Lot Nr. 39


Max Slevogt


Max Slevogt - Moderne

(Landshut 1868–1932 Neukastel)
Landschaft mit Frau in Weiß, 1908, signiert Slevogt, Öl auf Leinwand, 65 x 80 cm, gerahmt

Die Echtheit dieses Werkes wurde mündlich von Bernhard Geil bestätigt. Wir danken Herrn Geil für die freundliche Unterstützung.

Provenienz:
Privatsammlung, Deutschland

Ausgestellt:
Landesmuseum Mainz, Ein Tag am Meer. Slevogt, Liebermann & Cassirer, 9. Oktober 2018-10. Februar 2019 (siehe Ausstellungskatalog, Kat.-Nr. 3.6., mit Abb. auf S. 105)

Im Sommer 1908 verbrachte Max Slevogt zwei Wochen an der niederländischen Nordseeküste. Gemeinsam mit seinen Künstlerfreunden Max Liebermann und Lovis Corinth wohnte er auf Einladung seines Freundes, dem Berliner Kunsthändler und Verleger Paul Cassirer, in dessen Sommerhaus am Strand von Noordwijk. Cassirer hatte das als Sommerdomizil dienende Ferienhaus mitten in den Dünen gemeinsam mit seiner Freundin und späteren Ehefrau, der österreichischen Schauspielerin und Hörspielsprecherin Tilla Durieux, nach eigenen Vorstellungen bauen lassen. Das Feriendomizil im damals aufstrebenden holländischen Seebad Noordwijk aan Zee stand selbstverständlich auch Cassirers Freunden offen, sodass die Künstler, die er als Galerist vertrat, automatisch ein Gastrecht besaßen. Slevogt besuchte das Haus gemeinsam mit seinen beiden Freunden, zusammen gehörten sie der Künstlervereinigung der Berliner Secession an und bildeten das Dreigestirn des deutschen Impressionismus. Gemeinsam malten die drei Künstler das Meer und den Strand. Im Gegensatz zu seinen Künstlerfreunden, die regelmäßig zum Malen ins Ausland reisten, erkundete Slevogt, der nur ungern auf Reise ging, lediglich ein einziges Mal zum Malen die Nordseeküste. Das Sujet der Standlandschaft ist somit in Slevogts Œuvre sehr selten. Insgesamt sind nur sechs Gemälde dieses Motivs bekannt, sodass jedes einzelne dieser Bilder einen einzigartigen Stellenwert in seinem Gesamtwerk einnimmt.
Die „Landschaft mit weißer Dame“ entstammt dieser bedeutsamen Werkserie und zeigt eine Dame in weißem Gewand im unteren Bildrand. Das strahlend weiße Sommerkleid der Protagonistin bildet einen starken Farbkontrast zu der in zahlreichen Grüntönen dargestellten Dünenlandschaft im Mittelpunkt der Komposition. Insbesondere der Kontrast konstruiert Spannung in dem Gemälde. Der von der Lust am Sehen bestimmte Dialog zwischen Figur und Raum ist typisch für den Impressionismus. Dargestellt wird ein nahsichtiger und scheinbar zufällig ausgewählter Landschaftsausschnitt mit der weiblichen Protagonistin. Vorstellbar ist, dass das Gemälde bei einem gemeinsamen Ausflug oder Spaziergang abseits des Ferienhauses entstanden ist. Das Gemälde wurde 1918 in Berlin anlässlich einer Ausstellung zu Slevogts 50. Geburtstag gezeigt, dort trug es allerdings den Titel „Dame, Brombeeren suchend“. (Hg. Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, bearbeitet von Karoline Feulner, Ein Tag am Meer. Slevogt, Liebermann und Cassirer, S. 16). Aufgrund des damaligen Titels ist davon auszugehen, dass das Bild vermutlich „das Sommervergnügen einer Brombeersuche zeigt […].“ (Ebd. S. 13). Die Dame beugt sich leicht nach vorn und scheint in den Sträuchern nach den reifen Früchten Ausschau zu halten. Das einfallende Licht umspielt den Rücken der Damen und es entsteht der Eindruck einer intensiven Sonnenreflexion. Die Dame trägt einen ebenfalls weißen Sommerhut, der ihr Gesicht verschattet und nur wenig von ihren dunklen Haaren preisgibt. Ob es sich bei der Dargestellten um Tilla Durieux handelt muss offen bleiben. Aufgrund der engen Beziehung zwischen Slevogt, Cassirer und seiner Lebensgefährtin Tilla liegt diese Vermutung jedoch nahe. Auch, weil diese laut Slevogts handschriftlichen Werkverzeichnisses als Eigentümerin des Gemäldes „Landschaft mit weißer Dame“ beziehungsweise „Dame, Brombeeren suchend“ aufgeführt wird (Vgl. Ebd. S. 97). Tilla Durieux wurde im August 1880 als Ottilie Godeffroy in Wien geboren. Schon früh interessierte sie sich für das Theater und absolvierte in ihrer Geburtsstadt Wien eine entsprechende Schauspielausbildung. Da ihre Eltern die Berufswahl ablehnten, wählte sie den Künstlernahmen Tilla Durieux. Nach verschiedenen Stationen in Europa kam die junge Schauspielerin zur Spielzeit 1903/04 nach Berlin, wo sie den deutschen Verleger, Kunsthändler und Galeristen Paul Cassirer kennenlernte und in zweiter Ehe heiratete.
Die Farben sind pastos aufgetragen, die Farbpalette ist hell und sehr variantenreich. Die Dünen setzen sich aus feinen Pinselstrichen in zahlreichen Grüntönen zusammen. Im Hintergrund ist vom Betrachter aus rechtsseitig der Strand und das Meer, welches mit dem Horizont verschwimmt, zu erahnen.
Das Gemälde „Landschaft mit weißer Dame“ wurde erst kürzlich, anlässlich der Ausstellungsvorbereitung der Ausstellung „Ein Tag am Meer. Slevogt, Liebermann und Cassirer“ wiederentdeckt. Es ist ein einzigartiges Gemälde, das in Slevogts Œuvre in dieser Form keine Nachfolge mehr finden sollte, denn nach seinem Aufenthalt in Noordwijk malte Max Slevogt keine weiteren Strandlandschaften mehr.

