Lot Nr. 517


Théodore Géricault


Théodore Géricault - Gemälde des 19. Jahrhunderts

(Rouen 1791–1824 Paris)
Le cheval du platrier (Das Pferd des Stuckateurs), 1821–1823, rückseitig Federskizzen: Pferde und Reiter, ein Mann am Boden, ein sitzender orientalischer Mann im Profil, ein Postillonreiter von hinten, ein Hufschmied und sein Pferd, signiert Géricault, Graphit, braune Tinte, braun laviert und mit Gouache gehöhtes Aquarell auf Karton, 18,2 x 21,3 cm, gerahmt

Provenienz:
Privatsammlung, Italien

Das vorliegende Los wird in den demnächst erscheinenden Catalogue Raisonné des dessins inédits et retrouvés de Théodore Géricault, der von Dr. Bruno Chenique erstellt wird aufgenommen.

Gutachten von Dr. Bruno Chenique, 14. Juli 2022 liegt auf Anfrage vor.

Dieses schöne und kraftvolle Aquarell „Das Pferd des Stuckateurs“ des Malers Théodore Géricault (1791-1824) ist den Spezialisten für den Künstler lange völlig unbekannt geblieben. Nun ergänzt es auf wunderbare Weise unsere Kenntnisse über eine wichtige Serie, die einem Thema gewidmet ist, das Géricault seit seiner Jugend erforschte: das widerspenstige Pferd.

Mit knapp 17 Jahren trat Theodore Géricault 1808 in das Atelier von Carle Vernet ein, der ein Historienmaler mit einer Leidenschaft für Pferde war. Um 1811-1812 wechselte Géricault in das Atelier von Pierre Guérin. Im Jahr 1812, nunmehr 21 Jahre alt, stellte er sein berühmtes Reiterporträt von M.D***, besser bekannt als „Officier de chasseurs de la garde impérial chargeant“, im Salon aus. Es war ein großer Erfolg und Vivant Denon, der Direktor des Napoleonmuseums, zeichnete ihn mit einer Goldmedaille aus.

Dieses wunderschöne Aquarell gehört zu einer Reihe, die Géricault ab seinem dritten Aufenthalt in London (1821) dem Thema des Pferdes des Stuckateurs widmete. Mehrere Zeichnungen und Aquarelle stehen in direktem Zusammenhang mit einem Ölgemälde zum selben Thema. Eine wichtige Zeichnung (datiert 1821) ist offensichtlich die Synthese dieser langen grafischen Erkundung Géricaults und diente zwei Jahre später als Vorlage für eine Lithografie.

Dieses Aquarell ist ein vollendetes, sehr starkes und skulpturales Werk, das eine monumentale Wirkung erlangen kann, die einem Öl auf Leinwand eigen ist. Die gut sichtbare Signatur unten rechts trägt zu dieser „malerischen“ Strategie bei. Obwohl das Aquarell die festen Motive der Lithografie und des Gemäldes (die Steine auf dem Boden, der Schattenwurf des Pferdekopfes, das Seil und der in die Wand eingemauerte Ring) übernimmt, hat Géricault den Karren voller Gipssäcke vollständig aus der Komposition eliminiert. Es bleibt also nur ein widerspenstiges Pferd, das von seiner schweren Last befreit, aber immer noch gefesselt ist. Der enge Bildausschnitt, das Fehlen des Arbeiters und das Fehlen eines vergitterten Fensters im rechten Hintergrund des Gebäudes tragen dazu bei, ein ganz anderes psychologisches Klima zu schaffen. Das widerspenstige Pferd wird nicht mehr bei seiner mühsamen täglichen Arbeit überrascht, sondern ist allein, allein mit uns, dem Zuschauer. Ein intimes Tête-à-tête, das uns die Komplexität seines schweren Geschirrs und die spektakuläre Anatomie dieses Pferdes, das endlich von seinem schweren Karren befreit ist, besser verstehen lässt. Plötzlich stehen wir einer wahren Naturgewalt gegenüber. Und plötzlich wird die extreme Zerbrechlichkeit seiner Fesselung (ein dünnes Seil, das mit einem kleinen, an der Wand versiegelten Ring verbunden ist) zu einer Selbstverständlichkeit. Eine Befreiung liegt im Bereich des Möglichen. Henri Zerner zufolge macht sich das Pferd bei Géricault „zum Träger seiner Vermittlungen über Leidenschaft, Arbeit, Leiden oder Tod“.

