Lot Nr. 106 -


Pietro Fancelli


Pietro Fancelli - Alte Meister I

(Bologna 1764–1850 Pesaro)
Bildnis des jugendlichen Kaisers Franz II. (1768–1835) mit dem Orden vom Goldenen Vlies, dem Maria-Theresien-Orden und dem ungarischen St.-Stephansorden, eine Landkarte von Italien in Händen haltend,
bezeichnet: FRANCESCO. II. IMPERAT,
signiert und undeutlich datiert links unten: P. Fancelli …,
auf dem Keilrahmen bezeichnet: Sig. Pietro Fancelli,
Öl auf Leinwand, 113,5 x 74 cm, gerahmt

Das vorliegende Werk ist eines der wenigen Porträts von Kaiser Franz in jungen Jahren. Es war der Wissenschaft bisher unbekannt und blieb unveröffentlicht.

Es zeigt den Kaiser in weißer Uniform mit dem Orden vom Goldenen Vlies, dem Maria-Theresien-Orden und dem ungarischen St.-Stephansorden vor einer großen Schlachtenfahne mit dem doppelköpfigen Adler des Heiligen Römischen Reiches und einer Landkarte von Italien.

Während die Signatur „P. Fancelli“ unten links gut lesbar ist, hat die Datierung des vorliegenden Gemäldes gelitten. Was von der Jahreszahl übrig geblieben ist, könnte als „1800“ gelesen werden. Franz II. war im Jahr 1800 zweiunddreißig Jahre alt, was seinem Alter auf dem vorliegenden Porträt entspricht. Diese Jahreszahl würde auch eine ikonografische Erklärung für die von Fancelli dargestellte markante Italienkarte liefern, denkt man an die Feldzüge des Zweiten Koalitionskriegs 1799‒1800 in Norditalien. Nach der Niederlage der Franzosen in den Schlachten von Magnano und Cassano im April 1799 hatten die Österreicher die Franzosen aus fast allen italienischen Gebieten vertrieben und den französischen Satellitenstaat der „Cisalpinen Republik“, zu dem Bologna als „Departement Reno“ gehört hatte, faktisch aufgelöst. Die österreichische Herrschaft über den größten Teil Nord- und Mittelitaliens war wieder hergestellt: Das vorliegende Porträt scheint an diese erneute Stärke habsburgischer Legitimität zu erinnern. Es wurde höchstwahrscheinlich in Bologna für einen adeligen Auftraggeber gemalt, der damit seine Kaisertreue demonstrieren wollte. Der Triumph über die Franzosen sollte jedoch nur von kurzer Dauer sein: Napoleon, der aus Ägypten zurückkehrte, übernahm im Frühjahr 1800 das Kommando über die französisch-italienische Armee, überquerte die Alpen und besiegte die kaiserliche Armee in der entscheidenden Schlacht von Marengo am 14. Juni 1800.

Franz war seiner Herkunft nach Italiener und wurde als ältester Sohn des Großherzogs und späteren Kaisers Leopold in Florenz geboren und aufgezogen. Sein Vater regierte als Großherzog von 1765 bis 1790. Obwohl er eine glückliche Kindheit im Kreis seiner zahlreichen Geschwister verlebte, war seiner Familie bewusst, dass Franz wahrscheinlich einmal Kaiser werden würde (sein Onkel Joseph hatte aus keiner seiner beiden Ehen Nachkommen), und so wurde der junge Erzherzog 1784 an den kaiserlichen Hof in Wien geschickt, um ihn dort zu erziehen und auf seine zukünftige Rolle vorzubereiten. Nach dem Tod Josephs II. im Jahr 1790 wurde Franz’ Vater Kaiser. Leopold starb 1792 im Alter von nur 44 Jahren. Franz, der gerade seinen 24. Geburtstag gefeiert hatte, wurde nun viel früher als erwartet Kaiser. Seine Krönung zum letzten Kaiser des Heiligen Römischen Reiches war auch die letzte Krönungszeremonie dieser Art in Mitteleuropa. Franz nahm als Antwort auf die Erklärung Napoleons zum Kaiser der Franzosen den Titel Kaiser von Österreich an. Bald nachdem Napoleon den Rheinbund gegründet hatte, dankte Franz als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches ab. Er war König von Ungarn, Kroatien und Böhmen und fungierte auch als erster Präsident des Deutschen Bundes nach dessen Gründung im Jahr 1815. In den Napoleonischen Kriegen spielte er weiterhin eine führende Rolle als Gegner Frankreichs. Nach der Abdankung Napoleons im Anschluss an den Sechsten Koalitionskrieg nahm Österreich als führendes Mitglied der Heiligen Allianz am Wiener Kongress teil, der weitgehend von Franz’ Kanzler Fürst Klemens Wenzel von Metternich dominiert wurde und in einer neuen europäischen Landkarte und der Wiederherstellung der meisten alten Herrschaftsgebiete Franz’ gipfelte.

