Lot Nr. 59 -


Anthonis van Dyck


Anthonis van Dyck - Alte Meister

(Antwerpen 1599–1641 London)
Den Kopf aufstützende junge Frau, vermutlich die büßende Maria Magdalena,
Öl auf Papier, auf Holz aufgezogen, 48,5 x 38 cm, gerahmt

Provenienz:
Sir Francis Cook, 1st Bt. (1817–1901), Doughty House, Richmond, spätestens 1869;
Weitergabe im Erbgang und Auktion (‘The Trustees of the Cook Collection’) London, Christie’s, 2. Dezember 1983, Lot 121;
Auktion, Sotheby’s, New York, 22. April 2015, Lot 35;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Ausgestellt:
Manchester, City Art Gallery (als Leihgabe), um 1960–1965;
Washington, National Gallery, Anthony van Dyck, 1990/1991, S. 327, 347, Kat.-Nr. 89;
New Orleans, In the Eye of the Beholder: Northern Baroque Painting in the Collection of Henry H. Weldon, 13. September – 19. November 1997, S. 39–41, Nr. 16;
Baltimore, Museum of Art, 1999, Kat.-Nr. 15

Literatur:
Abridged Catalogue of the Pictures at Doughty House, Richmond (belonging to Sir Frederick Cook, Bart., Visconde de Monserrate), London 1907 & 1914, S. 19, Kat.-Nr. 43 (als „in der Long Gallery“);
E. Schaeffer, Van Dyck: des Meisters Gemälde, Klassiker der Kunst, Bd. 13, Stuttgart/Leipzig 1909, S. 22, Kat.-Nr. 22;
W. von Bode, Great Masters of Dutch and Flemish Painting, London 1909, S. 37;
J. O. Kronig, A Catalogue of the Paintings at Doughty House, Richmond & Elsewhere in the Collection of Sir Frederick Cook, Bt., Visconde de Monserrate, hrsg. von H. Cook, Bd. 2, London 1914: Dutch and Flemish Schools, Kat.-Nr. 248, mit Abb. (als „in der Long Gallery“);
G. Glück, Van Dyck, des Meisters Gemälde, Klassiker der Kunst, Bd l. 13, Stuttgart/Berlin 1931, 2. überarbeitete Auflage, S. 72, 527, mit Abb.;
Abridged Catalogue of the Pictures at Doughty House, Richmond, Surrey, in the Collection of Sir Herbert Cook, Bart., London 1932, S. 35, Kat.-Nr. 248 (als „in der Long Gallery“ als „The Magdalen“);
F. van den Wijngaert, Antoon van Dyck, Antwerpen 1943, S. 30, Abb. 5;
E. Larsen, L’Opera completa di Van Dyck, 1613–1626, Mailand 1980, Kat.-Nr. 42, mit Abb. (dort datiert um 1615/1616);
A. McNairn (Hrsg.), The Young van Dyck, Ausstellungskatalog, Ottawa 1980, S. 147;
E. Larsen, The Paintings of Anthony van Dyck, Freren 1988, Bd. II, Kat.-Nr. 227, mit Abb., sowie unter Kat.-Nr. 28;
A. K. Wheelock, S. Barnes, J. Held (Hrsg.), Anthony van Dyck, Ausstellungskatalog, Washington 1990/1991, Kat.-Nr. 89, S. 327, 347, mit Abb.;
S. Barnes, N. de Poorter et al., Van Dyck: A Complete Catalogue of the Paintings, New Haven/London 2004, S. 59, Kat.-Nr. I. 42, mit Abb.;
A. Vergara, F. Lammertse (Hrsg.), The Young Van Dyck, Ausstellungskatalog, Madrid 2012, S. 199, Kat.-Nr. 8, S. 116F, mit Abb.

Die vorliegende Ölstudie ist ein frühes Zeugnis der Könnerschaft und Erfindungsgabe des jungen Anthonis van Dyck, den Peter Paul Rubens in einem Brief von 1618 als seinen „besten Schüler“ bezeichnete.

