Wiener Kongress weit verbreiteten Ikonografie her, die in den Gemälden Kreutzingers oder Lampis, aber auch in den Miniaturen Fügers und in den Mezzotinto-Radierungen Kiningers und Pichlers „lebt“ (L. Grünstein, Das Alt-Wiener Anlitz. Bildnisse und Menschen aus der ersten Hälfte des XIX. Jahrhunderts, Wien 1931, I, S. 5).

Im Laufe seiner über vierzigjährigen Regentschaft stand Kaiser Franz für mehrere Porträts Lampis und seines Sohnes, Giovanni Battistas d. J., Modell – Staatsporträts, die in den Ländern der Monarchie Verbreitung fanden (zu einer ersten Erhebung siehe R. Pancheri, I Lampi e gli Asburgo-Lorena, un vincolo di fedeltà attraverso tre generazioni, in: Un ritrattista nell'Europa delle corti. Giovanni Battista Lampi 1751–1830, Ausst.-Kat., hrsg. von F. Mazzocca, R. Pancheri und A. Casagrande, Trient 2001, S. 94–115). Zu den dem älteren Lampi zugeschriebenen Porträts gehören jenes des Kunsthistorischen Museums in Wien, das sich derzeit in der Österreichischen Botschaft in London befindet und sich durch einen ähnlichen bewaldeten Hintergrund auszeichnet (vgl. R. Pancheri, ebd., S. 103, 106/107, Abb. 112); das zusammen mit dem Porträt der dritten Frau des Monarchen, Maria Ludovika Beatrix von Österreich-Este, im Dorotheum am 7. Mai 2003 versteigerte Bildnis; und das Gemälde, das den Kaiser an seinem Schreibtisch sitzend darstellt und von der österreichischen Regierung angekauft wurde (ausgestellt in Bassano del Grappa; siehe M. Guderzo, in: Canova, hrsg. v. S. Androsov, M. Guderzo, G. Pavanello, Ausst.-Kat., Mailand 2003, S. 146/147, Kat. Nr. I.20).

Das Fehlen einer Signatur auf dem einen Gemälde weist darauf hin, dass eine Beteiligung von Giovanni Battista d. J., der ab 1804 gemeinsam mit seinem Vater die Werkstatt führte, nicht ausgeschlossen werden kann. Der gekonnte Einsatz des Helldunkels und die ungewöhnlich präzise Wiedergabe der Details vor allem in dem juwelenbesetzten Stab und den Insignien des Ordens vom Goldenen Vlies erscheinen jedoch typisch für die Virtuosität, die man gemeinhin vom älteren Lampi kennt.

Maria Theresia, die Tochter von Kaiser Ferdinand I., des Königs beider Sizilien, wurde am 6. Juni 1772 in Neapel geboren. Ihre Vermählung mit dem zukünftigen Kaiser Franz fand 1790 statt, als er noch Erzherzog und nach dem Tod von Herzogin Elisabeth von Württemberg gerade ein halbes Jahr Witwer war. Aus der Verbindung gingen zwölf Kinder hervor, die den Fortbestand der Linie des österreichischen Hauses sichern sollten, darunter Thronerbe Ferdinand und Erzherzogin Marie Louise, die künftige Gemahlin Napoleons. Maria Theresia, die am Wiener Hof nicht sehr gut integriert war, sprach fließend Italienisch und Französisch, aber nur relativ wenig Deutsch; sie lebte einsam im Schatten ihres Gemahls und starb am 13. April 1807 in Wien. Das zweite Porträt, welches links unten in der Säulenbasis signiert ist, zeigt die Kaiserin im Halbprofil nach rechts gewendet, direkt den Betrachter anblickend. Die Kaiserin, damals etwas über 30 Jahre alt, ist in einer offenen Loggia sitzend dargestellt; ihre Arme liegen übereinandergeschlagen auf einem roten Kissen mit einer auffälligen roten Quaste. Sie trägt ein Spitzenkleid und auf dem Kopf ein Diadem, von dem eine tropfenförmige Perle herabhängt; ihr Hermelinmantel umspielt sanft ihre Schultern. Im Einklang mit der üblichen Bildsprache des Neoklassizismus erscheint die Basis einer Säule, die zum Teil von einem Vorhang verdeckt wird. Mit taktilem Spürsinn hat der Künstler das Fell und den Spitzenbesatz in Verbindung mit dem Samt des Kleides dargestellt. Die zahllosen Perlen des Kopfschmucks und des Gewandes scheinen im natürlichen Licht zu schimmern. Lampi, ein Meister in der Wiedergabe von Schmuck und Seidenstoffen, hat es verstanden, dem Porträt eine Aura aristokratischer Eleganz zu verleihen, wobei die eigentliche Erscheinung der Dargestellten nur eine Nebenrolle spielt.