Expertin: Dr. Petra Maria Schäpers Dr. Petra Maria Schäpers
+49 211 2107747

petra.schaepers@dorotheum.de

30.11.2021 - 18:00

Schätzwert:
EUR 90.000,- bis EUR 140.000,-

Max Slevogt


(Landshut 1868–1932 Neukastel)
Landschaft mit Frau in Weiß, 1908, signiert Slevogt, Öl auf Leinwand, 65 x 80 cm, gerahmt

Die Echtheit dieses Werkes wurde mündlich von Bernhard Geil bestätigt. Wir danken Herrn Geil für die freundliche Unterstützung.

Provenienz:
Privatsammlung, Deutschland

Ausgestellt:
Landesmuseum Mainz, Ein Tag am Meer. Slevogt, Liebermann & Cassirer, 9. Oktober 2018-10. Februar 2019 (siehe Ausstellungskatalog, Kat.-Nr. 3.6., mit Abb. auf S. 105)

Im Sommer 1908 verbrachte Max Slevogt zwei Wochen an der niederländischen Nordseeküste. Gemeinsam mit seinen Künstlerfreunden Max Liebermann und Lovis Corinth wohnte er auf Einladung seines Freundes, dem Berliner Kunsthändler und Verleger Paul Cassirer, in dessen Sommerhaus am Strand von Noordwijk. Cassirer hatte das als Sommerdomizil dienende Ferienhaus mitten in den Dünen gemeinsam mit seiner Freundin und späteren Ehefrau, der österreichischen Schauspielerin und Hörspielsprecherin Tilla Durieux, nach eigenen Vorstellungen bauen lassen. Das Feriendomizil im damals aufstrebenden holländischen Seebad Noordwijk aan Zee stand selbstverständlich auch Cassirers Freunden offen, sodass die Künstler, die er als Galerist vertrat, automatisch ein Gastrecht besaßen. Slevogt besuchte das Haus gemeinsam mit seinen beiden Freunden, zusammen gehörten sie der Künstlervereinigung der Berliner Secession an und bildeten das Dreigestirn des deutschen Impressionismus. Gemeinsam malten die drei Künstler das Meer und den Strand. Im Gegensatz zu seinen Künstlerfreunden, die regelmäßig zum Malen ins Ausland reisten, erkundete Slevogt, der nur ungern auf Reise ging, lediglich ein einziges Mal zum Malen die Nordseeküste. Das Sujet der Standlandschaft ist somit in Slevogts Œuvre sehr selten. Insgesamt sind nur sechs Gemälde dieses Motivs bekannt, sodass jedes einzelne dieser Bilder einen einzigartigen Stellenwert in seinem Gesamtwerk einnimmt.
Die „Landschaft mit weißer Dame“ entstammt dieser bedeutsamen Werkserie und zeigt eine Dame in weißem Gewand im unteren Bildrand. Das strahlend weiße Sommerkleid der Protagonistin bildet einen starken Farbkontrast zu der in zahlreichen Grüntönen dargestellten Dünenlandschaft im Mittelpunkt der Komposition. Insbesondere der Kontrast konstruiert Spannung in dem Gemälde. Der von der Lust am Sehen bestimmte Dialog zwischen Figur und Raum ist typisch für den Impressionismus. Dargestellt wird ein nahsichtiger und scheinbar zufällig ausgewählter Landschaftsausschnitt mit der weiblichen Protagonistin. Vorstellbar ist, dass das Gemälde bei einem gemeinsamen Ausflug oder Spaziergang abseits des Ferienhauses entstanden ist. Das Gemälde wurde 1918 in Berlin anlässlich einer Ausstellung zu Slevogts 50. Geburtstag gezeigt, dort trug es allerdings den Titel „Dame, Brombeeren suchend“. (Hg. Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, bearbeitet von Karoline Feulner, Ein Tag am Meer. Slevogt, Liebermann und Cassirer, S. 16). Aufgrund des damaligen Titels ist davon auszugehen, dass das Bild vermutlich „das Sommervergnügen einer Brombeersuche zeigt […].“ (Ebd. S. 13). Die Dame beugt sich leicht nach vorn und scheint in den Sträuchern nach den reifen Früchten Ausschau zu halten. Das einfallende Licht umspielt den Rücken der Damen und es entsteht der Eindruck einer intensiven Sonnenreflexion. Die Dame trägt einen ebenfalls weißen Sommerhut, der ihr Gesicht verschattet und nur wenig von ihren dunklen Haaren preisgibt. Ob es sich bei der Dargestellten um Tilla Durieux handelt muss offen bleiben. Aufgrund der engen Beziehung zwischen Slevogt, Cassirer und seiner Lebensgefährtin Tilla liegt diese Vermutung jedoch nahe. Auch, weil diese laut Slevogts handschriftlichen Werkverzeichnisses als Eigentümerin des Gemäldes „Landschaft mit weißer Dame“ beziehungsweise „Dame, Brombeeren suchend“ aufgeführt wird (Vgl. Ebd. S. 97). Tilla Durieux wurde im August 1880 als Ottilie Godeffroy in Wien geboren. Schon früh interessierte sie sich für das Theater und absolvierte in ihrer Geburtsstadt Wien eine entsprechende Schauspielausbildung. Da ihre Eltern die Berufswahl ablehnten, wählte sie den Künstlernahmen Tilla Durieux. Nach verschiedenen Stationen in Europa kam die junge Schauspielerin zur Spielzeit 1903/04 nach Berlin, wo sie den deutschen Verleger, Kunsthändler und Galeristen Paul Cassirer kennenlernte und in zweiter Ehe heiratete.
Die Farben sind pastos aufgetragen, die Farbpalette ist hell und sehr variantenreich. Die Dünen setzen sich aus feinen Pinselstrichen in zahlreichen Grüntönen zusammen. Im Hintergrund ist vom Betrachter aus rechtsseitig der Strand und das Meer, welches mit dem Horizont verschwimmt, zu erahnen.
Das Gemälde „Landschaft mit weißer Dame“ wurde erst kürzlich, anlässlich der Ausstellungsvorbereitung der Ausstellung „Ein Tag am Meer. Slevogt, Liebermann und Cassirer“ wiederentdeckt. Es ist ein einzigartiges Gemälde, das in Slevogts Œuvre in dieser Form keine Nachfolge mehr finden sollte, denn nach seinem Aufenthalt in Noordwijk malte Max Slevogt keine weiteren Strandlandschaften mehr.

Expertin: Dr. Petra Maria Schäpers Dr. Petra Maria Schäpers
+49 211 2107747

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Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
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Auktion: Moderne
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 30.11.2021 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: Online