Lot Nr. 80


Andrea Vaccaro


Andrea Vaccaro - Alte Meister I

(Neapel 1604–1670)
Abraham verstößt Hagar und Ismael,
monogrammiert rechts unten,
Öl auf Leinwand, 168,5 x 220 cm, gerahmt

Provenienz:
Privatsammlung, Spanien;
Kunsthandel, Madrid;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Wir danken Riccardo Lattuada, der die Zuschreibung auf Grundlage einer Fotografie bestätigt hat. Er datiert das vorliegende Gemälde um 1655–1660.

Das vorliegende Gemälde ist ein Beispiel aus der künstlerischen Reifezeit Andrea Vaccaros. Sein Werk ist durch einen moderaten Klassizismus gekennzeichnet, zu dem er gefunden hatte, als das für sein Frühwerk typische caravaggeske Helldunkel verblasst war und er zunehmend unter den Einfluss des klassisch-bolognesischen Stils Domenichinos und Renis und einer von van Dyck inspirierten neovenezianischen Palette geriet.

Die Figur des Abraham im vorliegenden Gemälde ähnelt der Figur des heiligen Lukas in Vaccaros Gemälde Der heilige Lukas porträtiert die Gottesmutter und das Kind, das sich einst in der Kirche Il Gesu Nuovo in Neapel befand (siehe A. K. Tuck-Scala, Andrea Vaccaro. Naples, 1604–1670. His Documented Life and Art, Neapel 2012, S. 137–139, Abb. 15). Vaccaro verwendete offenbar dasselbe Modell für mehrere Gemälde. Weitere Gemeinsamkeiten finden sich auch in dem Bild Lot und seine Töchter (Museo del Prado, Madrid, Inv.-Nr. P005136, als Leihgabe im Museu d’Art de Girona); dies betrifft etwa die Darstellung des Brotes und des Kruges auf dem Boden rechts unten und die Geste einer der Töchter, ebenso die feinfühlige Wiedergabe von Stofflichkeit und Inkarnat sowie die Zurückhaltung im Ausdruck von Stimmung und Gefühl.

Der Bildgegenstand ist ungewöhnlich. Die Verstoßung Hagars und Ismaels durch Abraham ist Teil der biblischen Geschichte, die mit der viel häufiger dargestellten Episode endet, in welcher der Engel Hagar und Ismael in der Wüste erscheint. Die Erzählung beschreibt eine Geschichte aus der Genesis. Hagar, die ägyptische Dienerin von Sarah, Abrahams Frau, war gezwungen worden, Abraham zu ehelichen, nachdem man dachte, dass seine Frau Sarah unfruchtbar wäre. Als jedoch Hagar Abrahams ersten Sohn, Ismael, zur Welt brachte, schenkte Gott auch Sarah ein Kind, das den Namen Isaak erhielt. Gott befahl Abraham, zu Sarah zurückzukehren und Hagar und ihren Sohn aus dem Dorf zu verstoßen. Am nächsten Morgen gab Abraham der Mutter und dem Kind Brot und Wasser und schickte sie widerstrebend weg. Auf ihrer Reise in die Wüste, verloren und am Verdursten, werden Hagar und Ismael von einem Engel gerettet.

Unser Bild zeigt den intensiven Augenblick, als Abraham im Gebet mit sich ringt, bevor er Hagar und Ismael wegschickt. Der Moment wird im Alten Testament so beschrieben: „Da stand Abraham früh am Morgen auf und nahm Brot und einen Schlauch mit Wasser und legte es Hagar auf ihre Schulter, dazu den Knaben, und schickte sie fort“ (Genesis 21, 14). Durch die Hinzufügung der Brotlaibe und des Wasserkrugs wird die Bezugnahme des Gemäldes auf diese Szene deutlich.

Andrea Vaccaro stammte aus einer bedeutenden Künstlerfamilie. Seine Laufbahn nahm in Neapel und seiner unmittelbaren Umgebung ihren Ausgang, wo er wichtige Aufträge erhielt und für neapolitanische und spanische Auftraggeber arbeitete. Man nimmt an, dass er seine Karriere als Schüler des spätmanieristischen Malers Girolamo Imparato begann und dass er schon im frühen Alter vom Stil Caravaggios und besonders von dessen Helldunkeleffekten und der naturalistischen Wiedergabe der Figuren beeinflusst wurde. In seinem späteren Leben wandte er sich dem Stil Guido Renis, Anthonis van Dycks und Bernardo Cavallinos zu. Vaccaro erwarb in Neapel insbesondere ob seiner Figurenmalerei großen Ruhm. Sehr schnell galt er als bedeutendster Exponent der neapolitanischen Malerschule des 17. Jahrhunderts zwischen Massimo Stanzione und dem noch jungen, aufstrebenden Luca Giordano. Vaccaros Spätwerk kündet von Luca Giordanos brillanter Farbpalette und Mattia Pretis Wechselspiel von Licht und Schatten, was belegt, dass er immer bedacht war, mit den wichtigsten zeitgenössischen künstlerischen Entwicklungen Schritt zu halten.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403

old.masters@dorotheum.com

11.05.2022 - 16:00

Erzielter Preis: **
EUR 24.960,-
Schätzwert:
EUR 30.000,- bis EUR 40.000,-

Andrea Vaccaro


(Neapel 1604–1670)
Abraham verstößt Hagar und Ismael,
monogrammiert rechts unten,
Öl auf Leinwand, 168,5 x 220 cm, gerahmt

Provenienz:
Privatsammlung, Spanien;
Kunsthandel, Madrid;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Wir danken Riccardo Lattuada, der die Zuschreibung auf Grundlage einer Fotografie bestätigt hat. Er datiert das vorliegende Gemälde um 1655–1660.