Die beiden Werke sind bald nach der Jahrhundertwende zu datieren, was sowohl stilistische Gründe als auch der Vergleich mit zwei großformatigen Porträts rechtfertigen, die Lampi zwischen 1804 und 1806 für das Stift St. Lambrecht in der Steiermark schuf (vgl. R. Pancheri, ebd., S. 98/99, Abb. 100/101). Das Sujet wurde vom Sohn des Malers in seinem Porträt der Beatrice d’Este, Herzogin von Massa und Carrara, wieder aufgenommen, welches auf der Rückseite signiert ist. (heute Galleria d’Arte Moderna, Palazzo Pitti, Florenz; vgl. R. Pancheri, ebd., S. 108–110, Abb. 118).

Zudem wäre darauf hinzuweisen, dass sich zwei auf 1806 datierte Porträts von Lampi d. J., die Franz I. und Maria Theresia von Bourbon-Sizilien zeigen, im Franzensmuseum in Brünn befunden haben (siehe Führer durch die Gemälde-Galerie des Franzens-Museums, Brünn 1899, S. 22, Kat. Nr. 78/79; W. Weckbecker, Handbuch der Kunstpflege in Österreich, Wien 1902, S. 606). Die beiden Gemälde, die heute unauffindbar sind, maßen jeweils 124 x 93 cm und waren dem Museum 1857 von Anton Enzmann von Ronow vermacht worden.

19.04.2016 - 18:00

Schätzwert:
EUR 60.000,- bis EUR 80.000,-

Giovanni Battista Lampi I. – ein Paar (2)


(Romeno 1751–1830 Wien)
Bildnis von Kaiser Franz I. von Österreich; und Bildnis seiner Gemahlin Maria Theresia, Prinzessin von Bourbon-Sizilien,
eines links unten in der Säulenbasis signiert: Lampi fecit,
Öl auf Leinwand, je 76 x 61 cm, gerahmt (2)

Ausgestellt:
Trient, Mart – Museo di Arte Moderna e Contemporanea, 25. Juni – 31. Oktober 2004

Literatur:
R. Pancheri, Giovanni Battista Lampi, in: Il secolo dell’Impero. Principi artisti e borghesi tra il 1815 e il 1915, hrsg. von G. Belli/A. Tiddia, Ausst.-Kat., Mailand 2004, S. 106–109, mit Abb.

Das eine Porträt des vorliegenden Gemäldepaars zeigt Kaiser Franz I. von Österreich in seiner Uniform als Oberbefehlshaber der Armee mit Kommandostab in der Rechten, den Blick stolz in die Ferne gerichtet. Auf der mit Goldbordüren eingefassten weißen Uniform sind die wichtigsten Insignien der österreichischen Armee zu sehen: der Militär-Maria-Theresien-Orden und der ungarische Sankt-Stephansorden sowie das Kreuz des Deutschritterordens. Die changierende Seidenschleife ist in den Farben Österreichs gehalten, und auf der Brust des Dargestellten prangt der Orden vom Goldenen Vlies, gehalten von einer diamantbesetzen Brosche.

Die Wahl der Bildlösung, den Monarchen in Paradeuniform zu zeigen, geht auf die Zeit der Napoleonischen Kriege zurück, in der das Haus Österreich nahezu permanent mit zermürbenden Militärfeldzügen von wechselndem Erfolg belastet war – bis zum endgültigen Sieg bei Waterloo. Das Porträt zeigt den Monarchen in einem heroischen Licht und stellt die Verbindung zu einer bis zum Wiener Kongress weit verbreiteten Ikonografie her, die in den Gemälden Kreutzingers oder Lampis, aber auch in den Miniaturen Fügers und in den Mezzotinto-Radierungen Kiningers und Pichlers „lebt“ (L. Grünstein, Das Alt-Wiener Anlitz. Bildnisse und Menschen aus der ersten Hälfte des XIX. Jahrhunderts, Wien 1931, I, S. 5).

Im Laufe seiner über vierzigjährigen Regentschaft stand Kaiser Franz für mehrere Porträts Lampis und seines Sohnes, Giovanni Battistas d. J., Modell – Staatsporträts, die in den Ländern der Monarchie Verbreitung fanden (zu einer ersten Erhebung siehe R. Pancheri, I Lampi e gli Asburgo-Lorena, un vincolo di fedeltà attraverso tre generazioni, in: Un ritrattista nell'Europa delle corti. Giovanni Battista Lampi 1751–1830, Ausst.-Kat., hrsg. von F. Mazzocca, R. Pancheri und A. Casagrande, Trient 2001, S. 94–115). Zu den dem älteren Lampi zugeschriebenen Porträts gehören jenes des Kunsthistorischen Museums in Wien, das sich derzeit in der Österreichischen Botschaft in London befindet und sich durch einen ähnlichen bewaldeten Hintergrund auszeichnet (vgl. R. Pancheri, ebd., S. 103, 106/107, Abb. 112); das zusammen mit dem Porträt der dritten Frau des Monarchen, Maria Ludovika Beatrix von Österreich-Este, im Dorotheum am 7. Mai 2003 versteigerte Bildnis; und das Gemälde, das den Kaiser an seinem Schreibtisch sitzend darstellt und von der österreichischen Regierung angekauft wurde (ausgestellt in Bassano del Grappa; siehe M. Guderzo, in: Canova, hrsg. v. S. Androsov, M. Guderzo, G. Pavanello, Ausst.-Kat., Mailand 2003, S. 146/147, Kat. Nr. I.20).