Vermutlich als büßende Magdalena konzipiert, handelt es sich hier, wie Susan Barnes beschrieben hat, um „eine in selbstbewusstem Impasto nach dem Modell gemalte Studie“ (siehe S. Barnes, N. de Poorter et al., Van Dyck: A Complete Catalogue of the Paintings, New Haven/London 2004, S. 59, Kat.-Nr. I. 42). Mit einer derart malerischen Verve ausgeführt, dass man die Hand des 17- oder 18-jähigen van Dyck auf dem Papier zu spüren vermeint, kehrt die Physiognomie der jungen Frau in der etwas später entstandenen Trunkenheit des Silen des Künstlers wieder (Gemäldegalerie Alte Meister, Dresden, Inv.-Nr. 1017, 1619/1620). Im fließenden Haar und den Gesichtszügen der Mänade links des behäbigen Silenos erkennt man die vorliegende Studie wieder. Julius Held bemerkte auch die meisterhafte Art und Weise, mit der van Dyck eine solche Studie in einen Charakter von gänzlich anderem Tenor verwandeln konnte: „Es ist erstaunlich zu sehen, wie wenige Veränderungen ihres Gesichts aus der (vorliegenden) büßenden Magdalena eine lächelnde Verführerin gemacht haben“ (siehe J. Held, Anthony van Dyck, Washington 1990, Kat.-Nr. 89).

Das vorliegende Werk hat ob der wichtigen Erkenntnisse Bedeutung erlangt, die es hinsichtlich van Dycks künstlerischer Entwicklung Rubens gegenüber liefert, dem er bei der Ausführung mehrerer seiner wegweisendsten Historienbilder als Gehilfe zur Seite stand. Obwohl die Antwerpener Praxis, in der Werkstatt Studien oder Tronies wie das vorliegende Werk anzufertigen, um sie dann in größeren Zusammenhängen wiederzuverwenden, bereits von einem Meister der vorangegangenen Generation, nämlich Frans Floris, eingeführt wurde, werden die Qualitäten dieser Methode im Zusammenhang mit Rubens’ Werkstatt und seines begabtesten Gehilfen van Dyck am offenkundigsten. Im Vergleich zu Rubens’ früherer Trunkenheit des Silen von 1617/1618 (Alte Pinakothek, München, Inv.-Nr. 319) weist die oben erwähne Ausführung desselben Themas durch van Dyck Ähnlichkeiten mit Rubens’ Figurenanordnung insbesondere hinsichtlich des gebückten Silenos auf, der, wie in Ovids Metamorphosen berichtet, von einer Schar Phryger gestützt wird. Doch van Dyck setzte seine eigenen, deutlich erkennbaren Akzente, indem er eigene Begleitfiguren erfand. Dafür spricht etwa die Kopie einer Zeichnung, die möglicherweise für den schwarzen Mann rechts im Bild verwendet wurde (heute Ashmolean Museum, Oxford). Dies macht die vorliegende Studie zu einem der erstaunlichsten Zeugnisse des innovativen Geists und der malerischen Vollendung des jungen Künstlers.

Wohl gibt es andere Darstellungen der büßenden Magdalena van Dycks, doch die vorliegende Komposition wurde bisher nicht in Zusammenhang mit einem größeren ausgeführten Werk dieses Bildthemas publiziert. Angesichts ihrer Qualität und Technik ist es nicht erstaunlich, dass die Skizze selbst nachgeahmt wurde: Sie existiert in mehreren nicht eigenhändigen Fassungen. Die beste von ihnen befand sich einst in der Sammlung Stroefer (Öl auf Holz, München, 1937).

