Römische Schule, um 1630
Der heilige Sebastian,
Öl auf Leinwand, 103,5 x 81,5 cm, gerahmt
Alessandro Morandotti hat für das vorliegende Gemälde eine Zuschreibung an Mattia Preti (Taverna 1613–1699 Valletta) vorgeschlagen und datiert es in des Künstlers frühe römische Periode der späten 1630er-Jahre. Es könnte sich um eine der frühesten Ausdrucksformen des jungen Künstlers bei seiner Interpretation des naturalistischen Stils Caravaggios handeln. In der Tat ist die Bildsprache Caravaggios in der vorliegenden Komposition deutlich erkennbar, wie beispielsweise in der Verwendung von Kontrasten, die durch das Streiflicht entstehen, welches auf Gesicht und Körper des Heiligen fällt. Das vorliegende Leinwandbild verrät aber auch den Einfluss Jusepe de Riberas, der ebenfalls naturalistische Heiligen- und Aposteldarstellungen schuf, welche sich durch Realismus und besonders kontrastreiche Lichteffekte auszeichnen. Heiligenbilder waren bei den Anhängern Caravaggios sehr beliebt, da sie die Möglichkeit boten, Demut, Leiden und Spiritualität bildlich darzustellen.
Mattia Preti war einer der bedeutendsten italienischen Barockmaler und wurde ob seiner lebendigen Gemälde gefeiert, die er während seiner langen Laufbahn in einem weitläufigen geografischen Gebiet, das Rom, Modena, Neapel und Malta umfasste, schuf. 1632 kam er in Rom an und landete seinen ersten Erfolg, als er sich durch Olimpia Aldobrandini und ihrer Schwägerin Olimpia Maidalchini der Patronanz zweier päpstlicher Familien erfreute und den prestigeträchtigen Auftrag für einen Freskenzyklus hinter dem Hochaltar in Sant’Andrea della Valle in Rom erhielt (1650/51). Trotzdem hat die Kunstwissenschaft die zwei Jahrzehnte, die der Maler in Rom verbrachte (ca. 1632–1653) zugunsten seiner späteren Jahre in Neapel und Malta weitgehend vernachlässigt.
Mattia Preti wurde auch von Werken zweier anderer großer Caravaggio-Nachfolger beeinflusst, Bartolomeo Manfredi (1582–1622) und Valentin de Boulogne (1591–1632). Ihr Einfluss zeigt sich besonders in Pretis frühen, im Stil Caravaggios ausgeführten Werken, die sich durch den Naturalismus und das Helldunkel des Meisters auszeichnen. In den 1640er-Jahren reiste er höchstwahrscheinlich nach Venedig, wo er die Werke von Tintoretto (1519–1594) und Veronese (1528–1588) sah. Dies führte zu Experimenten mit einer helleren Farbpalette und einer theatralischen Inszenierung. Diese neovenezianische Tendenz, die auch in Gemälden von Klassizisten wie Lanfranco und Guercino zu beobachten ist, veränderte Pretis Stil merklich. In Anbetracht der stilistischen Gemeinsamkeiten zwischen dem jungen Preti und Guercino (Preti wurde laut De Dominici Guercinos Schüler in Cento, nachdem Guercinos Heilige Petronilla, die er im Petersdom gesehen hatte, große Bewunderung bei ihm hervorgerufen hatte; siehe B. De Dominici, Notizie della vita del Cavaliere Fra Mattia Preti, Malta 1864, S. 10–12, 29), ist es nicht verwunderlich, dass manche Forscher das vorliegende Gemälde einst für ein Werk Guercinos hielten.
Das Martyrium des heiligen Sebastian war ein wiederkehrendes Thema in Pretis Werk. Er schuf davon mehrere Varianten, unter anderem für Kirchen in Malta, Neapel und Taverna, seiner Heimatstadt in Kalabrien, deren Schutzpatron der heilige Sebastian ist. Die Hagiografie des Märtyrers ist bekannt: Der junge gallo-römische Zenturio aus Narbonne wurde zum Tode verurteilt, weil er Christ war, als er während der Herrschaft von Kaiser Diokletian (284 bis 305) in Rom diente. Auf unserem Bild wird er von einem Pfeilhagel durchbohrt; die ganze Kraft des Bildes liegt in seinem zuversichtlichen Blick, den er himmelwärts richtet.