Fancelli stellt den jungen Kaiser mit meisterhaft ausgeführten, elegant angeordneten Symbolen der kaiserlichen Macht wie dem Schwert oder dem Reichsapfel vor einem Sims dar. Die Gesichtszüge atmen neoklassizistische Würde, was für Fancellis Porträts charakteristisch ist, die manchmal fast statuarisch wirken und an andere Werke im neoklassizistischen Stil wie die Porträts Johann Heinrich Wilhelm Tischbeins erinnern. Fancellis Selbstbildnis von 1800 (siehe B. Basevi, Felsina sempre pittrice. Acquisizioni d'arte e donazioni per la storia di Bologna, 2014‒2016, Ausstellungskatalog, hg. von A. Mazza, Bologna 2016, S. 150) bietet sich zum Vergleich an.

Seine erste Ausbildung erhielt Pietro Fancelli im venezianischen Atelier seines Vaters, des Dekorationsmalers Petronio Fancelli, bevor er 1784 in seine Heimatstadt Bologna zurückkehrte und sich an der Accademia Clementina einschrieb. Während seiner gesamten Laufbahn unterhielt er enge Beziehungen zur Accademia, wurde 1791 Mitglied und unterrichtete dort auch nach ihrer Umstrukturierung zur Accademia Nazionale di Belli Arti im Jahr 1804 weiterhin Zeichnen. Fancelli machte sich als Spezialist für Bühnenbilder und Szenografie einen Namen und war als Porträt- und Freskenmaler tätig. Er schuf auch eine Reihe von Gemälden für lokale Kirchen wie 1790 die Stigmatisierung des heiligen Franziskus in der Kirche San Francesco in Faenza, Der heilige Thomas von Villanova verteilt Almosen in San Giacomo Maggiore in Bologna, ein 1827 vollendetes Werk, und 1829 Die heilige Anna und die Jungfrau für Santa Maria Maggiore in Bologna.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

10.11.2021 - 16:00

Erzielter Preis: **
EUR 25.901,-
Schätzwert:
EUR 20.000,- bis EUR 30.000,-

Pietro Fancelli


(Bologna 1764–1850 Pesaro)
Bildnis des jugendlichen Kaisers Franz II. (1768–1835) mit dem Orden vom Goldenen Vlies, dem Maria-Theresien-Orden und dem ungarischen St.-Stephansorden, eine Landkarte von Italien in Händen haltend,
bezeichnet: FRANCESCO. II. IMPERAT,
signiert und undeutlich datiert links unten: P. Fancelli …,
auf dem Keilrahmen bezeichnet: Sig. Pietro Fancelli,
Öl auf Leinwand, 113,5 x 74 cm, gerahmt

Das vorliegende Werk ist eines der wenigen Porträts von Kaiser Franz in jungen Jahren. Es war der Wissenschaft bisher unbekannt und blieb unveröffentlicht.

Es zeigt den Kaiser in weißer Uniform mit dem Orden vom Goldenen Vlies, dem Maria-Theresien-Orden und dem ungarischen St.-Stephansorden vor einer großen Schlachtenfahne mit dem doppelköpfigen Adler des Heiligen Römischen Reiches und einer Landkarte von Italien.

Während die Signatur „P. Fancelli“ unten links gut lesbar ist, hat die Datierung des vorliegenden Gemäldes gelitten. Was von der Jahreszahl übrig geblieben ist, könnte als „1800“ gelesen werden. Franz II. war im Jahr 1800 zweiunddreißig Jahre alt, was seinem Alter auf dem vorliegenden Porträt entspricht. Diese Jahreszahl würde auch eine ikonografische Erklärung für die von Fancelli dargestellte markante Italienkarte liefern, denkt man an die Feldzüge des Zweiten Koalitionskriegs 1799‒1800 in Norditalien. Nach der Niederlage der Franzosen in den Schlachten von Magnano und Cassano im April 1799 hatten die Österreicher die Franzosen aus fast allen italienischen Gebieten vertrieben und den französischen Satellitenstaat der „Cisalpinen Republik“, zu dem Bologna als „Departement Reno“ gehört hatte, faktisch aufgelöst. Die österreichische Herrschaft über den größten Teil Nord- und Mittelitaliens war wieder hergestellt: Das vorliegende Porträt scheint an diese erneute Stärke habsburgischer Legitimität zu erinnern. Es wurde höchstwahrscheinlich in Bologna für einen adeligen Auftraggeber gemalt, der damit seine Kaisertreue demonstrieren wollte. Der Triumph über die Franzosen sollte jedoch nur von kurzer Dauer sein: Napoleon, der aus Ägypten zurückkehrte, übernahm im Frühjahr 1800 das Kommando über die französisch-italienische Armee, überquerte die Alpen und besiegte die kaiserliche Armee in der entscheidenden Schlacht von Marengo am 14. Juni 1800.

