Lot Nr. 18 -


Raffaello Sanzio, gen. Raffael, Umkreis*


Raffaello Sanzio, gen. Raffael, Umkreis* - Alte Meister I

(Urbino 1483–1520 Rom)
Madonna dell’Impannata,
Öl auf Holz, 162,5 x 124 cm, gerahmt

* „Umkreis“ bezeichnet den Schöpfer eines Werks, das in der unmittelbaren Einflusssphäre des Künstlers entstanden ist. Provenienz:
vermutlich Sammlung Bindo Altoviti, Palazzo Altoviti, Rom;
vermutlich Weitergabe im Erbgang, Palazzo Altoviti, Rom, verzeichnet 1644;
vermutlich Sammlung der Baronessa Teresa Del Nero, Florenz (lt. rückseitigem Wachssiegel mit dem Wappen der Familie Del Nero);
vermutlich vererbt an Marchese Carlo Torrigiani, Palazzo Torrigiani, Florenz, verzeichnet 1758–1761;
europäische Privatsammlung

Dokumentiert:
vermutlich Inventar der Erben des Pierozzo Altoviti, Palazzo Altoviti und Villa, 20. Dezember 1644. ASR, Notai del Tribunale dell’A. C., notaio Dominicus Fontias, Bd. 3198, f. 724r: „Nella prima camera contigua al salotto: Un quadro della Madonna e san Giovanni Battista copia di Raffaello“;
vermutlich Inventar „De’ Mobili dell’Illustrissimo Sig.r Marchese Carlo Torrigiani esistenti nel suo Palazzo di Firenze alla Buca fatto l’Anno 1758 riscontrato, corretto, e ricresciuto sotto di 2 Mag.o 1761 […]“, f. 45, Nr. 399: „N.o 1 Quadro dipinto in Tavola alto B. 2 ½ e largo B. 2 esprimente una Mad.a, Gesù Bamb., S. Giovanni, S. Anna, e S. Elisabetta, si crede di Mano d’un de’ Bronzini Copiato da un’Originale di Raffaello“

Literatur:
vermutlich A. Chong (Hg.), Raphael, Cellini & A Renaissance Banker. The Patronage of Bindo Altoviti, Ausstellungskatalog, Boston 2003, S. 381f. und S. 449, Dokument Nr. 5;
vermutlich C. S. Ellis, An Eighteenth-Century Florentine Provenance for Some Pictures in the Gerini and Cowper Collections, in: Paragone, 83, (707), 2009, S. 82, Inv.-Nr. 399

Das vorliegende Gemälde steht in Zusammenhang mit Raffaels berühmter Madonna dell’Impannata, beauftragt durch den Bankier Bindo Altoviti, heute in der Galleria Palatina im Palazzo Pitti, Florenz (Inv.-Nr. 94).

Im Jahr 1554 stellte sich die Familie Altoviti gegen die Macht der Medici, sodass in der Folge ihre toskanischen Besitztümer von Cosimo I. konfisziert wurden. Raffaels Madonna dell’Impannata wurde in den Palazzo Vecchio verbracht, wo sie von Giorgio Vasari verkleinert und angepasst wurde, um als Mitteltafel eines Altarbildes in der Kapelle des Quartiere di Leone X zu fungieren. Vasari fügte Seitenflügel mit Darstellungen der Heiligen Kosmas und Damian hinzu. Er beendete seine Überarbeitung 1558. Im Vergleich zu Raffaels Bildtafel ist das vorliegende Gemälde länger und zeigt einen langgestreckten Sockel aus grauem Stein, auf der der Johannesknabe seinen Fuß abstützt. Dieser Sockel erscheint auf dem Gemälde im Palazzo Pitti aufgrund der von Vasari am Originalbild Raffaels in den 1550er-Jahren vorgenommenen Veränderungen kürzer, woraus zu schließen ist, dass das vorliegende Gemälde gemalt wurde, bevor die Urfassung Raffaels im Palazzo Pitti verändert und gekürzt wurde.

Aus Inventarverzeichnissen geht hervor, dass die Familie Altoviti eine zweite Fassung der Madonna dell’Impannata besaß, die möglicherweise ebenfalls von Altoviti für seine römische Residenz beauftragt wurde, und zwar zu jenem Zeitpunkt, als Raffaels Original nach Florenz gebracht wurde. Der römische Palast der Altoviti befand sich neben der Kirche San Giovanni dei Fiorentini und wurde 1888 zerstört (siehe C. Belloni, Bindo Altoviti. Un banchiere del Rinascimento, Rom 1935, S. 43–46). Es wurde vermutet, dass es sich bei dem vorliegenden Gemälde um jenes handelt, das im Familieninventar von 1644 als „un quadro della Madonna e San Giovanni Battista copia di Raffaello“ („ein Gemälde der Madonna mit dem heiligen Johannes dem Täufer, Kopie nach Raffael“) erwähnt wird, untergebracht in der „prima camera contigua al salotto“ (im „ersten Raum neben dem Salon“) (siehe A. Chong 2003, S. 449; zur Dokumentenlage zur der Familie Altoviti, deren Archiv zerstört wurde, siehe die Anmerkung auf S. 15f.).