Experte: Mark MacDonnell
Mark MacDonnell
+43 1 515 60 403
old.masters@dorotheum.com
25.10.2023 - 18:00
- Erzielter Preis: **
-
EUR 36.725,-
- Schätzwert:
-
EUR 15.000,- bis EUR 20.000,-
Römische Schule, um 1630
Der heilige Sebastian,
Öl auf Leinwand, 103,5 x 81,5 cm, gerahmt
Alessandro Morandotti hat für das vorliegende Gemälde eine Zuschreibung an Mattia Preti (Taverna 1613–1699 Valletta) vorgeschlagen und datiert es in des Künstlers frühe römische Periode der späten 1630er-Jahre. Es könnte sich um eine der frühesten Ausdrucksformen des jungen Künstlers bei seiner Interpretation des naturalistischen Stils Caravaggios handeln. In der Tat ist die Bildsprache Caravaggios in der vorliegenden Komposition deutlich erkennbar, wie beispielsweise in der Verwendung von Kontrasten, die durch das Streiflicht entstehen, welches auf Gesicht und Körper des Heiligen fällt. Das vorliegende Leinwandbild verrät aber auch den Einfluss Jusepe de Riberas, der ebenfalls naturalistische Heiligen- und Aposteldarstellungen schuf, welche sich durch Realismus und besonders kontrastreiche Lichteffekte auszeichnen. Heiligenbilder waren bei den Anhängern Caravaggios sehr beliebt, da sie die Möglichkeit boten, Demut, Leiden und Spiritualität bildlich darzustellen.
Mattia Preti war einer der bedeutendsten italienischen Barockmaler und wurde ob seiner lebendigen Gemälde gefeiert, die er während seiner langen Laufbahn in einem weitläufigen geografischen Gebiet, das Rom, Modena, Neapel und Malta umfasste, schuf. 1632 kam er in Rom an und landete seinen ersten Erfolg, als er sich durch Olimpia Aldobrandini und ihrer Schwägerin Olimpia Maidalchini der Patronanz zweier päpstlicher Familien erfreute und den prestigeträchtigen Auftrag für einen Freskenzyklus hinter dem Hochaltar in Sant’Andrea della Valle in Rom erhielt (1650/51). Trotzdem hat die Kunstwissenschaft die zwei Jahrzehnte, die der Maler in Rom verbrachte (ca. 1632–1653) zugunsten seiner späteren Jahre in Neapel und Malta weitgehend vernachlässigt.
Mattia Preti wurde auch von Werken zweier anderer großer Caravaggio-Nachfolger beeinflusst, Bartolomeo Manfredi (1582–1622) und Valentin de Boulogne (1591–1632). Ihr Einfluss zeigt sich besonders in Pretis frühen, im Stil Caravaggios ausgeführten Werken, die sich durch den Naturalismus und das Helldunkel des Meisters auszeichnen. In den 1640er-Jahren reiste er höchstwahrscheinlich nach Venedig, wo er die Werke von Tintoretto (1519–1594) und Veronese (1528–1588) sah. Dies führte zu Experimenten mit einer helleren Farbpalette und einer theatralischen Inszenierung. Diese neovenezianische Tendenz, die auch in Gemälden von Klassizisten wie Lanfranco und Guercino zu beobachten ist, veränderte Pretis Stil merklich. In Anbetracht der stilistischen Gemeinsamkeiten zwischen dem jungen Preti und Guercino (Preti wurde laut De Dominici Guercinos Schüler in Cento, nachdem Guercinos Heilige Petronilla, die er im Petersdom gesehen hatte, große Bewunderung bei ihm hervorgerufen hatte; siehe B. De Dominici, Notizie della vita del Cavaliere Fra Mattia Preti, Malta 1864, S. 10–12, 29), ist es nicht verwunderlich, dass manche Forscher das vorliegende Gemälde einst für ein Werk Guercinos hielten.
Das Martyrium des heiligen Sebastian war ein wiederkehrendes Thema in Pretis Werk. Er schuf davon mehrere Varianten, unter anderem für Kirchen in Malta, Neapel und Taverna, seiner Heimatstadt in Kalabrien, deren Schutzpatron der heilige Sebastian ist. Die Hagiografie des Märtyrers ist bekannt: Der junge gallo-römische Zenturio aus Narbonne wurde zum Tode verurteilt, weil er Christ war, als er während der Herrschaft von Kaiser Diokletian (284 bis 305) in Rom diente. Auf unserem Bild wird er von einem Pfeilhagel durchbohrt; die ganze Kraft des Bildes liegt in seinem zuversichtlichen Blick, den er himmelwärts richtet.
Experte: Mark MacDonnell
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Auktion: | Alte Meister |
Auktionstyp: | Saalauktion mit Live Bidding |
Datum: | 25.10.2023 - 18:00 |
Auktionsort: | Wien | Palais Dorotheum |
Besichtigung: | 14.10. - 25.10.2023 |
** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer(für Lieferland Österreich)
Es können keine Kaufaufträge über Internet mehr abgegeben werden. Die Auktion befindet sich in Vorbereitung bzw. wurde bereits durchgeführt.