Lot Nr. 646


Wolfgang Andreas Heindl


Wolfgang Andreas Heindl - Alte Meister

(Linz 1693–1757 Wels)
Der heilige Erzengel Michael,
Öl auf Leinwand, 129,5 x 81 cm, gerahmt

Das vorliegende Gemälde wurde 1958 unabhängig voneinander von Eckhardt Knab, Wien, Michelangelo Muraro und Wilhelm Valentiner als eigenhändiges Werk Heindls identifiziert. Wir danken Herrn Herrn Dr. Georg Lechner, der anhand einer Fotografie die traditionelle Zuschreibung des Bildes an Heindl unterstützt.

Das vorliegende Gemälde, ein durch seine Expressivität beinahe modern wirkendes Bild, diente wohl als Bozzetto für einen bisher nicht nachgewiesenen Altar. Heindl war seit 1719 in Wels mit der Verwaltung des Kremsmünsterer Freihauses betraut. In dieser Stellung war er der Nachfolger des Malers Johann Cyprian Wimberger, dessen expressive Pinselführung auf die ausdrucksstarken Gesichtstypen Heindls eingewirkt hat. 1735 löste er das Dienstverhältnis, kaufte ein Haus und machte sich als bürgerlicher Maler und Gastwirt in Wels selbstständig. Bereits die Ausmalung der Augustinerchorherrenkirche St. Nikolaus in Passau (1717/18) zeigt den jungen Maler in eigenwilliger Auseinandersetzung mit Pozzos Perspektivillusionismus. Ab 1719 ließen Prälaten und Pfarrherren in der westlichen Hälfte des damaligen Passauer Diözesangebietes (Oberösterreich und der östliche Teil Niederbayerns) ihre Kirchen und Stiftsgebäude von Heindl mit Fresken dekorieren oder bestellten Altargemälde und Kreuzwegbilder bei seiner Werkstatt. Verschwindend gering ist dagegen die Zahl der bekanntgewordenen Werke profaner Thematik. In der Ausmalung der Kalvarienbergbilder bei Lambach (1724) manifestiert sich bereits der von energischen Massenbildungen und flackernden Umrissen gekennzeichnete Figurenstil des Meisters. Seine explosive Formkraft findet nur im behutsam abgetönten Kolorit einen bändigenden Ausgleich. Die Farbskala führt vom warmen Rotbraun zu Goldocker und Gelb, mit sparsam verteilten Blauakzenten und lasurhaft zarten Partien in hellem Rosa und Grauviolett. Während Heindl diese delikate Palette beibehielt, steigerten sich seine Kompositionen in den Dreißigerjahren zu leidenschaftlicher Bewegtheit. Dabei werden nun auch die gemalten Architekturteile aus ihrer Rahmenfunktion gelöst und hineingezogen in einen Strudel, der mitunter schon an die Grenzen der Formauflösung führt. Unmittelbar neben solchen bizarren Gebilden stehen wiederum Naturschilderungen von stimmungsvoller Intimität (Schutzengelkapelle in Spital am Pyhrn, 1734). Diese Spannweite kann mit dem Hinweis auf Heindls beglaubigte Tätigkeit als Bühnenmaler (Kremsmünster, 1732) nur unterstrichen, nicht aber erklärt werden. Wichtiger ist die Erkenntnis, dass hier jene Entwicklungskomponente sichtbar wird, die man als die Genese der österreichischen Großmalerei ab der Jahrhundertmitte (F. A. Maulbertsch) nach der Abkehr vom akademischen Idealismus Gran‘scher Prägung bezeichnen darf.

Experte: Dr. Alexander Strasoldo Dr. Alexander Strasoldo
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

17.04.2013 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 24.700,-
Schätzwert:
EUR 20.000,- bis EUR 30.000,-

Wolfgang Andreas Heindl


(Linz 1693–1757 Wels)
Der heilige Erzengel Michael,
Öl auf Leinwand, 129,5 x 81 cm, gerahmt

Das vorliegende Gemälde wurde 1958 unabhängig voneinander von Eckhardt Knab, Wien, Michelangelo Muraro und Wilhelm Valentiner als eigenhändiges Werk Heindls identifiziert. Wir danken Herrn Herrn Dr. Georg Lechner, der anhand einer Fotografie die traditionelle Zuschreibung des Bildes an Heindl unterstützt.

Das vorliegende Gemälde, ein durch seine Expressivität beinahe modern wirkendes Bild, diente wohl als Bozzetto für einen bisher nicht nachgewiesenen Altar. Heindl war seit 1719 in Wels mit der Verwaltung des Kremsmünsterer Freihauses betraut. In dieser Stellung war er der Nachfolger des Malers Johann Cyprian Wimberger, dessen expressive Pinselführung auf die ausdrucksstarken Gesichtstypen Heindls eingewirkt hat. 1735 löste er das Dienstverhältnis, kaufte ein Haus und machte sich als bürgerlicher Maler und Gastwirt in Wels selbstständig. Bereits die Ausmalung der Augustinerchorherrenkirche St. Nikolaus in Passau (1717/18) zeigt den jungen Maler in eigenwilliger Auseinandersetzung mit Pozzos Perspektivillusionismus. Ab 1719 ließen Prälaten und Pfarrherren in der westlichen Hälfte des damaligen Passauer Diözesangebietes (Oberösterreich und der östliche Teil Niederbayerns) ihre Kirchen und Stiftsgebäude von Heindl mit Fresken dekorieren oder bestellten Altargemälde und Kreuzwegbilder bei seiner Werkstatt. Verschwindend gering ist dagegen die Zahl der bekanntgewordenen Werke profaner Thematik. In der Ausmalung der Kalvarienbergbilder bei Lambach (1724) manifestiert sich bereits der von energischen Massenbildungen und flackernden Umrissen gekennzeichnete Figurenstil des Meisters. Seine explosive Formkraft findet nur im behutsam abgetönten Kolorit einen bändigenden Ausgleich. Die Farbskala führt vom warmen Rotbraun zu Goldocker und Gelb, mit sparsam verteilten Blauakzenten und lasurhaft zarten Partien in hellem Rosa und Grauviolett. Während Heindl diese delikate Palette beibehielt, steigerten sich seine Kompositionen in den Dreißigerjahren zu leidenschaftlicher Bewegtheit. Dabei werden nun auch die gemalten Architekturteile aus ihrer Rahmenfunktion gelöst und hineingezogen in einen Strudel, der mitunter schon an die Grenzen der Formauflösung führt. Unmittelbar neben solchen bizarren Gebilden stehen wiederum Naturschilderungen von stimmungsvoller Intimität (Schutzengelkapelle in Spital am Pyhrn, 1734). Diese Spannweite kann mit dem Hinweis auf Heindls beglaubigte Tätigkeit als Bühnenmaler (Kremsmünster, 1732) nur unterstrichen, nicht aber erklärt werden. Wichtiger ist die Erkenntnis, dass hier jene Entwicklungskomponente sichtbar wird, die man als die Genese der österreichischen Großmalerei ab der Jahrhundertmitte (F. A. Maulbertsch) nach der Abkehr vom akademischen Idealismus Gran‘scher Prägung bezeichnen darf.

Experte: Dr. Alexander Strasoldo Dr. Alexander Strasoldo
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 17.04.2013 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 06.04. - 17.04.2013


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

Es können keine Kaufaufträge über Internet mehr abgegeben werden. Die Auktion befindet sich in Vorbereitung bzw. wurde bereits durchgeführt.