Das Fehlen einer Signatur auf dem einen Gemälde weist darauf hin, dass eine Beteiligung von Giovanni Battista d. J., der ab 1804 gemeinsam mit seinem Vater die Werkstatt führte, nicht ausgeschlossen werden kann. Der gekonnte Einsatz des Helldunkels und die ungewöhnlich präzise Wiedergabe der Details vor allem in dem juwelenbesetzten Stab und den Insignien des Ordens vom Goldenen Vlies erscheinen jedoch typisch für die Virtuosität, die man gemeinhin vom älteren Lampi kennt.

Maria Theresia, die Tochter von Kaiser Ferdinand I., des Königs beider Sizilien, wurde am 6. Juni 1772 in Neapel geboren. Ihre Vermählung mit dem zukünftigen Kaiser Franz fand 1790 statt, als er noch Erzherzog und nach dem Tod von Herzogin Elisabeth von Württemberg gerade ein halbes Jahr Witwer war. Aus der Verbindung gingen zwölf Kinder hervor, die den Fortbestand der Linie des österreichischen Hauses sichern sollten, darunter Thronerbe Ferdinand und Erzherzogin Marie Louise, die künftige Gemahlin Napoleons. Maria Theresia, die am Wiener Hof nicht sehr gut integriert war, sprach fließend Italienisch und Französisch, aber nur relativ wenig Deutsch; sie lebte einsam im Schatten ihres Gemahls und starb am 13. April 1807 in Wien. Das zweite Porträt, welches links unten in der Säulenbasis signiert ist, zeigt die Kaiserin im Halbprofil nach rechts gewendet, direkt den Betrachter anblickend. Die Kaiserin, damals etwas über 30 Jahre alt, ist in einer offenen Loggia sitzend dargestellt; ihre Arme liegen übereinandergeschlagen auf einem roten Kissen mit einer auffälligen roten Quaste. Sie trägt ein Spitzenkleid und auf dem Kopf ein Diadem, von dem eine tropfenförmige Perle herabhängt; ihr Hermelinmantel umspielt sanft ihre Schultern. Im Einklang mit der üblichen Bildsprache des Neoklassizismus erscheint die Basis einer Säule, die zum Teil von einem Vorhang verdeckt wird. Mit taktilem Spürsinn hat der Künstler das Fell und den Spitzenbesatz in Verbindung mit dem Samt des Kleides dargestellt. Die zahllosen Perlen des Kopfschmucks und des Gewandes scheinen im natürlichen Licht zu schimmern. Lampi, ein Meister in der Wiedergabe von Schmuck und Seidenstoffen, hat es verstanden, dem Porträt eine Aura aristokratischer Eleganz zu verleihen, wobei die eigentliche Erscheinung der Dargestellten nur eine Nebenrolle spielt.

Die beiden Werke sind bald nach der Jahrhundertwende zu datieren, was sowohl stilistische Gründe als auch der Vergleich mit zwei großformatigen Porträts rechtfertigen, die Lampi zwischen 1804 und 1806 für das Stift St. Lambrecht in der Steiermark schuf (vgl. R. Pancheri, ebd., S. 98/99, Abb. 100/101). Das Sujet wurde vom Sohn des Malers in seinem Porträt der Beatrice d’Este, Herzogin von Massa und Carrara, wieder aufgenommen, welches auf der Rückseite signiert ist. (heute Galleria d’Arte Moderna, Palazzo Pitti, Florenz; vgl. R. Pancheri, ebd., S. 108–110, Abb. 118).

Zudem wäre darauf hinzuweisen, dass sich zwei auf 1806 datierte Porträts von Lampi d. J., die Franz I. und Maria Theresia von Bourbon-Sizilien zeigen, im Franzensmuseum in Brünn befunden haben (siehe Führer durch die Gemälde-Galerie des Franzens-Museums, Brünn 1899, S. 22, Kat. Nr. 78/79; W. Weckbecker, Handbuch der Kunstpflege in Österreich, Wien 1902, S. 606). Die beiden Gemälde, die heute unauffindbar sind, maßen jeweils 124 x 93 cm und waren dem Museum 1857 von Anton Enzmann von Ronow vermacht worden.


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 19.04.2016 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 09.04. - 19.04.2016