Lot Nr. 287


Arnulf Rainer *


(Baden bei Wien 1929 geb.)
Kreuz (mit Corpus Christi), rückseitig signiert und datiert A. Rainer 1979/81, Öl, Metall, Holz auf Holz, 186 x 125 x 15 cm

Ausgestellt und im Katalog abgebildet:
Carl Aigner/ Johannes Gachang/Helmut Zambo, Arnulf Rainer, abgrundtiefe- perspektive, Retroperspektive 1947-1997, Kunsthalle Krems, Verlag Christian Brandstätter, 1997, S.211 (ganzseitige Farbabb.)

Provenienz:
Dorotheum Wien, 25. November 2010
Privatsammlung, Österreich

Diese Art des Malens ist es, die in der zweiten Serie der Kreuze auftaucht; und dieser hektischen Malerei eben konnte die Kreuz-form eine außergewöhnliche Kraft verleihen. Rainer bediente sich hier jedoch nicht so sehr des nach innen gerichteten, enigmatischen Effekts wie bei den Übermalungen, nicht der erhabenen Form, die sich selbst einschließt - hier ist es das Kreuz als abrupte, scharf gezeichnete Form. Deshalb verwendet er nun schmale, schlanke Kreuze, zusätzlich zu den gewöhnlichen, relativ breiten Kreuzen, die man zuvor bei ihm sah. In dieser hohen, schart geschnittenen Form stürzt sich eine ganze Farbkaskade hemieder. Die Bewegungen der Farben scheinen schnell, weitgreifend und wild - ihre Kraft ist durch die Härte der gezeichneten Form zusammengedrückt, doch nicht zum Stillstand gebracht; stattdessen scheint die Spannung noch gesteigert. Mit heftigen Bewegungen versuchen die Pinselstriche, die Kreuzform zu bezwingen, mit sich zu reißen, doch das Kreuz erhebt sich unangreifbar darüber, die zwischen diesen beiden aufsteigende Spannung kommt aus dem schnellen Fluß der Farbe und der bewegungslosen Form, die sich nicht voneinander lösen können. Das Kreuz wird als die Kunst erkennbar. Dann ist daran etwas von einer Apotheose.
(1987)
(Übersetzung von Herbert Schwartz, nach einer englischen Fassung von Beth O'Brien)


Das Kreuz ist das Kürzel für das menschliche Gesicht. Tritt vor den Spiegel, betrachte dein Gesicht, du wirst sehen, es ist ein Kreuz darin markiert, wo auch immer.
Gleichzeitig ist das Kreuz unsere europäische Geschichte. Mag man zu ihr stehen wie man will.
Mondrian, Newman und Rothko haben um das Kreuz gekämpft und darüber geometrisch phantasiert. Entweder vertikal oder horizontal, manchmal in beiden Richtungen. Ich selbst erlebe die Welt nicht mehr geometrisch, sondern physiognomisch.

Arnulf Rainer 1985
Aus: Arnulf Rainer- Kreuz /Cross, Arnulf Rainer Museum, DuMont 2010

Expertin: Mag. Elke Königseder Mag. Elke Königseder
+43-1-515 60-358

elke.koenigseder@dorotheum.at

23.05.2024 - 18:00

Schätzwert:
EUR 150.000,- bis EUR 230.000,-

Arnulf Rainer *


(Baden bei Wien 1929 geb.)
Kreuz (mit Corpus Christi), rückseitig signiert und datiert A. Rainer 1979/81, Öl, Metall, Holz auf Holz, 186 x 125 x 15 cm

Ausgestellt und im Katalog abgebildet:
Carl Aigner/ Johannes Gachang/Helmut Zambo, Arnulf Rainer, abgrundtiefe- perspektive, Retroperspektive 1947-1997, Kunsthalle Krems, Verlag Christian Brandstätter, 1997, S.211 (ganzseitige Farbabb.)

Provenienz:
Dorotheum Wien, 25. November 2010
Privatsammlung, Österreich

Diese Art des Malens ist es, die in der zweiten Serie der Kreuze auftaucht; und dieser hektischen Malerei eben konnte die Kreuz-form eine außergewöhnliche Kraft verleihen. Rainer bediente sich hier jedoch nicht so sehr des nach innen gerichteten, enigmatischen Effekts wie bei den Übermalungen, nicht der erhabenen Form, die sich selbst einschließt - hier ist es das Kreuz als abrupte, scharf gezeichnete Form. Deshalb verwendet er nun schmale, schlanke Kreuze, zusätzlich zu den gewöhnlichen, relativ breiten Kreuzen, die man zuvor bei ihm sah. In dieser hohen, schart geschnittenen Form stürzt sich eine ganze Farbkaskade hemieder. Die Bewegungen der Farben scheinen schnell, weitgreifend und wild - ihre Kraft ist durch die Härte der gezeichneten Form zusammengedrückt, doch nicht zum Stillstand gebracht; stattdessen scheint die Spannung noch gesteigert. Mit heftigen Bewegungen versuchen die Pinselstriche, die Kreuzform zu bezwingen, mit sich zu reißen, doch das Kreuz erhebt sich unangreifbar darüber, die zwischen diesen beiden aufsteigende Spannung kommt aus dem schnellen Fluß der Farbe und der bewegungslosen Form, die sich nicht voneinander lösen können. Das Kreuz wird als die Kunst erkennbar. Dann ist daran etwas von einer Apotheose.
(1987)
(Übersetzung von Herbert Schwartz, nach einer englischen Fassung von Beth O'Brien)


Das Kreuz ist das Kürzel für das menschliche Gesicht. Tritt vor den Spiegel, betrachte dein Gesicht, du wirst sehen, es ist ein Kreuz darin markiert, wo auch immer.
Gleichzeitig ist das Kreuz unsere europäische Geschichte. Mag man zu ihr stehen wie man will.
Mondrian, Newman und Rothko haben um das Kreuz gekämpft und darüber geometrisch phantasiert. Entweder vertikal oder horizontal, manchmal in beiden Richtungen. Ich selbst erlebe die Welt nicht mehr geometrisch, sondern physiognomisch.

Arnulf Rainer 1985
Aus: Arnulf Rainer- Kreuz /Cross, Arnulf Rainer Museum, DuMont 2010

Expertin: Mag. Elke Königseder Mag. Elke Königseder
+43-1-515 60-358

elke.koenigseder@dorotheum.at


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
kundendienst@dorotheum.at

+43 1 515 60 200
Auktion: Zeitgenössische Kunst I
Auktionstyp: Saalauktion mit Live Bidding
Datum: 23.05.2024 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 11.05. - 23.05.2024