Dieses Thema (die behinderte Freiheit, die Tier- und Muskelkraft), das Géricault über mehrere Jahre hinweg erforschte, interessierte ihn und lag ihm am Herzen.

Die Kraft dieses Aquarells ist zweifellos das Ergebnis einer perfekten Beherrschung des kleinsten Details. Die Unterschrift, die eindeutig die Handschrift des Malers ist, beweist, dass es sich um eine Art Manifest der Tierhaltung (Arbeit und eingeschränkte Freiheit) handelte, das Géricault vermutlich 1822 angefertigt hat, als er wegen eines Ischiasleidens bettlägerig war und zahlreiche Aquarelle mit kommerziellem Charakter zeichnete. Es gibt ein wichtiges Zeugnis von Montfort, seinem ehemaligen Schüler, über diese Zeit großer Kreativität: „Er fertigte zu dieser Zeit in Paris auch zahlreiche Aquarell- und Sepiazeichnungen an, die er bei verschiedenen Händlern unterbrachte. Viele dieser Zeichnungen waren von großer Schönheit: Trotzdem war der Verkauf immer mühsam und seine Sensibilität wurde oft auf eine harte Probe gestellt“.

Die kleinen Skizzen auf der Rückseite des Aquarells zeigen Géricaults Grafiken aus seiner Zeit in England (1820 und 1821) und stehen zweifellos in Zusammenhang mit seinen Lithografien aus dieser Zeit. Der „Maréchal ferrant et son cheval“ ist ganz klar eine Studie für „The English Farrier“, eine Lithografie, die im Mai 1821 in London veröffentlicht wurde. Der Postillon scheint mit der Lithografie „Un Postillon“ auch „les deux chevaux harnachés“ genannt, veröffentlicht in Paris 1822, oder mit der Lithografie „Deux Chevaux à la Porte d‘une Écurie“ in Verbindung zu stehen.

Dr. Bruno Chenique.

Wir danken Dr. Bruno Chenique für die Bestätigung der Authentizität anhand des Originals.

Experte: Gautier Gendebien Gautier Gendebien
+39-334-777 1603

Gautier.Gendebien@dorotheum.it

08.11.2022 - 17:00

Erzielter Preis: **
EUR 51.200,-
Schätzwert:
EUR 40.000,- bis EUR 60.000,-

Théodore Géricault


(Rouen 1791–1824 Paris)
Le cheval du platrier (Das Pferd des Stuckateurs), 1821–1823, rückseitig Federskizzen: Pferde und Reiter, ein Mann am Boden, ein sitzender orientalischer Mann im Profil, ein Postillonreiter von hinten, ein Hufschmied und sein Pferd, signiert Géricault, Graphit, braune Tinte, braun laviert und mit Gouache gehöhtes Aquarell auf Karton, 18,2 x 21,3 cm, gerahmt

Provenienz:
Privatsammlung, Italien

Das vorliegende Los wird in den demnächst erscheinenden Catalogue Raisonné des dessins inédits et retrouvés de Théodore Géricault, der von Dr. Bruno Chenique erstellt wird aufgenommen.

Gutachten von Dr. Bruno Chenique, 14. Juli 2022 liegt auf Anfrage vor.

Dieses schöne und kraftvolle Aquarell „Das Pferd des Stuckateurs“ des Malers Théodore Géricault (1791-1824) ist den Spezialisten für den Künstler lange völlig unbekannt geblieben. Nun ergänzt es auf wunderbare Weise unsere Kenntnisse über eine wichtige Serie, die einem Thema gewidmet ist, das Géricault seit seiner Jugend erforschte: das widerspenstige Pferd.

Mit knapp 17 Jahren trat Theodore Géricault 1808 in das Atelier von Carle Vernet ein, der ein Historienmaler mit einer Leidenschaft für Pferde war. Um 1811-1812 wechselte Géricault in das Atelier von Pierre Guérin. Im Jahr 1812, nunmehr 21 Jahre alt, stellte er sein berühmtes Reiterporträt von M.D***, besser bekannt als „Officier de chasseurs de la garde impérial chargeant“, im Salon aus. Es war ein großer Erfolg und Vivant Denon, der Direktor des Napoleonmuseums, zeichnete ihn mit einer Goldmedaille aus.

Dieses wunderschöne Aquarell gehört zu einer Reihe, die Géricault ab seinem dritten Aufenthalt in London (1821) dem Thema des Pferdes des Stuckateurs widmete. Mehrere Zeichnungen und Aquarelle stehen in direktem Zusammenhang mit einem Ölgemälde zum selben Thema. Eine wichtige Zeichnung (datiert 1821) ist offensichtlich die Synthese dieser langen grafischen Erkundung Géricaults und diente zwei Jahre später als Vorlage für eine Lithografie.