Experte: Damian Brenninkmeyer Damian Brenninkmeyer
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

09.06.2020 - 16:00

Erzielter Preis: **
EUR 344.104,-
Schätzwert:
EUR 300.000,- bis EUR 500.000,-

Anthonis van Dyck


(Antwerpen 1599–1641 London)
Den Kopf aufstützende junge Frau, vermutlich die büßende Maria Magdalena,
Öl auf Papier, auf Holz aufgezogen, 48,5 x 38 cm, gerahmt

Provenienz:
Sir Francis Cook, 1st Bt. (1817–1901), Doughty House, Richmond, spätestens 1869;
Weitergabe im Erbgang und Auktion (‘The Trustees of the Cook Collection’) London, Christie’s, 2. Dezember 1983, Lot 121;
Auktion, Sotheby’s, New York, 22. April 2015, Lot 35;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Ausgestellt:
Manchester, City Art Gallery (als Leihgabe), um 1960–1965;
Washington, National Gallery, Anthony van Dyck, 1990/1991, S. 327, 347, Kat.-Nr. 89;
New Orleans, In the Eye of the Beholder: Northern Baroque Painting in the Collection of Henry H. Weldon, 13. September – 19. November 1997, S. 39–41, Nr. 16;
Baltimore, Museum of Art, 1999, Kat.-Nr. 15

Literatur:
Abridged Catalogue of the Pictures at Doughty House, Richmond (belonging to Sir Frederick Cook, Bart., Visconde de Monserrate), London 1907 & 1914, S. 19, Kat.-Nr. 43 (als „in der Long Gallery“);
E. Schaeffer, Van Dyck: des Meisters Gemälde, Klassiker der Kunst, Bd. 13, Stuttgart/Leipzig 1909, S. 22, Kat.-Nr. 22;
W. von Bode, Great Masters of Dutch and Flemish Painting, London 1909, S. 37;
J. O. Kronig, A Catalogue of the Paintings at Doughty House, Richmond & Elsewhere in the Collection of Sir Frederick Cook, Bt., Visconde de Monserrate, hrsg. von H. Cook, Bd. 2, London 1914: Dutch and Flemish Schools, Kat.-Nr. 248, mit Abb. (als „in der Long Gallery“);
G. Glück, Van Dyck, des Meisters Gemälde, Klassiker der Kunst, Bd l. 13, Stuttgart/Berlin 1931, 2. überarbeitete Auflage, S. 72, 527, mit Abb.;
Abridged Catalogue of the Pictures at Doughty House, Richmond, Surrey, in the Collection of Sir Herbert Cook, Bart., London 1932, S. 35, Kat.-Nr. 248 (als „in der Long Gallery“ als „The Magdalen“);
F. van den Wijngaert, Antoon van Dyck, Antwerpen 1943, S. 30, Abb. 5;
E. Larsen, L’Opera completa di Van Dyck, 1613–1626, Mailand 1980, Kat.-Nr. 42, mit Abb. (dort datiert um 1615/1616);
A. McNairn (Hrsg.), The Young van Dyck, Ausstellungskatalog, Ottawa 1980, S. 147;
E. Larsen, The Paintings of Anthony van Dyck, Freren 1988, Bd. II, Kat.-Nr. 227, mit Abb., sowie unter Kat.-Nr. 28;
A. K. Wheelock, S. Barnes, J. Held (Hrsg.), Anthony van Dyck, Ausstellungskatalog, Washington 1990/1991, Kat.-Nr. 89, S. 327, 347, mit Abb.;
S. Barnes, N. de Poorter et al., Van Dyck: A Complete Catalogue of the Paintings, New Haven/London 2004, S. 59, Kat.-Nr. I. 42, mit Abb.;
A. Vergara, F. Lammertse (Hrsg.), The Young Van Dyck, Ausstellungskatalog, Madrid 2012, S. 199, Kat.-Nr. 8, S. 116F, mit Abb.

Die vorliegende Ölstudie ist ein frühes Zeugnis der Könnerschaft und Erfindungsgabe des jungen Anthonis van Dyck, den Peter Paul Rubens in einem Brief von 1618 als seinen „besten Schüler“ bezeichnete.

