Lot Nr. 98


Werkstatt des Anthonis van Dyck


(Antwerpen 1599–1641 London)
Reiterporträt des Erzherzogs Leopold Wilhelm von Österreich (1614–1662),
Öl auf Leinwand, 211,5 x 204 cm, gerahmt

Provenienz:
Privatsammlung, Belgien

Ausgestellt:
Bilzen, Landcommanderij Alden Biesen, Krijg & Kunst: Leopold Willem (1614–1662), Habsburger, Landvoogd en Kunstverzamelaar. Tentoonstelling onder de hoge bescherming van Z.K.H. Aartshertog Lorenz van Oostenrijk-Este, Prins van België, 3. Oktober – 14. Dezember 2003, Kat.-Nr. III.1.1.

Literatur:
J. Mertens, F. Aumann, Krijg & Kunst: Leopold Willem (1614–1662), Habsburger, Landvoogd en Kunstverzamelaar, Ausstellungskatalog, Bilzen 2003, p. 286, no. III.1.1., illustrated p. XXXII;
L. Dosogne, Krijg en Kunst. Alden Biesen belicht Leopold Willem van Habsburg als politicus, kerkleider en kunstliefhebber, in: M. Vanvaeck (Hrsg.), OKV – Openbaar kunstbezit Vlaanderen, Gent 2003, Bd. 4, 41. Jahrgang, S. 26f., Abb. S. 27

Das vorliegende monumentale Reiterbildnis steht in Zusammenhang mit einem berühmten von Antonis van Dyck gemalten Reiterporträt des Fürsten Thomas Franz von Savoyen-Carignan, das sich in der Galleria Sabauda in Turin (Inv.-Nr. 743) befindet. Van Dyck hat es in seiner zweiten Antwerpener Periode gemalt. Mindestens drei Kopien wurden von dieser „Ikone der Macht“, wie Susan Barnes das Bild in ihrer Monografie über den Künstler beschreibt (siehe S. J. Barnes, Van Dyck: A Complete Catalogue of the Paintings, New Haven/London 2004, S. 347–349), ausgeführt, darunter eine Version in Waddesdon Manor in Buckinghamshire (Inv.-Nr. 3511). Diese vielbeachtete Komposition wurde auch von anderen Künstlern wiederholt: So malte Gonzales Coques ein Porträt des Thomas Fairfax, 3. Lord von Cameron, auf genau demselben Pferd; das Bild befand sich einst in den Schaeffer Galleries in New York.

Auf unserem Bild sitzt der Erzherzog fest im Sattel des sich aufrichtenden Andalusier Hengstes. Er hält einen Kommandostab in der Hand, mit dem er seine Truppen nach vorne befiehlt — eine übliche Requisite in Bildnissen militärischer Persönlichkeiten. Vergleicht man unser Bild mit der Turiner Fassung, erkennt man einige bemerkenswerte Veränderungen: Beispielsweise wurden das Architekturfragment und die antike Säule durch eine grüne Landschaft und einen bewölkten blauen Himmel ersetzt. Abgesehen davon wurde der Erzherzog mit seiner charakteristischen Haartracht und dem Oberlippenbart sowie mit dem Deutschordenskreuz um seinen Hals wiedergegeben. Seine gleißende Rüstung, die rot schimmernde Draperie, der goldbestickte Sattel und sogar die lange, lockige Mähne des Pferdes sind jedoch mit der Turiner Version nahezu identisch.

Das aufbäumende Pferd ist in einer extrem schwierigen Dressurübung dargestellt: Das Pferd musste sich kontrolliert aufrichten, indem es sein eigenes und des Reiters Gewicht auf die Hinterbeine verlagerte und in dieser nahe über dem Boden befindlichen Haltung verharrte, während es die Vorderbeine und den Kopf dicht an seine Brust brachte. Dies ist auch als Levade bekannt und wird heute noch von den Lipizzanern in der Spanischen Hofreitschule in Wien und von den Andalusier Pferden der Königlich Andalusischen Reitschule in Jerez de la Frontera vollführt. Streng genommen sollte das Pferd den unteren Teil der Vorderbeine noch näher beim Rumpf halten, als dies auf dem vorliegenden und ihm entsprechenden Bildern zu sehen ist. Kontrolle über so ein elegantes und mächtiges Pferd wie einen spanischen Hengst auszuüben und mit ihm eine perfekte Levade durchzuführen symbolisierte die naturgegebene Autorität des Dargestellten über seine Truppen und seine Fähigkeiten als Regent und Befehlshaber. Dieses besondere Motiv kann man in vielen Reiterbildnissen von Peter Paul Rubens, Diego Velázquez und Anthonis van Dyck und ihren Schulen beobachten. Es hat seinen Ursprung in der äußerst populären emblematischen Literatur des 16. und 17. Jahrhunderts und deren frühestem Werk, der 1531 publizierten Emblemata von Andrea Alciato.