Man hat erwogen, dass es sich bei dem vorliegenden Gemälde um jenes handeln könnte, das im Palazzo Altoviti in Rom verzeichnet wurde und auf dem Erbweg in den Besitz der Familie Del Nero gelangte. Auf der Rückseite des Rahmens befindet sich ein rotes Wachssiegel der Florentiner Patrizierfamilie Del Nero. Die Familie Del Nero war mit den Altoviti durch die Heirat von Giovan Battista Altoviti und Luisa Del Nero im Jahr 1681 verwandt (siehe das Sonett Stringe lieto Imeneo col cinto d’oro. Nelle nozze del Signor Govambattista Altoviti colla Signora Luisa Del Nero virtuosissima Dama, e Poetessa, veröffentlicht in 1716 in der Anthologie Poesie Italiane di Rimatrici Viventi Raccolte da Teleste Ciparissiano).

Ein Inventar des 18. Jahrhunderts, das die Besitztümer von Carlo Torrigiani, dem Sohn des Marchese Giovanni Vincenzo und der Baronessa Teresa Del Nero, dokumentiert, verzeichnet unter Nummer 399 ein Gemälde in der „camera verde“ des Palazzo Torrigiani in der Via Romana in Florenz (das heutige Museo della Specola): „N.o 1 quadro dipinto in Tavola alto B. 2 ½ e largo b. 2 esprimente una Mad.a, Gesù Bamb., S. Anna, e S. Elisabetta, si crede di Mano d’un de’ Bronzini copiato da un’Originale di Raffaello“ (siehe C. S. Ellis, An Eighteenth-Century Florentine Provenance for Some Pictures in the Gerini and Cowper Collections, in: Paragone, 83 [707], 2009, S. 71–88).

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com

11.05.2022 - 16:00

Schätzwert:
EUR 150.000,- bis EUR 200.000,-

Raffaello Sanzio, gen. Raffael, Umkreis*


(Urbino 1483–1520 Rom)
Madonna dell’Impannata,
Öl auf Holz, 162,5 x 124 cm, gerahmt

* „Umkreis“ bezeichnet den Schöpfer eines Werks, das in der unmittelbaren Einflusssphäre des Künstlers entstanden ist. Provenienz:
vermutlich Sammlung Bindo Altoviti, Palazzo Altoviti, Rom;
vermutlich Weitergabe im Erbgang, Palazzo Altoviti, Rom, verzeichnet 1644;
vermutlich Sammlung der Baronessa Teresa Del Nero, Florenz (lt. rückseitigem Wachssiegel mit dem Wappen der Familie Del Nero);
vermutlich vererbt an Marchese Carlo Torrigiani, Palazzo Torrigiani, Florenz, verzeichnet 1758–1761;
europäische Privatsammlung

Dokumentiert:
vermutlich Inventar der Erben des Pierozzo Altoviti, Palazzo Altoviti und Villa, 20. Dezember 1644. ASR, Notai del Tribunale dell’A. C., notaio Dominicus Fontias, Bd. 3198, f. 724r: „Nella prima camera contigua al salotto: Un quadro della Madonna e san Giovanni Battista copia di Raffaello“;
vermutlich Inventar „De’ Mobili dell’Illustrissimo Sig.r Marchese Carlo Torrigiani esistenti nel suo Palazzo di Firenze alla Buca fatto l’Anno 1758 riscontrato, corretto, e ricresciuto sotto di 2 Mag.o 1761 […]“, f. 45, Nr. 399: „N.o 1 Quadro dipinto in Tavola alto B. 2 ½ e largo B. 2 esprimente una Mad.a, Gesù Bamb., S. Giovanni, S. Anna, e S. Elisabetta, si crede di Mano d’un de’ Bronzini Copiato da un’Originale di Raffaello“

Literatur:
vermutlich A. Chong (Hg.), Raphael, Cellini & A Renaissance Banker. The Patronage of Bindo Altoviti, Ausstellungskatalog, Boston 2003, S. 381f. und S. 449, Dokument Nr. 5;
vermutlich C. S. Ellis, An Eighteenth-Century Florentine Provenance for Some Pictures in the Gerini and Cowper Collections, in: Paragone, 83, (707), 2009, S. 82, Inv.-Nr. 399

Das vorliegende Gemälde steht in Zusammenhang mit Raffaels berühmter Madonna dell’Impannata, beauftragt durch den Bankier Bindo Altoviti, heute in der Galleria Palatina im Palazzo Pitti, Florenz (Inv.-Nr. 94).