Vermutlich als büßende Magdalena konzipiert, handelt es sich hier, wie Susan Barnes beschrieben hat, um „eine in selbstbewusstem Impasto nach dem Modell gemalte Studie“ (siehe S. Barnes, N. de Poorter et al., Van Dyck: A Complete Catalogue of the Paintings, New Haven/London 2004, S. 59, Kat.-Nr. I. 42). Mit einer derart malerischen Verve ausgeführt, dass man die Hand des 17- oder 18-jähigen van Dyck auf dem Papier zu spüren vermeint, kehrt die Physiognomie der jungen Frau in der etwas später entstandenen Trunkenheit des Silen des Künstlers wieder (Gemäldegalerie Alte Meister, Dresden, Inv.-Nr. 1017, 1619/1620). Im fließenden Haar und den Gesichtszügen der Mänade links des behäbigen Silenos erkennt man die vorliegende Studie wieder. Julius Held bemerkte auch die meisterhafte Art und Weise, mit der van Dyck eine solche Studie in einen Charakter von gänzlich anderem Tenor verwandeln konnte: „Es ist erstaunlich zu sehen, wie wenige Veränderungen ihres Gesichts aus der (vorliegenden) büßenden Magdalena eine lächelnde Verführerin gemacht haben“ (siehe J. Held, Anthony van Dyck, Washington 1990, Kat.-Nr. 89).

Das vorliegende Werk hat ob der wichtigen Erkenntnisse Bedeutung erlangt, die es hinsichtlich van Dycks künstlerischer Entwicklung Rubens gegenüber liefert, dem er bei der Ausführung mehrerer seiner wegweisendsten Historienbilder als Gehilfe zur Seite stand. Obwohl die Antwerpener Praxis, in der Werkstatt Studien oder Tronies wie das vorliegende Werk anzufertigen, um sie dann in größeren Zusammenhängen wiederzuverwenden, bereits von einem Meister der vorangegangenen Generation, nämlich Frans Floris, eingeführt wurde, werden die Qualitäten dieser Methode im Zusammenhang mit Rubens’ Werkstatt und seines begabtesten Gehilfen van Dyck am offenkundigsten. Im Vergleich zu Rubens’ früherer Trunkenheit des Silen von 1617/1618 (Alte Pinakothek, München, Inv.-Nr. 319) weist die oben erwähne Ausführung desselben Themas durch van Dyck Ähnlichkeiten mit Rubens’ Figurenanordnung insbesondere hinsichtlich des gebückten Silenos auf, der, wie in Ovids Metamorphosen berichtet, von einer Schar Phryger gestützt wird. Doch van Dyck setzte seine eigenen, deutlich erkennbaren Akzente, indem er eigene Begleitfiguren erfand. Dafür spricht etwa die Kopie einer Zeichnung, die möglicherweise für den schwarzen Mann rechts im Bild verwendet wurde (heute Ashmolean Museum, Oxford). Dies macht die vorliegende Studie zu einem der erstaunlichsten Zeugnisse des innovativen Geists und der malerischen Vollendung des jungen Künstlers.

Wohl gibt es andere Darstellungen der büßenden Magdalena van Dycks, doch die vorliegende Komposition wurde bisher nicht in Zusammenhang mit einem größeren ausgeführten Werk dieses Bildthemas publiziert. Angesichts ihrer Qualität und Technik ist es nicht erstaunlich, dass die Skizze selbst nachgeahmt wurde: Sie existiert in mehreren nicht eigenhändigen Fassungen. Die beste von ihnen befand sich einst in der Sammlung Stroefer (Öl auf Holz, München, 1937).

Experte: Damian Brenninkmeyer Damian Brenninkmeyer
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 09.06.2020 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 02.06. - 09.06.2020


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer(für Lieferland Österreich)

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