Leopold Wilhelm, der dritte Sohn von Kaiser Ferdinand II., konnte sich seinen militärischen und kirchlichen Aufgaben nicht entziehen. Er war für die Habsburger eine strategische Marionette und stand schon in jungen Jahren mehreren Fürstbistümern vor. In die Habsburger Familie hineingeboren worden zu sein bedeutete für Leopold Wilhelm, dass er aus Sorge um die Verteilung des Erbes nicht heiraten durfte. Nachdem er sich seine Lorbeeren auf dem Schlachtfeld verdient hatte, kommandierte er die Truppen des Heiligen Römischen Reiches im Dreißigjährigen Krieg und wurde in dieser Zeit auch zum Großmeister des Deutschen Ordens ernannt. Als zeitweiliger Statthalter der Spanischen Niederlande war er nun am Höhepunkt seiner Macht, was in den zahlreichen Porträts, darunter auch dem vorliegenden fein gemalten Gemälde, seinen Niederschlag fand. 1656 zog der Erzherzog nach Wien und brachte seine herausragende Kunstsammlung und seinen Hofmaler David Teniers II. mit, der seine Werke katalogisierte. Bis heute bilden sie den Kern der Sammlung des Kunsthistorischen Museums in Wien.

Experte: Damian Brenninkmeyer Damian Brenninkmeyer
+43 1 515 60 403

old.masters@dorotheum.com

25.10.2023 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 42.240,-
Schätzwert:
EUR 40.000,- bis EUR 60.000,-

Werkstatt des Anthonis van Dyck


(Antwerpen 1599–1641 London)
Reiterporträt des Erzherzogs Leopold Wilhelm von Österreich (1614–1662),
Öl auf Leinwand, 211,5 x 204 cm, gerahmt

Provenienz:
Privatsammlung, Belgien

Ausgestellt:
Bilzen, Landcommanderij Alden Biesen, Krijg & Kunst: Leopold Willem (1614–1662), Habsburger, Landvoogd en Kunstverzamelaar. Tentoonstelling onder de hoge bescherming van Z.K.H. Aartshertog Lorenz van Oostenrijk-Este, Prins van België, 3. Oktober – 14. Dezember 2003, Kat.-Nr. III.1.1.

Literatur:
J. Mertens, F. Aumann, Krijg & Kunst: Leopold Willem (1614–1662), Habsburger, Landvoogd en Kunstverzamelaar, Ausstellungskatalog, Bilzen 2003, p. 286, no. III.1.1., illustrated p. XXXII;
L. Dosogne, Krijg en Kunst. Alden Biesen belicht Leopold Willem van Habsburg als politicus, kerkleider en kunstliefhebber, in: M. Vanvaeck (Hrsg.), OKV – Openbaar kunstbezit Vlaanderen, Gent 2003, Bd. 4, 41. Jahrgang, S. 26f., Abb. S. 27

Das vorliegende monumentale Reiterbildnis steht in Zusammenhang mit einem berühmten von Antonis van Dyck gemalten Reiterporträt des Fürsten Thomas Franz von Savoyen-Carignan, das sich in der Galleria Sabauda in Turin (Inv.-Nr. 743) befindet. Van Dyck hat es in seiner zweiten Antwerpener Periode gemalt. Mindestens drei Kopien wurden von dieser „Ikone der Macht“, wie Susan Barnes das Bild in ihrer Monografie über den Künstler beschreibt (siehe S. J. Barnes, Van Dyck: A Complete Catalogue of the Paintings, New Haven/London 2004, S. 347–349), ausgeführt, darunter eine Version in Waddesdon Manor in Buckinghamshire (Inv.-Nr. 3511). Diese vielbeachtete Komposition wurde auch von anderen Künstlern wiederholt: So malte Gonzales Coques ein Porträt des Thomas Fairfax, 3. Lord von Cameron, auf genau demselben Pferd; das Bild befand sich einst in den Schaeffer Galleries in New York.

