(Antwerpen 1569–1622 Paris)
Brustbild eines Edelmanns im bestickten Wams mit Spitzenkragen,
bezeichnet und datiert links oben: ANTVE?’ ANo SAL.. / 1593;
bezeichnet rechts oben: ÆTA’ SVÆ.18..,
Öl auf Leinwand, 65,5 x 55 cm, gerahmt

Provenienz:
Privatsammlung, Uruguay, ab den 1920er-Jahren;
dort erworben durch den jetzigen Besitzer

Wir danken Paolo Bertelli, der die Zuschreibung nach Untersuchung des vorliegenden Gemäldes im Original vorgeschlagen hat, für seine Hilfe bei der Katalogisierung des Lots.

Bei diesem jüngst wiederentdeckten Gemälde handelt es sich um einen Neuzugang zum Werkkorpus von Frans Pourbus dem Jüngeren. Das 1593 ausgeführte Porträt stellt einen achtzehn Jahre alten Jüngling aus Antwerpen da (lt. Beschriftung oben links und rechts zur Seite des Hauptes des Dargestellten). Die Figur ist vor einem dunklen, olivgrünen Hintergrund dargestellt, der aus einer schweren Stoffdraperie zu bestehen scheint. Der junge Mann gehört, wenn schon nicht dem Adel, so dann zumindest dem gehobenen Bürgertum an: Seine Kleidung ist modisch, elegant und zweifellos kostbar. Besonders trifft dies auf sein offenbar mit Silber- und Goldfäden besticktes Wams zu; auf der Brust sind die mit Stoff überzogenen Knöpfe deutlich sichtbar; darüber trägt er eine ebenfalls mit einem Muster bestickte schwarze Samtweste. Die Halskrause aus reich ornamentierter Burano-Spitze ist beeindruckend. Die Züge des Mannes sind regelmäßig, das Haar ist kurz und der Mode folgend als Tolle zurückgekämmt.

Die Eleganz des vorliegenden Gemäldes und die großartige Maltechnik, die hier bei der Wiedergabe der Gesichtszüge des Porträtierten Anwendung fand, sprechen für die bildnerischen Raffinessen des Frans Pourbus; auch die Farbigkeit und die Ausführung der Inschriften entsprechen anderen Arbeiten des Meisters. Die Hauttöne mögen etwas heller erscheinen, vergleicht man sie mit einigen Porträts der 1590er Jahre, doch könnte dies auch im Erhaltungszustand des Gemäldes begründet sein. Darüber hinaus legt der Detailreichtum – die Kanten der Halskrause, die Beschreibung der Stoffe, die Wiedergabe des Schnurrbarts und der Koteletten – nahe, dass dieses Werk der Anfangszeit von Frans Pourbus dem Jüngeren zuzuweisen ist, dessen früheste bekannte Werke mit 1591 datiert sind.

Die Provenienz des Werkes ist unbekannt, und es gibt auch keine überlieferte Identifizierung des dargestellten Jünglings. Gesichtszüge, Alter und Jahreszahl könnten als wertvolle Hinweise zur Bestimmung seiner Identität dienen. Zum Beispiel ähnelt das Gesicht dem Porträt des Rodrigo Calderón von Rubens, das etwa zwanzig Jahre später entstanden ist (Royal Collection, Windsor Castle, Inv.-Nr. RCIN 404393). Vergleichbar sind Haarfarbe und -wuchs, ebenso die Augen und die Form des Gesichts, auch wenn im Porträt Rubens’ Kinn und Lippen teilweise von einem Bart verdeckt sind. Rodrigo Calderón wurde 1576 in Antwerpen geboren. Er war daher 1593 achtzehn oder neunzehn Jahre alt. Seine Familie stammte von Händlern aus Valladolid ab, die von Kaiser Karl V. in den Adelsstand erhoben wurden; sein Vater war der Kapitän Don Francisco de Calderón. Er führte ein abenteuerliches Leben und war ein bemerkenswerter Kunstsammler insbesondere flämischer Gemälde.