Das vorliegende Gemälde ist ein Beispiel aus der künstlerischen Reifezeit Andrea Vaccaros. Sein Werk ist durch einen moderaten Klassizismus gekennzeichnet, zu dem er gefunden hatte, als das für sein Frühwerk typische caravaggeske Helldunkel verblasst war und er zunehmend unter den Einfluss des klassisch-bolognesischen Stils Domenichinos und Renis und einer von van Dyck inspirierten neovenezianischen Palette geriet.

Die Figur des Abraham im vorliegenden Gemälde ähnelt der Figur des heiligen Lukas in Vaccaros Gemälde Der heilige Lukas porträtiert die Gottesmutter und das Kind, das sich einst in der Kirche Il Gesu Nuovo in Neapel befand (siehe A. K. Tuck-Scala, Andrea Vaccaro. Naples, 1604–1670. His Documented Life and Art, Neapel 2012, S. 137–139, Abb. 15). Vaccaro verwendete offenbar dasselbe Modell für mehrere Gemälde. Weitere Gemeinsamkeiten finden sich auch in dem Bild Lot und seine Töchter (Museo del Prado, Madrid, Inv.-Nr. P005136, als Leihgabe im Museu d’Art de Girona); dies betrifft etwa die Darstellung des Brotes und des Kruges auf dem Boden rechts unten und die Geste einer der Töchter, ebenso die feinfühlige Wiedergabe von Stofflichkeit und Inkarnat sowie die Zurückhaltung im Ausdruck von Stimmung und Gefühl.

Der Bildgegenstand ist ungewöhnlich. Die Verstoßung Hagars und Ismaels durch Abraham ist Teil der biblischen Geschichte, die mit der viel häufiger dargestellten Episode endet, in welcher der Engel Hagar und Ismael in der Wüste erscheint. Die Erzählung beschreibt eine Geschichte aus der Genesis. Hagar, die ägyptische Dienerin von Sarah, Abrahams Frau, war gezwungen worden, Abraham zu ehelichen, nachdem man dachte, dass seine Frau Sarah unfruchtbar wäre. Als jedoch Hagar Abrahams ersten Sohn, Ismael, zur Welt brachte, schenkte Gott auch Sarah ein Kind, das den Namen Isaak erhielt. Gott befahl Abraham, zu Sarah zurückzukehren und Hagar und ihren Sohn aus dem Dorf zu verstoßen. Am nächsten Morgen gab Abraham der Mutter und dem Kind Brot und Wasser und schickte sie widerstrebend weg. Auf ihrer Reise in die Wüste, verloren und am Verdursten, werden Hagar und Ismael von einem Engel gerettet.

Unser Bild zeigt den intensiven Augenblick, als Abraham im Gebet mit sich ringt, bevor er Hagar und Ismael wegschickt. Der Moment wird im Alten Testament so beschrieben: „Da stand Abraham früh am Morgen auf und nahm Brot und einen Schlauch mit Wasser und legte es Hagar auf ihre Schulter, dazu den Knaben, und schickte sie fort“ (Genesis 21, 14). Durch die Hinzufügung der Brotlaibe und des Wasserkrugs wird die Bezugnahme des Gemäldes auf diese Szene deutlich.

Andrea Vaccaro stammte aus einer bedeutenden Künstlerfamilie. Seine Laufbahn nahm in Neapel und seiner unmittelbaren Umgebung ihren Ausgang, wo er wichtige Aufträge erhielt und für neapolitanische und spanische Auftraggeber arbeitete. Man nimmt an, dass er seine Karriere als Schüler des spätmanieristischen Malers Girolamo Imparato begann und dass er schon im frühen Alter vom Stil Caravaggios und besonders von dessen Helldunkeleffekten und der naturalistischen Wiedergabe der Figuren beeinflusst wurde. In seinem späteren Leben wandte er sich dem Stil Guido Renis, Anthonis van Dycks und Bernardo Cavallinos zu. Vaccaro erwarb in Neapel insbesondere ob seiner Figurenmalerei großen Ruhm. Sehr schnell galt er als bedeutendster Exponent der neapolitanischen Malerschule des 17. Jahrhunderts zwischen Massimo Stanzione und dem noch jungen, aufstrebenden Luca Giordano. Vaccaros Spätwerk kündet von Luca Giordanos brillanter Farbpalette und Mattia Pretis Wechselspiel von Licht und Schatten, was belegt, dass er immer bedacht war, mit den wichtigsten zeitgenössischen künstlerischen Entwicklungen Schritt zu halten.

Experte: Mark MacDonnell Mark MacDonnell
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Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
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Auktion: Alte Meister I
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 11.05.2022 - 16:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 30.04. - 11.05.2022


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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