Auf unserem Bild sitzt der Erzherzog fest im Sattel des sich aufrichtenden Andalusier Hengstes. Er hält einen Kommandostab in der Hand, mit dem er seine Truppen nach vorne befiehlt — eine übliche Requisite in Bildnissen militärischer Persönlichkeiten. Vergleicht man unser Bild mit der Turiner Fassung, erkennt man einige bemerkenswerte Veränderungen: Beispielsweise wurden das Architekturfragment und die antike Säule durch eine grüne Landschaft und einen bewölkten blauen Himmel ersetzt. Abgesehen davon wurde der Erzherzog mit seiner charakteristischen Haartracht und dem Oberlippenbart sowie mit dem Deutschordenskreuz um seinen Hals wiedergegeben. Seine gleißende Rüstung, die rot schimmernde Draperie, der goldbestickte Sattel und sogar die lange, lockige Mähne des Pferdes sind jedoch mit der Turiner Version nahezu identisch.

Das aufbäumende Pferd ist in einer extrem schwierigen Dressurübung dargestellt: Das Pferd musste sich kontrolliert aufrichten, indem es sein eigenes und des Reiters Gewicht auf die Hinterbeine verlagerte und in dieser nahe über dem Boden befindlichen Haltung verharrte, während es die Vorderbeine und den Kopf dicht an seine Brust brachte. Dies ist auch als Levade bekannt und wird heute noch von den Lipizzanern in der Spanischen Hofreitschule in Wien und von den Andalusier Pferden der Königlich Andalusischen Reitschule in Jerez de la Frontera vollführt. Streng genommen sollte das Pferd den unteren Teil der Vorderbeine noch näher beim Rumpf halten, als dies auf dem vorliegenden und ihm entsprechenden Bildern zu sehen ist. Kontrolle über so ein elegantes und mächtiges Pferd wie einen spanischen Hengst auszuüben und mit ihm eine perfekte Levade durchzuführen symbolisierte die naturgegebene Autorität des Dargestellten über seine Truppen und seine Fähigkeiten als Regent und Befehlshaber. Dieses besondere Motiv kann man in vielen Reiterbildnissen von Peter Paul Rubens, Diego Velázquez und Anthonis van Dyck und ihren Schulen beobachten. Es hat seinen Ursprung in der äußerst populären emblematischen Literatur des 16. und 17. Jahrhunderts und deren frühestem Werk, der 1531 publizierten Emblemata von Andrea Alciato.

Leopold Wilhelm, der dritte Sohn von Kaiser Ferdinand II., konnte sich seinen militärischen und kirchlichen Aufgaben nicht entziehen. Er war für die Habsburger eine strategische Marionette und stand schon in jungen Jahren mehreren Fürstbistümern vor. In die Habsburger Familie hineingeboren worden zu sein bedeutete für Leopold Wilhelm, dass er aus Sorge um die Verteilung des Erbes nicht heiraten durfte. Nachdem er sich seine Lorbeeren auf dem Schlachtfeld verdient hatte, kommandierte er die Truppen des Heiligen Römischen Reiches im Dreißigjährigen Krieg und wurde in dieser Zeit auch zum Großmeister des Deutschen Ordens ernannt. Als zeitweiliger Statthalter der Spanischen Niederlande war er nun am Höhepunkt seiner Macht, was in den zahlreichen Porträts, darunter auch dem vorliegenden fein gemalten Gemälde, seinen Niederschlag fand. 1656 zog der Erzherzog nach Wien und brachte seine herausragende Kunstsammlung und seinen Hofmaler David Teniers II. mit, der seine Werke katalogisierte. Bis heute bilden sie den Kern der Sammlung des Kunsthistorischen Museums in Wien.

Experte: Damian Brenninkmeyer Damian Brenninkmeyer
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Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 25.10.2023 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 14.10. - 25.10.2023


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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