Lot Nr. 45


Daniele Crespi


Daniele Crespi - Alte Meister

(Mailand 1599/1600-1630)
Kain und Abel,
Öl auf Leinwand, 185 x 129 cm, gerahmt

Provenienz:
vermutlich Sammlung Giovanni Francesco Arese, Mailand (?);
europäische Privatsammlung

Wir danken Filippo Maria Ferro, der die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes nach dessen Untersuchung im Original bestätigt hat, für seine Hilfe bei der Katalogisierung.

Daniele Crespi tritt unter den lombardischen Manieristen des frühen Seicento (den Malern von Kardinal Federigo Borromeo, den sogenannten pestanti) ob seiner Neigung zur „Sentimentalität“, seiner Rückkehr zu den Prinzipien der Renaissance und seines emilianischen Klassizismus hervor: Die vorliegende biblische Darstellung scheint ein bemerkenswertes Beispiel dieser Eigenschaften zu sein.

Das Thema von Kain, der seinen Bruder Abel tötet (Genesis 4, 8), inspirierte viele in der Zeit zwischen Caravaggismus und Klassizismus tätige Meister. Die Künstler fühlten sich entweder von der dramatischen Gewalt des Themas angezogen oder nahmen es zum Vorwand, sich wieder einmal einer Übung in der sorgfältigen, ausgewogenen Zeichnung hinzugeben. In der Lombardei begünstigte die Einrichtung der Accademia Ambrosiana die Betonung der Grandezza des Bildthemas. Beide Procaccini widmeten sich ihm - zuerst Camillo, danach, in dynamisch-skulpturaler Manier, Giulio Cesare - in zwei Gemälden aus dem Jahr 1620 bzw. 1623 (Arcivescovado, Mailand bzw. Albertina, Turin). Giuseppe Vermiglio schuf eine gelungene Fassung des Themas, die sich heute in der Sammlung Koelliker befindet und großes stilistisches Gespür sowohl gegenüber der Herangehensweise der Caravaggisten als auch gegenüber der Forderung nach Konservatismus erkennen lässt. Die ausgewogenste Interpretation, die sowohl der emotional aufgeladenen Dynamik des tragischen Ereignisses Genüge tut, als auch dieses formal perfekt umsetzt, stammt jedoch von Daniele Crespi aus dem Jahr 1620. 

Ein Werk desselben Themas ist in der Sammlung Giovanni Francesco Areses des späten 17. Jahrhunderts verzeichnet, wo es im Inventar unter Nr. 35 genau geschrieben ist: „Tela per il longo con Caino che uccide Abele; figure al naturale. sono singolari le postature di questi due nudi, dove l’anatomica spiegazione del corpo del primo fa mostra dell’odiosità, ed intenzione dell’atroce misfatto che sembra imminente dalle braccia alzate stringenti una gruppata mazza di legno in atto di vederla precipitante sul capo del fratello atterrato senza potersi sviluppare, lo che rende funesto lo spettacolo. B. 3 x B. 2 o. 3“ [„Eine hohe Leinwand mit Kain, der Abel tötet; lebensgroße Figuren: Die Haltung der beiden Akte ist singulär, indem die Anatomie des Körpers des Ersteren seine Abscheulichkeit und die grausame Absicht der offenbar bevorstehenden Untat beschreibt, zumal sein erhobener Arm eine knorrige Holzkeule umfasst hält, die offenbar im Begriff ist, sich auf den Körper des Bruders herabzusenken, der bewegungslos auf dem Boden liegt und einen fürchterlichen Anblick darbietet.] (siehe F. Arese, Una quadreria milanese della fine del Seicento, in: Arte Lombarda, 1967, XII, 1, S. 132, Kat. 35; N. W. Neilson, Daniele Crespi, Soncino 1996, S. 74, mit falschen Maßen).

Eine zuerst bei Finarte in Mailand (Auktion 994, 21. November 1996, Lot 65) und dann bei Sotheby’s versteigerte Fassung (New York, 26. Januar 2006, Lot 46, 184 x 126 cm) wurde von Alessandro Morandotti einem Nachfolger Daniele Crespis zugeschrieben (siehe A. Morandotti in: Dipinti lombardi del Seicento. Collezione Koelliker, Mailand 2004, S. 65-69). Das Werk wurde von Nancy Ward Nielson, die sich ihre Meinung nach der Reinigung gebildet hatte, als eigenhändige Fassung gesehen (siehe Sotheby’s, 26. Januar 2006, Lot 46).

Filippo Maria Ferro zieht in Erwägung, dass es sich bei dem vorliegenden Gemälde aufgrund der bemerkenswert hohen Ausführungsqualität, die sich sowohl stilistisch als auch in der Wiedergabe eines breiten Gefühlsspektrums äußert, um das Bild der Sammlung Giovanni Francesco Areses handeln könnte.