Franz war seiner Herkunft nach Italiener und wurde als ältester Sohn des Großherzogs und späteren Kaisers Leopold in Florenz geboren und aufgezogen. Sein Vater regierte als Großherzog von 1765 bis 1790. Obwohl er eine glückliche Kindheit im Kreis seiner zahlreichen Geschwister verlebte, war seiner Familie bewusst, dass Franz wahrscheinlich einmal Kaiser werden würde (sein Onkel Joseph hatte aus keiner seiner beiden Ehen Nachkommen), und so wurde der junge Erzherzog 1784 an den kaiserlichen Hof in Wien geschickt, um ihn dort zu erziehen und auf seine zukünftige Rolle vorzubereiten. Nach dem Tod Josephs II. im Jahr 1790 wurde Franz’ Vater Kaiser. Leopold starb 1792 im Alter von nur 44 Jahren. Franz, der gerade seinen 24. Geburtstag gefeiert hatte, wurde nun viel früher als erwartet Kaiser. Seine Krönung zum letzten Kaiser des Heiligen Römischen Reiches war auch die letzte Krönungszeremonie dieser Art in Mitteleuropa. Franz nahm als Antwort auf die Erklärung Napoleons zum Kaiser der Franzosen den Titel Kaiser von Österreich an. Bald nachdem Napoleon den Rheinbund gegründet hatte, dankte Franz als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches ab. Er war König von Ungarn, Kroatien und Böhmen und fungierte auch als erster Präsident des Deutschen Bundes nach dessen Gründung im Jahr 1815. In den Napoleonischen Kriegen spielte er weiterhin eine führende Rolle als Gegner Frankreichs. Nach der Abdankung Napoleons im Anschluss an den Sechsten Koalitionskrieg nahm Österreich als führendes Mitglied der Heiligen Allianz am Wiener Kongress teil, der weitgehend von Franz’ Kanzler Fürst Klemens Wenzel von Metternich dominiert wurde und in einer neuen europäischen Landkarte und der Wiederherstellung der meisten alten Herrschaftsgebiete Franz’ gipfelte.

Fancelli stellt den jungen Kaiser mit meisterhaft ausgeführten, elegant angeordneten Symbolen der kaiserlichen Macht wie dem Schwert oder dem Reichsapfel vor einem Sims dar. Die Gesichtszüge atmen neoklassizistische Würde, was für Fancellis Porträts charakteristisch ist, die manchmal fast statuarisch wirken und an andere Werke im neoklassizistischen Stil wie die Porträts Johann Heinrich Wilhelm Tischbeins erinnern. Fancellis Selbstbildnis von 1800 (siehe B. Basevi, Felsina sempre pittrice. Acquisizioni d'arte e donazioni per la storia di Bologna, 2014‒2016, Ausstellungskatalog, hg. von A. Mazza, Bologna 2016, S. 150) bietet sich zum Vergleich an.

Seine erste Ausbildung erhielt Pietro Fancelli im venezianischen Atelier seines Vaters, des Dekorationsmalers Petronio Fancelli, bevor er 1784 in seine Heimatstadt Bologna zurückkehrte und sich an der Accademia Clementina einschrieb. Während seiner gesamten Laufbahn unterhielt er enge Beziehungen zur Accademia, wurde 1791 Mitglied und unterrichtete dort auch nach ihrer Umstrukturierung zur Accademia Nazionale di Belli Arti im Jahr 1804 weiterhin Zeichnen. Fancelli machte sich als Spezialist für Bühnenbilder und Szenografie einen Namen und war als Porträt- und Freskenmaler tätig. Er schuf auch eine Reihe von Gemälden für lokale Kirchen wie 1790 die Stigmatisierung des heiligen Franziskus in der Kirche San Francesco in Faenza, Der heilige Thomas von Villanova verteilt Almosen in San Giacomo Maggiore in Bologna, ein 1827 vollendetes Werk, und 1829 Die heilige Anna und die Jungfrau für Santa Maria Maggiore in Bologna.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
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Auktion: Alte Meister I
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 10.11.2021 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 29.10. - 10.11.2021


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer(für Lieferland Österreich)

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