Im Jahr 1554 stellte sich die Familie Altoviti gegen die Macht der Medici, sodass in der Folge ihre toskanischen Besitztümer von Cosimo I. konfisziert wurden. Raffaels Madonna dell’Impannata wurde in den Palazzo Vecchio verbracht, wo sie von Giorgio Vasari verkleinert und angepasst wurde, um als Mitteltafel eines Altarbildes in der Kapelle des Quartiere di Leone X zu fungieren. Vasari fügte Seitenflügel mit Darstellungen der Heiligen Kosmas und Damian hinzu. Er beendete seine Überarbeitung 1558. Im Vergleich zu Raffaels Bildtafel ist das vorliegende Gemälde länger und zeigt einen langgestreckten Sockel aus grauem Stein, auf der der Johannesknabe seinen Fuß abstützt. Dieser Sockel erscheint auf dem Gemälde im Palazzo Pitti aufgrund der von Vasari am Originalbild Raffaels in den 1550er-Jahren vorgenommenen Veränderungen kürzer, woraus zu schließen ist, dass das vorliegende Gemälde gemalt wurde, bevor die Urfassung Raffaels im Palazzo Pitti verändert und gekürzt wurde.

Aus Inventarverzeichnissen geht hervor, dass die Familie Altoviti eine zweite Fassung der Madonna dell’Impannata besaß, die möglicherweise ebenfalls von Altoviti für seine römische Residenz beauftragt wurde, und zwar zu jenem Zeitpunkt, als Raffaels Original nach Florenz gebracht wurde. Der römische Palast der Altoviti befand sich neben der Kirche San Giovanni dei Fiorentini und wurde 1888 zerstört (siehe C. Belloni, Bindo Altoviti. Un banchiere del Rinascimento, Rom 1935, S. 43–46). Es wurde vermutet, dass es sich bei dem vorliegenden Gemälde um jenes handelt, das im Familieninventar von 1644 als „un quadro della Madonna e San Giovanni Battista copia di Raffaello“ („ein Gemälde der Madonna mit dem heiligen Johannes dem Täufer, Kopie nach Raffael“) erwähnt wird, untergebracht in der „prima camera contigua al salotto“ (im „ersten Raum neben dem Salon“) (siehe A. Chong 2003, S. 449; zur Dokumentenlage zur der Familie Altoviti, deren Archiv zerstört wurde, siehe die Anmerkung auf S. 15f.).

Man hat erwogen, dass es sich bei dem vorliegenden Gemälde um jenes handeln könnte, das im Palazzo Altoviti in Rom verzeichnet wurde und auf dem Erbweg in den Besitz der Familie Del Nero gelangte. Auf der Rückseite des Rahmens befindet sich ein rotes Wachssiegel der Florentiner Patrizierfamilie Del Nero. Die Familie Del Nero war mit den Altoviti durch die Heirat von Giovan Battista Altoviti und Luisa Del Nero im Jahr 1681 verwandt (siehe das Sonett Stringe lieto Imeneo col cinto d’oro. Nelle nozze del Signor Govambattista Altoviti colla Signora Luisa Del Nero virtuosissima Dama, e Poetessa, veröffentlicht in 1716 in der Anthologie Poesie Italiane di Rimatrici Viventi Raccolte da Teleste Ciparissiano).

Ein Inventar des 18. Jahrhunderts, das die Besitztümer von Carlo Torrigiani, dem Sohn des Marchese Giovanni Vincenzo und der Baronessa Teresa Del Nero, dokumentiert, verzeichnet unter Nummer 399 ein Gemälde in der „camera verde“ des Palazzo Torrigiani in der Via Romana in Florenz (das heutige Museo della Specola): „N.o 1 quadro dipinto in Tavola alto B. 2 ½ e largo b. 2 esprimente una Mad.a, Gesù Bamb., S. Anna, e S. Elisabetta, si crede di Mano d’un de’ Bronzini copiato da un’Originale di Raffaello“ (siehe C. S. Ellis, An Eighteenth-Century Florentine Provenance for Some Pictures in the Gerini and Cowper Collections, in: Paragone, 83 [707], 2009, S. 71–88).

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

oldmasters@dorotheum.com


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister I
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 11.05.2022 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 30.04. - 11.05.2022