23.10.2018 - 18:00

Erzielter Preis: **
EUR 45.000,-
Schätzwert:
EUR 20.000,- bis EUR 30.000,-

Daniele Crespi


(Mailand 1599/1600-1630)
Kain und Abel,
Öl auf Leinwand, 185 x 129 cm, gerahmt

Provenienz:
vermutlich Sammlung Giovanni Francesco Arese, Mailand (?);
europäische Privatsammlung

Wir danken Filippo Maria Ferro, der die Zuschreibung des vorliegenden Gemäldes nach dessen Untersuchung im Original bestätigt hat, für seine Hilfe bei der Katalogisierung.

Daniele Crespi tritt unter den lombardischen Manieristen des frühen Seicento (den Malern von Kardinal Federigo Borromeo, den sogenannten pestanti) ob seiner Neigung zur „Sentimentalität“, seiner Rückkehr zu den Prinzipien der Renaissance und seines emilianischen Klassizismus hervor: Die vorliegende biblische Darstellung scheint ein bemerkenswertes Beispiel dieser Eigenschaften zu sein.

Das Thema von Kain, der seinen Bruder Abel tötet (Genesis 4, 8), inspirierte viele in der Zeit zwischen Caravaggismus und Klassizismus tätige Meister. Die Künstler fühlten sich entweder von der dramatischen Gewalt des Themas angezogen oder nahmen es zum Vorwand, sich wieder einmal einer Übung in der sorgfältigen, ausgewogenen Zeichnung hinzugeben. In der Lombardei begünstigte die Einrichtung der Accademia Ambrosiana die Betonung der Grandezza des Bildthemas. Beide Procaccini widmeten sich ihm - zuerst Camillo, danach, in dynamisch-skulpturaler Manier, Giulio Cesare - in zwei Gemälden aus dem Jahr 1620 bzw. 1623 (Arcivescovado, Mailand bzw. Albertina, Turin). Giuseppe Vermiglio schuf eine gelungene Fassung des Themas, die sich heute in der Sammlung Koelliker befindet und großes stilistisches Gespür sowohl gegenüber der Herangehensweise der Caravaggisten als auch gegenüber der Forderung nach Konservatismus erkennen lässt. Die ausgewogenste Interpretation, die sowohl der emotional aufgeladenen Dynamik des tragischen Ereignisses Genüge tut, als auch dieses formal perfekt umsetzt, stammt jedoch von Daniele Crespi aus dem Jahr 1620. 

Ein Werk desselben Themas ist in der Sammlung Giovanni Francesco Areses des späten 17. Jahrhunderts verzeichnet, wo es im Inventar unter Nr. 35 genau geschrieben ist: „Tela per il longo con Caino che uccide Abele; figure al naturale. sono singolari le postature di questi due nudi, dove l’anatomica spiegazione del corpo del primo fa mostra dell’odiosità, ed intenzione dell’atroce misfatto che sembra imminente dalle braccia alzate stringenti una gruppata mazza di legno in atto di vederla precipitante sul capo del fratello atterrato senza potersi sviluppare, lo che rende funesto lo spettacolo. B. 3 x B. 2 o. 3“ [„Eine hohe Leinwand mit Kain, der Abel tötet; lebensgroße Figuren: Die Haltung der beiden Akte ist singulär, indem die Anatomie des Körpers des Ersteren seine Abscheulichkeit und die grausame Absicht der offenbar bevorstehenden Untat beschreibt, zumal sein erhobener Arm eine knorrige Holzkeule umfasst hält, die offenbar im Begriff ist, sich auf den Körper des Bruders herabzusenken, der bewegungslos auf dem Boden liegt und einen fürchterlichen Anblick darbietet.] (siehe F. Arese, Una quadreria milanese della fine del Seicento, in: Arte Lombarda, 1967, XII, 1, S. 132, Kat. 35; N. W. Neilson, Daniele Crespi, Soncino 1996, S. 74, mit falschen Maßen).

Eine zuerst bei Finarte in Mailand (Auktion 994, 21. November 1996, Lot 65) und dann bei Sotheby’s versteigerte Fassung (New York, 26. Januar 2006, Lot 46, 184 x 126 cm) wurde von Alessandro Morandotti einem Nachfolger Daniele Crespis zugeschrieben (siehe A. Morandotti in: Dipinti lombardi del Seicento. Collezione Koelliker, Mailand 2004, S. 65-69). Das Werk wurde von Nancy Ward Nielson, die sich ihre Meinung nach der Reinigung gebildet hatte, als eigenhändige Fassung gesehen (siehe Sotheby’s, 26. Januar 2006, Lot 46).

Filippo Maria Ferro zieht in Erwägung, dass es sich bei dem vorliegenden Gemälde aufgrund der bemerkenswert hohen Ausführungsqualität, die sich sowohl stilistisch als auch in der Wiedergabe eines breiten Gefühlsspektrums äußert, um das Bild der Sammlung Giovanni Francesco Areses handeln könnte.


Käufer Hotline Mo.-Fr.: 10.00 - 17.00
old.masters@dorotheum.at

+43 1 515 60 403
Auktion: Alte Meister
Auktionstyp: Saalauktion
Datum: 23.10.2018 - 18:00
Auktionsort: Wien | Palais Dorotheum
Besichtigung: 13.10. - 23.10.2018


** Kaufpreis inkl. Käufergebühr und Mehrwertsteuer

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