Dieses Aquarell ist ein vollendetes, sehr starkes und skulpturales Werk, das eine monumentale Wirkung erlangen kann, die einem Öl auf Leinwand eigen ist. Die gut sichtbare Signatur unten rechts trägt zu dieser „malerischen“ Strategie bei. Obwohl das Aquarell die festen Motive der Lithografie und des Gemäldes (die Steine auf dem Boden, der Schattenwurf des Pferdekopfes, das Seil und der in die Wand eingemauerte Ring) übernimmt, hat Géricault den Karren voller Gipssäcke vollständig aus der Komposition eliminiert. Es bleibt also nur ein widerspenstiges Pferd, das von seiner schweren Last befreit, aber immer noch gefesselt ist. Der enge Bildausschnitt, das Fehlen des Arbeiters und das Fehlen eines vergitterten Fensters im rechten Hintergrund des Gebäudes tragen dazu bei, ein ganz anderes psychologisches Klima zu schaffen. Das widerspenstige Pferd wird nicht mehr bei seiner mühsamen täglichen Arbeit überrascht, sondern ist allein, allein mit uns, dem Zuschauer. Ein intimes Tête-à-tête, das uns die Komplexität seines schweren Geschirrs und die spektakuläre Anatomie dieses Pferdes, das endlich von seinem schweren Karren befreit ist, besser verstehen lässt. Plötzlich stehen wir einer wahren Naturgewalt gegenüber. Und plötzlich wird die extreme Zerbrechlichkeit seiner Fesselung (ein dünnes Seil, das mit einem kleinen, an der Wand versiegelten Ring verbunden ist) zu einer Selbstverständlichkeit. Eine Befreiung liegt im Bereich des Möglichen. Henri Zerner zufolge macht sich das Pferd bei Géricault „zum Träger seiner Vermittlungen über Leidenschaft, Arbeit, Leiden oder Tod“.

Dieses Thema (die behinderte Freiheit, die Tier- und Muskelkraft), das Géricault über mehrere Jahre hinweg erforschte, interessierte ihn und lag ihm am Herzen.

Die Kraft dieses Aquarells ist zweifellos das Ergebnis einer perfekten Beherrschung des kleinsten Details. Die Unterschrift, die eindeutig die Handschrift des Malers ist, beweist, dass es sich um eine Art Manifest der Tierhaltung (Arbeit und eingeschränkte Freiheit) handelte, das Géricault vermutlich 1822 angefertigt hat, als er wegen eines Ischiasleidens bettlägerig war und zahlreiche Aquarelle mit kommerziellem Charakter zeichnete. Es gibt ein wichtiges Zeugnis von Montfort, seinem ehemaligen Schüler, über diese Zeit großer Kreativität: „Er fertigte zu dieser Zeit in Paris auch zahlreiche Aquarell- und Sepiazeichnungen an, die er bei verschiedenen Händlern unterbrachte. Viele dieser Zeichnungen waren von großer Schönheit: Trotzdem war der Verkauf immer mühsam und seine Sensibilität wurde oft auf eine harte Probe gestellt“.

Die kleinen Skizzen auf der Rückseite des Aquarells zeigen Géricaults Grafiken aus seiner Zeit in England (1820 und 1821) und stehen zweifellos in Zusammenhang mit seinen Lithografien aus dieser Zeit. Der „Maréchal ferrant et son cheval“ ist ganz klar eine Studie für „The English Farrier“, eine Lithografie, die im Mai 1821 in London veröffentlicht wurde. Der Postillon scheint mit der Lithografie „Un Postillon“ auch „les deux chevaux harnachés“ genannt, veröffentlicht in Paris 1822, oder mit der Lithografie „Deux Chevaux à la Porte d‘une Écurie“ in Verbindung zu stehen.

Dr. Bruno Chenique.

Wir danken Dr. Bruno Chenique für die Bestätigung der Authentizität anhand des Originals.

Experte: Gautier Gendebien Gautier Gendebien
+39-334-777 1603

Gautier.Gendebien@dorotheum.it


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Auktion: Gemälde des 19. Jahrhunderts
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 08.11.2022 - 17:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 22.10. - 08.11.2022


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

Es können keine Kaufaufträge über Internet mehr abgegeben werden. Die Auktion befindet sich in Vorbereitung bzw. wurde bereits durchgeführt.